Land­kreis Lich­ten­fels: Wo der Ere­mit eine neue Hei­mat findet

Die alten Linden an der Wallersberger Katharinenkapelle sind Naturdenkmäler und eines der bedeutendsten und schönsten Baumensembles im Landkreis Lichtenfels. Für Landrat Christian Meißner (2.v.re.) zum „Tag des Baumes“ Anlass, sie einmal genauer anzuschauen. Thomas Fischer (2.v.li) von der unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt und Kreisfachberater Michael Stromer (li.) erläuterten ihm und dem Weismainer Bürgermeister Michael Zapf (re.), welche besonderen Tier- und Insektenarten es hier zu entdecken gibt. Foto: Landratsamt Lichtenfels / Heidi Bauer
Die alten Linden an der Wallersberger Katharinenkapelle sind Naturdenkmäler und eines der bedeutendsten und schönsten Baumensembles im Landkreis Lichtenfels. Für Landrat Christian Meißner (2.v.re.) zum „Tag des Baumes“ Anlass, sie einmal genauer anzuschauen. Thomas Fischer (2.v.li) von der unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt und Kreisfachberater Michael Stromer (li.) erläuterten ihm und dem Weismainer Bürgermeister Michael Zapf (re.), welche besonderen Tier- und Insektenarten es hier zu entdecken gibt. Foto: Landratsamt Lichtenfels / Heidi Bauer

Die Feld­ler­che zwit­schert fröh­lich hoch in der Luft über der Jura­hoch­ebe­ne und durch die noch kah­len Äste der Bäu­me an der Wal­lers­ber­ger Kapel­le pfeift ein kal­ter Wind. Sie knar­zen. Tho­mas Fischer, Arbo­rist und tätig an der unte­ren Natur­schutz­be­hör­de am Land­rats­amt Lich­ten­fels, zeigt nach oben und erläu­tert, wie und war­um die „Stämm­lin­ge“ der alten Lin­den mit Sei­len gesi­chert wer­den mussten.

Die Baum­ve­te­ra­nen an der Wal­lers­ber­ger Kapel­le sind Jahr­hun­der­te alt, wie alt, das ver­mö­gen auf­grund des kar­gen Stand­orts und der hoh­len Stäm­me weder Tho­mas Fischer noch der Kreis­fach­be­ra­ter für Gar­ten­bau und Lei­ter der Umwelt­sta­ti­on des Land­krei­ses Lich­ten­fels in Weis­main, Micha­el Stro­mer, sagen. Auch nicht, ob die Lin­den schon vor der Katha­ri­nen­ka­pel­le stan­den, deren Ursprün­ge ist 14. Jahr­hun­dert zurück­rei­chen. Unge­klärt ist auch, war­um sie einst gepflanzt wur­den. Eines ist aber sicher: „Die drei Lin­den an der Wal­lers­ber­ger Kapel­le zäh­len mit einem Stamm­um­fang von je zum Teil mehr als neun Metern sicher­lich zu den beein­druckend­sten und älte­sten Bäu­men des Land­krei­ses und das Ensem­ble ist auch eines der schön­sten im Land­kreis“, fin­den Tho­mas Fischer und Micha­el Stromer.

„Land­kreis geseg­net mit Naturdenkmälern“

Ein Grund für Land­rat Chri­sti­an Meiß­ner, die Baum­ve­te­ra­nen anläss­lich des „Tags des Bau­mes“ mit den Fach­leu­ten vom Land­rats­amt und dem Weis­mai­ner Ersten Bür­ger­mei­ster, Micha­el Zapf, ein­mal genau­er in Augen­schein zu neh­men. „Unser Land­kreis ist geseg­net mit Natur­denk­mä­lern“, freut sich Land­rat Chri­sti­an Meiß­ner: „Wir haben mit mehr als 250 wohl die höch­ste Natur­denk­mals­dich­te an Bäu­men in Ober­fran­ken. Und die­se sind nicht nur schön anzu­schau­en, son­dern auch ein Allein­stel­lungs­merk­mal für unse­re Regi­on und beson­ders schüt­zens- und erhal­tens­wert.“ War­um, erläu­ter­ten Tho­mas Fischer und Micha­el Stro­mer, so bie­ten sie allem vor­an sel­te­nen Tier­ar­ten Lebens­raum und Nahrung.

Seit Jahr­hun­der­ten trot­zen die drei Lin­dern an der Katha­ri­nen­ka­pel­le Wind und Wet­ter, sie haben auf­grund ihres Alters schon viel mit­ge­macht und den ein oder ande­ren Ast ver­lo­ren, sagt Tho­mas Fischer. Doch sind sie wegen ihres Alters sowie der Specht- und Mulm­höh­len in ihren Ästen und Stäm­men ein Para­dies für Vögel, Fle­der­mäu­se und Insek­ten. „Auf­merk­sa­me Beob­ach­ter kön­nen von den Wur­zeln bis zu den Zweig­spit­zen vie­le Ent­deckun­gen machen“, weiß Tho­mas Fischer und auch Land­rat und Bür­ger­mei­ster nutz­ten, die Gele­gen­heit, sich auf Ent­deckungs­rei­se zu begeben.

Seit 1952 ste­hen die Lin­den an der Wal­lers­ber­ger Kapel­le durch ihre Aus­wei­sung als Natur­denk­mal unter Schutz. Das ist gut so, sagt Fischer, denn so blie­ben sie bis heu­te erhal­ten. Denn oft fie­len alte Bäu­me schnell mal der Säge zum Opfer, wenn sie im Weg stan­den, morsch waren, zu viel Laub oder Schat­ten war­fen. Das ist scha­de, bedau­ert der Baum­fach­mann, denn auch für den Lai­en ver­meint­lich „kaput­te“ Bäu­me kön­nen Para­die­se für Insek­ten und Tie­re sein.

Natur­denk­mä­ler seit 1935

Zum histo­ri­schen Hin­ter­grund von Natur­denk­mä­lern erläu­tert Tho­mas Fischer, dass der Schutz beson­de­rer Bäu­me erst­mals in der zwei­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts in Deutsch­land in den Fokus der Öffent­lich­keit rück­ten. Alte Bäu­me wur­den erst­mals als Natur­denk­mä­ler bezeich­net und ab 1935 erfuh­ren Natur­denk­mä­ler in Deutsch­land einen gesetz­li­chen Schutz. Heu­te wer­den sie nach nach Para­graph 28 Bun­des­na­tur­schutz­ge­setz (BNatSchG) aus­ge­wie­sen. Dem­nach sind sie „rechts­ver­bind­lich fest­ge­setz­te Ein­zel­schöp­fun­gen der Natur (…), deren beson­de­rer Schutz erfor­der­lich ist – 1. aus wis­sen­schaft­li­chen, natur­ge­schicht­li­chen oder lan­des­kund­li­chen Grün­den oder 2. wegen ihrer Sel­ten­heit, Eigen­art oder Schönheit.“

So kommt es, dass sich heu­te die Kreis­ver­wal­tungs­be­hör­de, sprich das Land­rats­amt, um die Natur­denk­mä­ler küm­mert, sie in ein Baum­ka­ta­ster ein­trägt, Pfle­ge­maß­nah­men vor­nimmt oder auch neue Bäu­me in die­sen Schutz­sta­tus auf­nimmt. Zu einem Denk­mal kön­nen Ein­zel­bäu­me oder Baum­grup­pen erklärt wer­den, die einen beson­de­ren Wuchs, ein beson­de­res Aus­se­hen oder ein unge­wöhn­li­ches Alter haben, die in der Land­schaft her­aus­ra­gen, orts­bild­prä­gend sind oder kul­tur­ge­schicht­lich einen bedeu­ten­den Ort mar­kie­ren oder aber eine bota­nisch-öko­lo­gi­sche Beson­der­heit dar­stel­len, sagt Fischer.

Wich­tig für Naturschutz

„Bäu­me sind sehr wich­tig für den Natur­schutz und sie bie­ten vie­len Tier­ar­ten Hei­mat. Vie­le der vom Aus­ster­ben bedroh­ten Insek­ten sind z.B. auf den Mulm (ver­faul­tes, getrock­ne­tes und zu Pul­ver zer­fal­le­nes Holz) in alten Bäu­men ange­wie­sen und es kann Jahr­zehn­te dau­ern, bis eine Mulm­höh­le ent­steht“, sagt der Fach­mann von der unte­ren Natur­schutz­be­hör­de. Die Hälf­te unse­rer hei­mi­schen Fle­der­maus­ar­ten zieht ihren Nach­wuchs in Baum­höh­len groß. „Ein Baum, der hohl ist, ist nicht zwangs­läu­fig tot oder so kaputt, sodass er nicht mehr ver­kehrs­si­cher ist“, erläu­tert Tho­mas Fischer am Bei­spiel der Wal­lers­ber­ger Lin­den. Die Stäm­me der Bäu­me sind hohl und haben nur eine Rest­wand­stär­ke von weni­gen Zen­ti­me­tern. Je dicker ein Baum ist, desto hoh­ler kann er sein.

Oft haben die Bäu­me und ihre Stand­or­te sym­bo­li­schen Cha­rak­ter oder histo­ri­sche Hintergründe.

Der Land­kreis Lich­ten­fels ist geseg­net mit Bäu­men, die Natur­denk­mä­ler sind. Vie­le ste­hen an mar­kan­ten Stel­len als Land­mar­ken in der Land­schaft, weiß der Fach­mann. Dies ist dar­auf zurück­zu­füh­ren, dass vie­le Leu­te frü­her weder lesen noch schrei­ben konn­ten, erklärt er. So mar­kie­ren bei­spiels­wei­se die Buche im Sie­chen­loch bei Kas­pau­er oder eine Lin­de und Eiche nord­öst­lich von Mosen­berg vie­le Jahr­hun­der­te alte Wege.

Von Gerichts­ei­chen und Alleen

Über vie­len Gewöl­be­kel­lern, in denen frü­her Bier gela­gert wur­de, pflanz­te man Kasta­ni­en oder Lin­den zur Beschat­tung. Meh­re­re Gerichts­ei­chen ste­hen am Prü­gel bei Klo­ster­lang­heim in der Nähe des Wald­stücks „Mör­der­gru­be“, weiß der Baum­fach­mann. In Sach­sen erließ bei­spiels­wei­se Kur­fürst August I. gar 1580 ein Ehe­stands­baum­ge­setz, wonach frisch getrau­te Ehe­leu­te zum Pflan­zen von Obst­bäu­men ver­pflich­tet waren. Alleen spie­geln bis heu­te die Territorial‑, Agrar‑, Gar­ten- und Ver­kehrs­ge­schich­te wider. Eine Viel­zahl der Alleen in Euro­pa wur­den von Napo­le­on initi­iert: Die Bäu­me ent­lang der Stra­ßen soll­ten sei­nen Sol­da­ten beim Mar­schie­ren Schat­ten spenden.

„Wir sind stolz dar­auf, dass unser Land­kreis mit sei­nen vie­len Natur­denk­mä­lern sozu­sa­gen ein Allein­stel­lungs­merk­mal hat“, unter­streicht Land­rat Chri­sti­an Meiß­ner. „Ich darf jede und jeden ein­la­den, sich die­se ein­mal anzu­schau­en und sorg­sam zu behan­deln.“ Einen Über­blick über die Natur­denk­mä­ler gibt das Geo­por­tal des Land­krei­ses Lich­ten­fels unter https://​www​.via​no​vis​.net/​l​k​r​-​l​i​c​h​t​e​n​f​e​ls/ -> Bau­en und Umwelt -> Natur­denk­mä­ler. Außer­dem weist auch eine klei­ne Pla­ket­te an den Bäu­men dar­auf hin.

Hin­ter­grund
Der Tag des Bau­mes wur­de am 27. Novem­ber 1951 von den Ver­ein­ten Natio­nen beschlos­sen und der deut­sche Tag des Bau­mes wur­de erst­mals am 25. April 1952, also vor 71 Jah­ren begangen.