Kulmbacher Oberbürgermeister nimmt Stellung an den Stadtrat

An die Mitglieder des Stadtrates der Großen Kreisstadt Kulmbach

Kulmbach, den 16. Mai 2023

Sehr geehrte Herren Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,

mit Schreiben vom 12. April 2023 beantragten die Stadtratsfraktionen der CSU und WGK sowie Thomas Nagel von der FDP einen Sachstandsbericht in Sachen Grünes Zentrum. Gerne möchte ich Sie mit diesem Schreiben über den Status Quo informieren. Gestatten Sie mir eine knappe Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse. Im Juli 2017 gab der damalige Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer im Anschluss an die Sitzung des Bayerischen Kabinetts im Kulmbacher Rathaus bekannt, dass in Kulmbach ein sog. Grünes Zentrum angesiedelt werden soll. Als potentielle Flächen wurden zeitnah die Gebäudeteile A1/A6 der Alten Spinnerei fokussiert. Zunächst erfolgte ein Realisierungswettbewerb, den die Regierung von Oberfranken als Grundvoraussetzung für mögliche Fördermittel zur Bedingung machte. Zwischenzeitlich jedoch wurde die Stadt Kulmbach durch Vermittlung von Frau Dr. Sabine Loritz, München, auf Herrn Frank Dieter Naumann aufmerksam, der als privater Investor Interesse bekundete, das Grüne Zentrum in besagten Räumlichkeiten zu realisieren. Somit war die Umsetzung der im Wettbewerb aufgebrachten Realisierungsmöglichkeiten obsolet und man fokussierte sich auf eine Zusammenarbeit mit Hr. Naumann, da ein Verkauf und eine Sanierung durch einen Investor durchaus wünschenswert erschienen, stellte eine Realisierung durch einen Dritten doch eine erhebliche personelle und finanzielle Entlastung der Stadt Kulmbach dar.

Im Juli 2019 fasste der Stadtrat dann den Beschluss, das entsprechende Grundstück an die Projektgesellschaft (PG) Alte Spinnerei Kulmbach GmbH mit Sitz in Starnberg, vertreten durch Hr. Frank Dieter Naumann, für 1.200.000€ zu veräußern. Am 29.01.2019 fand der entsprechende Notartermin statt.

Im Kaufvertrag war vereinbart, dass die Stadt Kulmbach von diesem zurücktreten könne, sollte bis 31.12.2019 kein Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung bei der zuständigen Baubehörde eingegangen sein. Da bis wenige Tage vor dem Jahreswechsel keine Unterlagen eingingen, gab mein Amtsvorgänger bereits eine entsprechende Rücktrittserklärung in Auftrag. Dieses wurde bereits von ihm unterzeichnet, wurde dann aber nicht versandt, da Herr Naumann noch am 30.12.2019 – und somit fristgerecht – Pläne bei der Stadt Kulmbach einreichte.

Da die eingegangenen Unterlagen allerdings nicht vollständig waren, setzte man Hr. Naumann seitens der Bauverwaltung eine erneute Frist zur Einreichung aller notwendigen Dokumente. Doch da diese Frist erneut verstrich, erklärte der damalige Oberbürgermeister Henry Schramm mit Schreiben vom 04.03.2020 an die PG Alte Spinnerei Kulmbach GmbH erneut den Rücktritt vom Kaufvertrag. Daraufhin erreichte die Stadt Kulmbach am 27.03.2020 ein Schreiben des Hr. Naumann, der darin erklärte, den Rücktritt vom Kaufvertrag nicht anzuerkennen, da ihm das Schreiben mit Aufforderung zur Einreichung der vollständigen Unterlagen und die damit verbundene Fristsetzung nicht rechtzeitig erreichte. Dem konnte die Stadt Kulmbach nicht widersprechen, da auf der entsprechenden Zustellungsurkunde vermerkt war, dass der Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln war. Auch darüber hinaus hatte die Stadt Kulmbach keinerlei Beweis, dass Hr. Naumann das Schriftstück rechtzeitig erhielt.

Es folgte ein weiteres Schreiben der kommunalen Bauverwaltung an Hr. Naumann, ausgestellt am 14.04.2020, in dem er erneut zur Abgabe der vollständigen Unterlagen mit Frist bis 15.05.2020 aufgefordert wurde. Fristgerecht am 15.05.2020 gingen bei der Stadt Kulmbach dann die vollständigen Planungsunterlagen ein.

Da sich seitdem auf dem Grundstück und innerhalb des Gebäudeteils A1/A6 zwischenzeitlich keinerlei Bautätigkeit zeigte, nahm ich 2022 wiederholt Kontakt mit Herrn Naumann auf. Dieser war jedoch nicht zu erreichen. Inzwischen teilte die Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) mit, dass sie von den bestehenden Mietverträgen mit der PG Alte Spinnerei Kulmbach GmbH zurückgetreten ist. Die Stadt
Kulmbach kann laut Kaufvertrag allerdings erst nach fünf Jahren, also mit Ablauf des 28. Januar 2024 vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Gebäudeteil A1/A6 bis dahin nicht abnahmefähig fertiggestellt wurde.

Um keine Zeit zu verlieren, aber auch um Planungssicherheit zu erhalten, habe ich Hr. Naumann mit Schreiben vom 15.05.2023 angeboten, dass die Stadt Kulmbach das Gebäude vorzeitig zurückkaufen
könnte, insofern er das Angebot wahrnimmt und der Stadtrat sein Einvernehmen erteilt. Gerne informiere ich Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, sobald mir ein entsprechendes Antwortschreiben vorliegen sollte.

Zugleich laufen im Hintergrund bereits Gespräche mit neuen, potentiellen Investoren, die zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht spruchreif sind. Darüber hinaus stehen die Stadtverwaltung und ich in engem Austausch mit der IMBY, die als spätere Vertragspartnerin und Hauptnutzerin ebenfalls von uns in die weiteren Schritte eingebunden wird. Ich versichere Ihnen, die Realisierung des Grünen Zentrums in Kulmbach und insbesondere auch die gesamte Revitalisierung des Spinnerei-Areals, welches zusammen mit der Ansiedlung der 7. Fakultät der Universität Bayreuth und der neuen Nutzung des Turbinenhauses ein gänzlich neues Stadtquartier bilden, liegt mir sehr am Herzen. Daher bitte ich Sie um Ihre Unterstützung, dass wir dieses für Kulmbach so wertvolle Vorhaben gemeinsam und fraktionsübergreifend doch noch zu einem Erfolg werden lassen. Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen
Ingo Lehmann
Oberbürgermeister