Öko­lo­gisch-Bota­ni­scher Gar­ten Bay­reuth ist Hot­spot für Wild­bie­nen in Mitteleuropa

Vom Aussterben bedroht: Große Sandgängerbiene, _Ammobates punctatus_, im ÖBG (Foto: Daniel Schanz)
Vom Aussterben bedroht: Große Sandgängerbiene, _Ammobates punctatus_, im ÖBG (Foto: Daniel Schanz)

Bie­nen sind welt­weit die wich­tig­sten Bestäu­ber und nicht nur unver­zicht­bar für den Erhalt von Wild­pflan­zen­ar­ten, son­dern auch für die Bestäu­bung eines Groß­teils unse­rer Nutz­pflan­zen. Bie­nen gel­ten somit als öko­lo­gisch sowie öko­no­misch sehr wich­ti­ge Grup­pe mit unver­zicht­ba­ren Öko­sy­stem­funk­tio­nen. Welt­weit wer­den aller­dings seit den 1990er Jah­ren immer weni­ger Bie­nen­ar­ten nach­ge­wie­sen. Vor die­sem Hin­ter­grund ist die im Öko­lo­gisch-Bota­ni­schen Gar­ten (ÖBG) gefun­de­ne hohe Arten­zahl von 214 Wild­bie­nen­ar­ten sehr erfreulich.

Dani­el Schanz kar­tier­te in sei­ner Master­ar­beit die Wild­bie­nen eines ca. 13,5 Hekt­ar gro­ßen Teil­be­reichs des Frei­ge­län­des des ÖBG in fast 40 Bege­hun­gen von März bis Sep­tem­ber 2022. Es war die zwei­te Unter­su­chung der Wild­bie­nen­fau­na im ÖBG nach ihrer Erst­erfas­sung im Jahr 2000. Dane­ben erfass­te er das Blü­ten­be­suchs­ver­hal­ten an hei­mi­schen und nicht-hei­mi­schen Pflan­zen­ar­ten. Betreut wur­de die Arbeit von Prof. Dr. Eli­sa­beth Ober­mai­er (ÖBG, Uni­ver­si­tät Bay­reuth) und Prof. Dr. Ste­fan Döt­terl (Uni­ver­si­tät Salz­burg), der die Erhe­bung im Jahr 2000 durch­führ­te. Die, im Ver­gleich zur Erfas­sung vor 22 Jah­ren, 85 neu hin­zu­ge­kom­me­nen Bie­nen­ar­ten sind häu­fig wär­me­lie­ben­der und signi­fi­kant weni­ger weit nord­wärts ver­brei­tet als Bie­nen­ar­ten mit einem Nach­weis bei bei­den Erfassungen.

14 der im Jahr 2000 nach­ge­wie­se­nen Arten konn­ten 2022 nicht nach­ge­wie­sen wer­den, so dass in den letz­ten gut 20 Jah­ren ins­ge­samt fast 230 Bie­nen­ar­ten im ÖBG fest­ge­stellt wur­den, das sind 44 Pro­zent der in Bay­ern und 39 Pro­zent der in Deutsch­land bekann­ten Arten. Damit ist der ÖBG, auch bezo­gen auf sei­ne rela­tiv klei­ne Flä­che, einer der arten­reich­sten Wild­bie­nen-Stand­or­te Mit­tel­eu­ro­pas. Selbst in kei­nem ande­ren Bota­ni­schen Gar­ten Mit­tel­eu­ro­pas konn­ten bis­her so vie­le Bie­nen­ar­ten fest­ge­stellt werden.

„Die hohe Arten­zahl im ÖBG wird vor allem begrün­det mit der hohen Lebens­raum­viel­falt auf engem Raum und mit vie­len ver­schie­den­ar­ti­gen Blü­ten­pflan­zen und Nist­be­rei­chen“, sagt Dani­el Schanz. „Dazu gehö­ren die Wei­den­kul­tur mit einer blü­ten­rei­chen Boden­ve­ge­ta­ti­on, vie­le sel­ten gemäh­te Wie­sen­be­rei­che, der Nutz­pflan­zen­gar­ten und die Callu­na-Hei­de sowie eine Sand­bö­schung für boden­ni­sten­de Arten. Außer­dem bie­tet Tot­holz für Arten, die auf sol­che Struk­tu­ren zur Anla­ge ihrer Nist­plät­ze ange­wie­sen sind, wei­te­re Mög­lich­kei­ten zur Ansied­lung von Bie­nen­ar­ten.“ Im ÖBG wer­den zudem an vie­len Stel­len spon­tan auf­kom­men­de Wild­kräu­ter gedul­det, deren Bedeu­tung für die Bie­nen­fau­na als sehr hoch ein­zu­schät­zen ist.

Bei der Erfas­sung der von den Bie­nen besuch­ten Pflan­zen­ar­ten im Jahr 2022 zeig­te sich, dass unter den 16 von der größ­ten Viel­falt an Bie­nen­ar­ten besuch­ten Pflan­zen­ar­ten ledig­lich zwei nicht-hei­mi­sche Blü­ten­pflan­zen waren. Etwa die Hälf­te die­ser 16 Pflan­zen­ar­ten waren nicht direkt ange­pflanz­te Wild­kräu­ter. Beson­ders vie­le Bie­nen­ar­ten wur­den auf Löwen­zahn, Berg-Sand­glöck­chen, Schaf­gar­be, Mann­streu, Wie­sen­flocken­blu­me, Horn­klee, Rund­blätt­ri­ger Glocken­blu­me und Wil­der Möh­re fest­ge­stellt. Dar­un­ter meist auch so genann­te oli­go­lek­ti­sche Arten, die bzgl. des Blü­ten­pol­lens spe­zia­li­siert auf bestimm­te Pflan­zen sind.

Ins­ge­samt bele­gen die Unter­su­chun­gen, dass der ÖBG mit sei­nen vie­len hei­mi­schen Pflan­zen­ar­ten und diver­sen Nist­mög­lich­kei­ten ein Hot­spot für Bie­nen in Mit­tel­eu­ro­pa ist.

„Vor dem Hin­ter­grund einer zuneh­men­den Inten­si­vie­rung der Kul­tur­land­schaft mit immer weni­ger Lebens­räu­men für Wild­bie­nen, erhal­ten natur­na­he Gär­ten eine immer grö­ße­re Bedeu­tung auch für bedroh­te Bie­nen­ar­ten“, betont Prof. Dr. Eli­sa­beth Ober­mai­er. „Dar­über hin­aus zeigt die Stu­die, dass sich die Bie­nen­fau­na inner­halb von 22 Jah­ren deut­lich ver­än­dert hat.“ Unter den neu hin­zu­ge­kom­me­nen Arten sind etli­che beson­ders wär­me­lie­bend, wie bei­spiels­wei­se die Dicht­punk­tier­te Gold­fur­chen­bie­ne (Halic­tus subau­ra­tus), die bereits häu­fi­ger gewor­den ist als die Gewöhn­li­che Gold­fur­chen­bie­ne (Halic­tus tumul­orum). Prof. Dr. Ste­fan Döt­terl stellt daher fest: „Die Bie­nen­fau­na im ÖBG reagiert deut­lich auf die Klimaerwärmung.“