Tou­ris­mus in der Frän­ki­schen Schweiz, Fol­ge 10: Der 1. Weltkrieg

Die Burgruine Neideck bei Streitberg. © wiesentbote.de
Die Burgruine Neideck bei Streitberg. © wiesentbote.de

Wäh­rend des ersten Welt­krie­ges ruh­ten alle Akti­vi­tä­ten in Sachen Frem­den­ver­kehr, wie aus den Chro­ni­ken zahl­rei­cher FSV-Orts­grup­pen und über­re­gio­na­ler Tou­ris­mus­zei­tun­gen her­vor geht. So mel­det Bet­zen­stein, dass 1914 “mit Beginn des ersten Welt­krie­ges alle Akti­vi­tä­ten bis 1920 ruh­ten“. In der Nord­baye­ri­schen Ver­kehrs- und Tou­ri­sten­zei­tung (des heu­ti­gen Tou­ris­mus­ver­eins Fran­ken) von 1915 steht zu lesen: „Aus­flüg­lern, die die Frän­ki­sche Schweiz besu­chen wol­len, wird drin­gend gera­ten, das nöti­ge Brot sel­ber mit­zu­brin­gen“. Der Orts­chro­nist Lud­wig Hell­dor­fer von Göß­wein­stein berich­te­te, dass sich 1919 „Gastro­no­men aus der gesam­ten Frän­ki­schen Schweiz zu einer „Wir­te­ver­ei­ni­gung“ zusam­men­schlos­sen, um gemein­sam für die glei­che Sache zu wer­ben. Er schreibt wei­ter, dass 1912/13 rund 53 400 Über­nach­tun­gen in Göß­wein­stein gezählt wur­den. Bei Aus­bruch des 1. Welt­krie­ges sank die Zahl auf 43 000 Über­nach­tun­gen. 1919–21 zähl­te man wie­der etwas mehr Urlaubs­gä­ste in Göß­wein­stein: rund 40 000. Wobei die Zahl in den letz­ten Infla­ti­ons­jah­ren (1922–23), in denen Brot wegen der Geld­ent­wer­tung Mil­li­ar­den­be­trä­ge koste­ten, wie­der auf etwa 8000 stark abge­sun­ken ist. Zum 30.Juni 1920 schließ­lich locker­te man die stren­gen Bestim­mun­gen der Auf­ent­hal­te für Gäste wie­der. Anstatt zehn durf­ten nun 50 Pro­zent der vor­han­de­nen Gäste­bet­ten wie­der belegt wer­den. Man hat­te zu Kriegs­zei­ten Angst vor Spio­na­ge und heg­te daher Miss­trau­en gegen jeden Frem­den, des­halb die Beschrän­kun­gen. Die zuläs­si­ge Auf­ent­halts­dau­er wur­de von drei auf 14 Tage erhöht.

Vergiss mein nicht – Feldpostkarte des 1. Weltkrieges, abgestempelt von der Poststelle der 19. Infanterie-Division am 25. Mai 1916. „Liebe Freundin, die besten Wünsche aus dem fernen westen sendet dir Freund August. Sonst noch alles beim Alten. Auf baldiges Wiedersehn“. Repro: R. Löwisch

Ver­giss mein nicht – Feld­post­kar­te des 1. Welt­krie­ges, abge­stem­pelt von der Post­stel­le der 19. Infan­te­rie-Divi­si­on am 25. Mai 1916. „Lie­be Freun­din, die besten Wün­sche aus dem fer­nen westen sen­det dir Freund August. Sonst noch alles beim Alten. Auf bal­di­ges Wie­der­sehn“. Repro: R. Löwisch

Mit der Ein­be­ru­fung von wehr­fä­hi­gen Män­nern zum Kriegs­dienst war der erste Welt­krieg auch auf dem Lan­de plötz­lich greif­bar. So plötz­lich und unmit­tel­bar, dass man­cher völ­lig über­for­dert war, was zu tra­gi­schen Ereig­nis­sen führ­te. So mel­de­te der Wie­sent­bo­te Mit­te August 1914: „Die Frau eines Güt­lers in Nan­ken­dorf nahm sich die Ein­be­ru­fung ihres Man­nes der­art zu Her­zen, dass sie sich, kaum war ihr Mann eini­ge Minu­ten vom Hau­se ent­fernt, erhäng­te. Wie­der­be­le­bungs­ver­su­che blie­ben erfolg­los“. Es half alles nichts, die Män­ner muss­ten fort in den Krieg zie­hen, wäh­rend der Ern­te­zeit, der­weil die Frau­en zu Hau­se deren Arbeit auf dem Feld mit über­nah­men. Neben der Land­wirt­schaft ver­sorg­ten sie auch noch Ihre Sol­da­ten an der Front. „Lie­bes­ga­ben“ hieß das Zau­ber­wort und was damit gemeint war, beschreibt wie­der­um ein Arti­kel aus dem Wie­sent­bo­ten vom 6. Novem­ber 1914: „Das Orts­sam­mel­ko­mi­tee für Wai­schen­feld und Umge­bung konn­te am ver­gan­ge­nen Sams­tag wie­der eine Sen­dung Lie­bes­ga­ben an die Kreissam­mel­stel­le in Bam­berg ablie­fern, näm­lich: ein Wag­gon Kar­tof­feln, 15 Pfund But­ter­schmalz, eine Tabaks­pfei­fe, zwei wol­le­ne und 13 wei­ße Bett­tücher, zwei far­bi­ge und zwölf wei­ße Kopf­kis­sen­be­zü­ge, sechs unge­bleich­te und eine far­bi­ge wol­le­ne Unter­ho­se und vie­les mehr. Die Sachen kamen zu den Emp­fän­gern, wie ein Dan­kes­schrei­ben eines Sol­da­ten an die Lie­ben daheim erzählt: „Ihr braucht mir nichts zu schicken, weil wir immer Lie­bes­ga­ben von der Kom­pa­nie bekom­men. Habe ein Hemd, ein Paar Socken, eine Leib­bin­de bekom­men, also immer was“.

Als Fol­ge des Krie­ges wur­den die Lebens­mit­tel ratio­niert – auch für die Land­wir­te, die alles ablie­fern muss­ten, was über sei­nen Eigen­be­darf hin­aus ging. Metal­le aller Art wur­den ein­ge­schmol­zen, sogar der Kauf von Stof­fen bedurf­te eines Bezugs­schei­nes „Der Krieg, die schlech­te Ernäh­rungs­la­ge und die anschlie­ßen­den Infla­ti­ons­jah­re brach­ten für den Frem­den­ver­kehr nicht nur in Göß­wein­stein einen Rück­schlag, schreibt Hein­rich End­rös rück­blickend in sei­nem Bericht über die Ent­wick­lung des Frem­den­ver­kehrs in Göß­wein­stein. In der „Nord­baye­ri­schen Ver­kehrs- und Tou­ri­sten­zei­tung“ stand zu Beginn des Jah­res 1915 zu lesen: „Wenn nun auch infol­ge des Kriegs­zu­stan­des im Frem­den- und Tou­ri­sten­ver­kehr ein Still­stand ein­ge­tre­ten ist, so steht doch zu hof­fen, dass nach Ein­tritt des mit vol­ler Zuver­sicht erwar­te­ten sieg­rei­chen Frie­dens aller­orts ein zwei­fel­los sehr leb­haf­ter Frem­den­ver­kehr inner­halb des Deut­schen Rei­ches sich ein­stel­len wird“.

Rein­hard Löwisch

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Über den Autor:

Reinhard Löwisch

Rein­hard Löwisch

Rein­hard Löwisch ist ein „Rei­sen­der wie er im Buch steht“. Als gelern­ter Zug­be­glei­ter arbei­te­te er 14 Jah­re am Haupt­bahn­hof Nürn­berg und lern­te dabei ganz Deutsch­land ken­nen. Von August 1992 bis Juli 2020 war er Mit­ar­bei­ter der Tou­ris­mus­zen­tra­le Frän­ki­sche Schweiz. In den 28 Jah­ren sei­ner Dienst­zeit, bekam er den Tou­ris­mus in der Regi­on “haut­nah“ mit und war bei allen Aktio­nen und Pro­jek­ten ganz vor­ne mit dabei. Dabei hat er eine Men­ge an Erfah­run­gen gesam­melt und sei­ne Lie­be zur Hei­mat­kun­de tat ein Übri­ges, um dar­aus die rich­ti­gen Schlüs­se und Ver­knüp­fun­gen zu zie­hen. Dazwi­schen ver­brach­te der Autor vier Jah­re als „Ruck­sack­tou­rist“ in den USA und Süd­ost­asi­en. Alles zusam­men­ge­nom­men ein rei­cher Wis­sens­schatz den er über Jahr­zehn­te ange­sam­melt hat. Sei­ne Erfah­run­gen in der Hei­mat hat er nun in einem Buch zusam­men­ge­fasst, wor­aus wir in den fol­gen­den Wochen eini­ge The­men vor­stel­len werden.