Fest­li­cher Oster­got­tes­dienst mit der Regio­nal­bi­schö­fin am Ostersonntag

Symbolbild Religion

Regio­nal­bi­schö­fin Dr. Grei­ner – Pre­digt zu 1. Korin­ther 15,1–10a

(Es gilt das gespro­che­ne Wort)

Wir haben vor­hin in der Lesung das Bibel­wort gehört, das Grund­la­ge der Pre­digt ist. Pau­lus schreibt den Korin­thern. Man merkt, es geht ihm ums Gan­ze – um das Evan­ge­li­um von Jesus Chri­stus, um den Kern sei­ner Hoffnung.

Dar­um möch­te ich heu­te in der Pre­digt einen Drei­schritt gehen.

Ich wer­de begin­nen mit dem Kern unse­rer christ­li­chen Hoff­nung, dann zum Kern der Hoff­nung für unser per­sön­li­ches Leben kom­men und schließ­lich zum Kern der Hoff­nung für die­se Welt

Pau­lus beginnt so, dass alle mer­ken: Jetzt kommt das Wichtigste!

Ich erin­ne­re euch aber, Brü­der und Schwe­stern an das Evan­ge­li­um, das ich euch ver­kün­digt habe, das ihr auch ange­nom­men habt, in dem ihr auch fest­steht, durch das ihr auch selig werdet.

Und dann benennt er ihn – den Kern des Evan­ge­li­ums mit zwei Sei­ten, die unlös­lich zusammengehören:

Zum einen, dass Chri­stus gestor­ben ist für unse­re Sün­den. Die­ses „für unse­re Sün­den“ bedeu­tet: Dir ist ver­ge­ben. Wenn es Din­ge gibt in Dei­nem Leben, die Dich bela­sten, ein Ver­hal­ten, das nicht gut war, dann gilt: genau dafür ist Chri­stus gestor­ben, sodass Du glau­ben kannst, mir ist ver­ge­ben. Gott trägt es mir nicht nach. Ich brau­che es mir dar­um auch nicht mehr vorwerfen.

Pau­lus fügt zum gestor­ben hin­zu: dass Jesus begra­ben wur­de. War­um betont er die­ses Begra­ben­wer­den; war­um ist es sogar Teil unse­res Glau­bens­be­kennt­nis­ses bis heute?

Als der Auf­er­stan­de­ner erschien, woll­ten sich das man­che so erklä­ren, dass gar nicht gestor­ben war. Die­ses Begra­ben­wer­den ist dar­um das Sie­gel, dass Jesus nicht nur schein­tot war.

Nach­dem dies klar ist, benennt Pau­lus die zwei­te Hälf­te des Evangeliumskerns:

Die lau­tet: dass Jesus auf­er­weckt wur­de. Und wie das Begra­ben­wer­den das Sie­gel ist fürs Tot­sein, so benennt er das Sie­gel, dass Jesus wirk­lich lebt: Er wur­de gese­hen – zuerst von Petrus, dann von den Zwöl­fen, dann von 500 Jün­gern auf ein­mal, von denen die mei­sten noch leben.

Gera­de die­ser Nach­satz ist bedeut­sam: Pau­lus will den Korin­thern sagen: Ihr könnt die noch leben­den Men­schen befra­gen. Sie wer­den es bezeugen.

Als Frau stol­pe­re ich natür­lich über die­se Auf­zäh­lung der Augen­zeu­gen, die Pau­lus noch fort­setzt. Er nennt noch Jako­bus und erwähnt, dass alle Apo­stel Jesus sahen und schließ­lich auch er selbst damals bei Damaskus.

Anders als die vier Evan­ge­li­en erwähnt er aber kei­ne Frauen:
Das Mat­thä­us­evan­ge­li­um erzählt von Maria Mag­da­le­na und der ande­re Maria, die als erste zum Grab gehen. Der Engel sagt ihnen: Geht nach Gali­läa, dort wer­det ihr ihn sehen. Auf dem Weg dort­hin begeg­net Jesus ihnen und sie fal­len vor ihm auf die Knie.

Mar­kus, der älte­ste Evan­ge­list, erzählt die Sache etwas anders: drei Frau­en gehen zum Grab, ihnen erscheint der Engel. Aber sie sagen nie­man­dem etwas, denn sie fürch­ten sich. Danach erscheint Jesus Maria Mag­da­le­na und die erzählt es allen, die wei­nen, dann erscheint er zwei­en unter­wegs und dann den elf Jüngern.

Lukas erzählt es so, dass Frau­en unbe­stimm­ter Anzahl am Oster­mor­gen zum Grab gehen. Sie fin­den es leer und hören vom Engel, dass Jesus auf­er­stan­den sei. Sie erzäh­len es den Jün­gern, die es nicht glau­ben. Dar­auf­hin rennt Petrus zum Grab und auch er fin­det es leer. Dann erscheint er den zwei Emma­us­jün­gern. Mit ihnen bricht er das Brot; dar­an erken­nen sie ihn. Die gehen zu den ande­ren Jün­gern und brin­gen ihnen die Nach­richt, die wir heu­te noch als Oster­gruß spre­chen: Der Herr ist wahr­haf­tig auf­er­stan­den. Als sie das sagen, tritt der Auf­er­stan­de­ne in die Runde.

Der Evan­ge­list Johan­nes erzählt noch­mals anders: Maria Mag­da­le­na fin­det das Grab leer und weint. Da erscheint ihr Jesus. Sie meint es sei der Gärt­ner. Sie erkennt ihn, als er sie beim Namen nennt. Johan­nes erzählt anschlie­ßend, dass Jesus den elf Jün­gern erscheint und extra dem Tho­mas und danach dem Petrus, den der drei Mal fragt: Hast Du mich lieb?

Pau­lus und die Evan­ge­li­sten erzäh­len also alle ein wenig anders. Alle aber sind gewiss: Jesus ist erschie­nen – und Pau­lus schreibt sogar, dass er 500 Men­schen zur sel­ben Zeit erschie­nen ist – ob die 500 an unter­schied­li­chen Orten waren oder ver­sam­melt, bleibt für uns offen. Es geht ihm nicht um Mann oder Frau, son­dern um die gro­ße Zahl der Bezeugung.

Dass die­se Erzäh­lun­gen in jedem Evan­ge­li­um und bei Pau­lus etwas anders sind, stört mich nicht. Ganz im Gegen­teil. Es wird dar­an deut­lich, dass es sehr leben­di­ge Erzähl­tra­di­tio­nen gab von die­sem Kern unse­res Glau­bens. Genau­so erzählt ja jedes Evan­ge­li­um von einem ande­ren Wort, das Jesus am Kreuz gespro­chen hat. In Sum­me – durch Addi­ti­on aller Erzäh­lun­gen – wur­den es sie­ben Wor­te am Kreuz, die uns über­lie­fert wurden.

Durch all die­se Erzäh­lun­gen ergibt sich ein Bild, das uns gewiss macht: Jesus starb ver­ge­bend. Er ist Frau­en und Män­ner erschie­nen – und wohl wirk­lich vie­len. Die­se bei­den Sei­ten des Evan­ge­li­ums zusam­men bil­det bis heu­te den inne­ren Kern der christ­li­chen Hoffnungsbotschaft“.

Der Gekreu­zig­te, der uns ver­ge­ben hat und liebt, lebt. Das ist der Kern des Evangeliums.

Gehen wir den zwei­ten Schritt: Die­ser Kern des Evan­ge­li­ums ist Hoff­nung für uns.

Es gibt eine net­te erfun­de­ne Sym­bol­ge­schich­te: Sie hat nicht die Qua­li­tät bibli­scher Erzäh­lun­gen, aber sie blieb mir im Gedächt­nis nach­dem ich sie gele­sen hatte:

Zwil­lin­ge unter­hal­ten sich im Mutterleib:

„Glaubst du an ein Leben nach der Geburt?“ fragt der eine.

„Nein“, sagt der And­re, „nach der Geburt ist wahr­schein­lich alles vor­bei, denn es ist ja noch kei­ner zurückgekommen.“
Einen Moment schwei­gen sie.

„Hast du auch das Gefühl, manch­mal von außer­halb lie­be­voll berührt zu wer­den?“ fängt der Erste wie­der an.

„Ja, was immer das bedeu­ten mag“, bestä­tigt der Andere.

Die­se klei­ne Geschich­te bringt auf den Punkt, wie sehr die Vor­stel­lung eines Lebens nach Tod im Him­mel unser Fas­sungs­ver­mö­gen über­steigt. Zurück­ge­kom­men als Mensch mit Fleisch und Blut ist kei­ner. Auch Jesu Auf­er­ste­hungs­leib war nicht mehr aus Fleisch und Blut. Dass er aber mit sei­nem Auf­er­ste­hungs­leib erschien – so vie­len Men­schen – löste eine Bewe­gung der Hoff­nung aus, die heu­te welt­weit nichts an Kraft ver­lo­ren hat.

Auch wenn sol­che Erschei­nun­gen heu­te nur noch sel­te­ne Aus­nah­men sind, bewe­gen uns allein schon die­se Erzäh­lun­gen vom Erschei­nen des Auf­er­stan­de­nen sehr. Sie sind wie ein Berührt­wer­den aus dem Him­mel, aus der Welt, die unse­ren Augen noch ver­bor­gen ist. Denn sie beinhal­ten Hoff­nung für uns: Wie Chri­stus auf­er­stan­den ist und lebt, wer­den auch wir leben, jen­seits von Raum und Zeit in der Ewig­keit bei ihm in sei­nem Licht.

Und nun der drit­te Schritt. Die­se Auf­er­ste­hungs­er­zäh­lun­gen sind nicht nur Hoff­nung für unser per­sön­li­ches Leben, son­dern auch für die­se Welt. Unse­re Zeit braucht Men­schen mit star­ker Hoff­nung in viel­fa­cher Hinsicht:
Die Kir­che braucht Men­schen mit star­ker Hoff­nung. Die Mit­glie­der­zah­len sind im frei­en Fall. Die Ent­kirch­li­chung schrei­tet fort.

Die Gesell­schaft braucht Men­schen mit star­ker Hoff­nung. Die Erzie­hungs­pro­ble­me in Schu­len und Fami­li­en neh­men zu. Für­sor­gen­de Fami­li­en­sy­ste­me bestehen immer weni­ger. Wo soll das hinführen?

Die­se Erde braucht Men­schen mit star­ker Hoff­nung. Die öko­lo­gi­sche Kri­se ist umfas­send hin­sicht­lich Erd­er­wär­mung, Kli­ma­wan­del und Arten­ster­ben. Krie­ge zer­stö­ren Men­schen­le­ben an vie­len Orten; nun sogar vor unse­rer Haustür.

Kir­che, Gesell­schaft und Erde brau­chen Men­schen mit star­ker Hoff­nung. Und die kann sich kein Mensch sel­ber geben.

Sie ist uns aber gegeben!

Eine Aus­sa­ge Bon­hoef­fers bringt dies auf den Punkt: Ich zitiere:
„In der Auf­er­ste­hung erken­nen wir, dass Gott die Erde nicht preis­ge­ge­ben, son­dern sich zurück­er­obert hat. Er hat ihr eine neue Zukunft … gege­ben. Die­sel­be Erde, die Gott schuf, trug den Sohn Got­tes und sein Kreuz, und auf die­ser Erde erschien der Auf­er­stan­de­ne den Sei­nen, und zu die­ser Erde wird Chri­stus am letz­ten Tage wiederkommen.“

Die­ses Zitat öff­net die Augen dafür, dass die­se Erschei­nun­gen des Auf­er­stan­den ja wie­der genau die­se Bewe­gung ist, die schon in der Geburt Jesu geschieht. Jesus kommt zur Welt. Er kommt zu den Jün­gern die ver­zwei­felt sind. Er kommt, er begeg­net, er ist nah, er macht sich erfahrbar.

In einem neu­en Leib, dem Auf­er­ste­hungs­leib, ein Leib aus Licht und Kraft, begeg­net er und zeigt damit, dass es eine Welt um uns gibt, die grö­ßer ist und stär­ker und hel­ler als wir über­haupt ahnen.

Er berührt uns auch heu­te und mor­gen lie­be­voll mit die­sen Geschich­ten sei­nes Erschei­nens, sodass wir Men­schen sind voll Hoff­nung für die­se Welt – und durch alle Kri­sen hin­durch, immer wie­der werden.

Berührt von ihm sind wir Boten sei­ner Hoff­nung in Kir­che, Gesell­schaft und für die­se Erde.

Dass sogar der Auf­er­stan­de­ne, der dem Erden­leid ent­ron­nen war, nicht im Him­mel blieb, son­dern wie­der zu sei­nen Men­schen auf die Erde kam, ist das stärk­ste Zei­chen, das Sie­gel, dass er uns und unse­re Welt nicht allei­ne lässt. Er lebt und wird uns per­sön­lich und die­ser Welt zum Leben hel­fen. Sei­ne Treue zu uns und die­ser Welt ist unse­re Hoffnung.

Amen.

Davon lasst uns sin­gen mit dem Lied: Chri­stus lebt, mit ihm auch ich.