Ober­frän­ki­sche Kon­junk­tur mit leich­tem Auf­wärts­trend – IHK-Prä­si­dent Dr. Micha­el Waas­ner for­dert ech­te Zeitenwende

Dr. Michael Waasner, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth. Foto: IHK
Dr. Michael Waasner, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth. Foto: IHK

Die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft star­tet mit leich­tem Auf­wind in das Som­mer­halb­jahr. Der Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth legt um sie­ben Punk­te auf 109 Zäh­ler zu. Ursa­che für die­se Ent­wick­lung ist der vor­sich­ti­ge Opti­mis­mus bei den Erwartungen.

Die aktu­el­le Geschäfts­la­ge der Mit­glieds­un­ter­neh­men der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth fällt im Sal­do wei­ter­hin posi­tiv aus. 34 Pro­zent aller Befrag­ten beur­tei­len die aktu­el­le Geschäfts­la­ge posi­tiv, 17 Pro­zent nega­tiv, eine leich­te Ver­bes­se­rung gegen­über der Kon­junk­tur­um­fra­ge zur Jah­res­wen­de. „Vor dem Hin­ter­grund der immer noch hohen Ener­gie- und Roh­stoff­prei­se, der stei­gen­den Zin­sen, der ver­hal­ten­den Kon­sum­lau­ne und des all­ge­gen­wär­ti­gen Fach­kräf­te­man­gels ist das alles ande­re als selbst­ver­ständ­lich“, macht IHK-Kon­junk­tur­re­fe­rent Mal­te Tie­de­mann deutlich.

Im Dienst­lei­stungs­sek­tor, dem Bau­ge­wer­be und im Ein­zel­han­del sind mehr Unter­neh­men als zuletzt mit der aktu­el­len Geschäfts­la­ge zufrie­den. Vor allem der Groß­han­del und mit Abstri­chen auch das Ver­ar­bei­ten­de Gewer­be berich­ten im Sal­do aller­dings von einer schlech­te­ren Geschäfts­la­ge als noch zu Jahresbeginn.

Auf­trags­vo­lu­men rückläufig

Die hei­mi­schen Unter­neh­men ste­hen enorm unter Druck, wie ein Blick auf die Ent­wick­lung des gegen­wär­ti­gen Auf­trags­vo­lu­mens zeigt. Das inter­na­tio­na­le Geschäft bleibt ange­spannt, wenn auch nicht so deut­lich wie die Bin­nen­nach­fra­ge. Ein­zig auf dem nord­ame­ri­ka­ni­schen Markt ver­bu­chen die befrag­ten Unter­neh­men spür­ba­re Zuwäch­se. Rück­läu­fig ist dage­gen das Geschäft mit Chi­na, dem Pazi­fik­raum und dem Nahen Osten.

Arbeits­ko­sten set­zen Unter­neh­men unter Druck

Der Fach­kräf­te­man­gel wird inzwi­schen von über 60 Pro­zent der Befrag­ten als Risi­ko für die Geschäfts­ent­wick­lung in den kom­men­den zwölf Mona­ten gese­hen. 55 Pro­zent der Unter­neh­men sehen außer­dem die Arbeits­ko­sten als Gefahr für die wei­te­re betrieb­li­che Ent­wick­lung. Die­ser Wert steigt seit Sep­tem­ber 2020 ste­tig an und notiert zum Mai 2023 auf einem All­zeit­hoch. Wei­ter­hin größ­tes Risi­ko aus Unter­neh­mens­sicht sind – wenn auch mit rück­läu­fi­ger Ten­denz – die Ener­gie- und Roh­stoff­prei­se (70 Pro­zent). Eben­falls stark risi­ko­be­haf­tet sind die aktu­el­le Inlands­nach­fra­ge (54 Pro­zent) und die wirt­schafts­po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen (45 Prozent).

„Die wach­sen­den Risi­ken machen deut­lich, dass unse­re Unter­neh­men immer mehr unter Druck gera­ten“, warnt Dr. Waas­ner. „Der Stand­ort Deutsch­land ver­liert zuse­hends an Repu­ta­ti­on und Wett­be­werbs­fä­hig­keit.“ Der IHK-Prä­si­dent ver­weist auf eine wei­te­re gefähr­li­che Ent­wick­lung. „Noch nie habe ich so vie­le fru­strier­te Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­men getrof­fen, wie in den ver­gan­ge­nen Wochen.“ Ursa­che sind in erster Linie immer mehr Auf­la­gen, immer mehr büro­kra­ti­sche Hemm­nis­se. Waas­ner: „So kann es nicht wei­ter­ge­hen. Wenn Unter­neh­mer ihren Kin­dern zuse­hends davon abra­ten, das Fami­li­en­un­ter­neh­men zu über­neh­men, sagt das eigent­lich alles.“

Pro­gno­sen hel­len sich etwas auf

Für die kom­men­den Mona­te macht sich bei der ober­frän­ki­schen Wirt­schaft trotz ungün­sti­ger Rah­men­be­din­gun­gen vor­sich­ti­ger Opti­mis­mus breit. Nach der deut­li­chen Erho­lung zu Jah­res­an­fang notie­ren die Erwar­tun­gen erst­mals seit Janu­ar 2022 wie­der im leicht posi­ti­ven Bereich. 21 Pro­zent der Befrag­ten rech­nen mit einer ver­bes­ser­ten Geschäfts­la­ge, 20 Pro­zent mit einer rück­läu­fi­gen Entwicklung.

Opti­mi­stisch sind der Dienst­lei­stungs­sek­tor und vor allem das Tou­ris­mus­ge­wer­be. Eine im Sal­do deut­li­che Ein­trü­bung der Geschäfts­la­ge erwar­tet neben dem Ein­zel­han­del ins­be­son­de­re das Bau­ge­wer­be, wo neben dem Fach­kräf­te­man­gel und den stei­gen­den Roh­stoff­prei­sen immer stär­ker die erschwer­te Bau­fi­nan­zie­rung auf­grund stei­gen­der Zin­sen zum Tra­gen kommt.

„Dass sich in den mei­sten Bran­chen die Lie­fer­zei­ten zuletzt ten­den­zi­ell ver­kürzt haben, ist zwei­fel­los ein Zei­chen der Nor­ma­li­sie­rung“, macht Tobi­as Hoff­mann deut­lich, stell­ver­tre­ten­der Haupt­ge­schäfts­füh­rer der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth. „Erste Früh­in­di­ka­to­ren der IHK-Kon­junk­tur­um­fra­ge las­sen aber auch auf eine zuneh­men­de Nach­fra­ge­schwä­che schlie­ßen. Vie­le Unter­neh­men leben vom Auftragsbestand.“

Wäh­rend die Bin­nen­nach­fra­ge in den kom­men­den Mona­ten nach Ein­schät­zung der Unter­neh­men auf der Stel­le tritt, wer­den die Expor­te wohl zule­gen. Vor allem vom Nord­ame­ri­ka­ge­schäft und der Euro­zo­ne erhof­fen sich die Unter­neh­men Impulse.

Stei­gen­de und sin­ken­de Inve­sti­ti­ons­pla­nun­gen hal­ten sich die Waa­ge. Ein­zig im Groß­han­del sind mehr Inve­sti­tio­nen geplant. Die Zahl der Unter­neh­men ohne Inve­sti­ti­ons­pla­nun­gen ver­harrt auf einem ver­gleichs­wei­se hohen Niveau.

War­ten auf die „Zei­ten­wen­de“

Waas­ner: „Die Poli­tik kann wenig für die geo­po­li­ti­sche Lage und die Nach­wir­kun­gen von Coro­na. Sie kann aber sehr wohl etwas für die aus­ufern­de Büro­kra­tie. Herr Bun­des­kanz­ler, Men­schen wer­den Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer, weil sie eine Idee haben und etwas bewe­gen wol­len, nicht aber, um sich in ihrer Frei­zeit mit nicht nach­voll­zieh­ba­rer Büro­kra­tie her­um­zu­schla­gen. Ich bit­te Sie ein­dring­lich, die­se Fehl­ent­wick­lung zu stop­pen! Es ist Zeit für eine ech­te Zeitenwende!“