Hoch­schu­le Hof stellt digi­ta­len Behör­den­zwil­ling vor

Diskutierten über die Digitalisierung der Öffentlichen Verwaltung (v.l.): Hochschulpräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Lehmann, die Bay. Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach sowie Prof. Dr. Thomas Meuche und Prof. Dr. Heike Markus (beide Leiter des Kompetenzzentrums für digitale Verwaltung an der Hochschule Hof)
Diskutierten über die Digitalisierung der Öffentlichen Verwaltung (v.l.): Hochschulpräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Lehmann, die Bay. Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach sowie Prof. Dr. Thomas Meuche und Prof. Dr. Heike Markus (beide Leiter des Kompetenzzentrums für digitale Verwaltung an der Hochschule Hof)

Eine bür­ger­freund­li­che und digi­ta­le Ver­wal­tung – es könn­te alles so ein­fach sein…

Die Digi­ta­li­sie­rung der Öffent­li­chen Ver­wal­tung ist eines der gro­ßen Mam­mut­pro­jek­te des Staa­tes auf dem Weg hin zu mehr Bür­ger­freund­lich­keit und Effek­ti­vi­tät büro­kra­ti­scher Pro­zes­se. Um dies vor­an zu brin­gen, wur­de vor 2 Jah­ren an der Hoch­schu­le Hof das Kom­pe­tenz­zen­trum für Digi­ta­le Ver­wal­tung (KDV) ins Leben geru­fen. In Anwe­sen­heit von Judith Ger­lach, der Baye­ri­schen Staats­mi­ni­ste­rin für Digi­ta­les, wur­den nun erste Ergeb­nis­se prä­sen­tiert. Ein digi­ta­ler Behör­den­zwil­ling zeigt, wie pro­blem­los Anträ­ge und For­mu­la­re zukünf­tig bear­bei­tet wer­den könn­ten. Frei­lich blei­ben aber noch vie­le offe­ne Fra­gen in den Berei­chen von Daten­schutz und Persönlichkeitsrechten.

Schon bei der Begrü­ßung wur­den die Mise­re und der gro­ße Hand­lungs­be­darf deut­lich, vor dem der Staat in der Fra­ge der Digi­ta­li­sie­rung mitt­ler­wei­le steht:

Schnel­le­re Pro­zes­se überfällig

„Die Demo­gra­phie schlägt uner­bitt­lich zu. Spe­zi­ell die Kom­mu­nen fin­den immer weni­ger fähi­ge Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter. Ana­lo­ge Abläu­fe müs­sen zwin­gend neu, schnel­ler und digi­tal gestal­tet wer­den, sonst fährt unser Land mit Voll­gas gegen die Wand“, warn­te Hoch­schul­prä­si­dent Prof. Dr. Dr. h.c. Jür­gen Leh­mann ein­dring­lich in sei­nen ein­lei­ten­den Wor­ten. Des­halb sei er froh, dass das The­ma an der Hoch­schu­le Hof enga­giert vor­an­ge­trie­ben wer­de. Zukünf­tig sei­en auch in staat­li­chen Ein­rich­tun­gen digi­ta­le Mana­ger gefragt, die Pro­zes­se ver­stün­den und umsetz­ten und dabei auch die Mög­lich­kei­ten der Künst­li­chen Intel­li­genz ein­be­zö­gen. Prof. Dr. Tho­mas Meu­che und Prof.

Dr. Hei­ke Mar­kus, Lei­ter des Kom­pe­tenz­zen­trums Digi­ta­le Ver­wal­tung, unter­stri­chen wie wich­tig vor allem funk­tio­nie­ren­de Kom­mu­nen sind: „Wenn die Städ­te und Gemein­den nicht funk­tio­nie­ren, ver­lie­ren die Bür­ger das Ver­trau­en in den gan­zen Staat.“ Die Hoch­schu­le wol­le nun Ange­bo­te und Vor­schlä­ge for­mu­lie­ren, wie der Boden für neue Wege berei­tet wer­den könne.

Nicht „sexy“, aber drin­gend notwendig

Digi­tal­mi­ni­ste­rin Ger­lach lob­te zunächst den Digi­tal­cam­pus Bay­ern – eine Qua­li­fi­zie­rungs­platt­form für Öffent­lich Beschäf­tig­te – und die vie­len wei­te­ren gemein­sa­men Pro­jek­te ihres Mini­ste­ri­ums mit der Hoch­schu­le Hof und sie beton­te, dass die Digi­ta­li­sie­rung der Ver­wal­tung kei­nes­wegs ein Selbst­zweck sei: „Es geht im Kern dar­um, wie wir uns als Staat künf­tig den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern prä­sen­tie­ren möch­ten – wie bür­ger­ori­en­tiert und wie trans­pa­rent kön­nen wir sein? Dazu gehö­ren auch die Fra­gen, wie wir Ver­ständ­nis für digi­ta­le Pro­zes­se schaf­fen und damit letzt­lich Ver­trau­en für den Wan­del schaf­fen kön­nen.“ Frei­lich sei das The­ma auf den ersten Blick für die Bevöl­ke­rung „wenig sexy“, so Ger­lach, da jede Ver­än­de­rung zunächst immer auch Vor­be­hal­te pro­vo­zie­re. Hier sei auch ein Kul­tur­wan­del gefragt: „Wir müs­sen die Men­schen in ihrer Situa­ti­on abho­len und Büro­kra­ti­sches für den Ein­zel­nen leich­ter, auto­ma­ti­siert und ver­ständ­lich machen – nur das schafft Akzep­tanz. Und so gewin­nen wir als Staat auch mehr Attrak­ti­vi­tät als Arbeit­ge­ber.“ Gera­de Letz­te­res sei unbe­dingt not­wen­dig, da Bund, Län­der und Kom­mu­nen im Wett­be­werb um die besten Köp­fe gegen­über Unter­neh­men oft nicht bestehen könn­ten. Um dies zu schaf­fen, brau­che es vie­le Ver­bün­de­te, mehr Expe­ri­men­tier­freu­de und eine posi­ti­ve Feh­ler­kul­tur, so die Ministerin.

Digi­ta­ler Behör­den­zwil­ling ver­knüpft Daten

Um Pro­zes­se zu ver­ein­fa­chen habe das KDV nun einen digi­ta­len Zwil­ling einer Behör­de geschaf­fen, mit dem die Erstel­lung und Bear­bei­tung von For­mu­la­ren und Fach­ver­fah­ren um ein Viel­fa­ches ein­fa­cher gestal­tet wer­den kön­ne. Basis sei dabei die Schaf­fung einer „Bür­ger­cloud“, in wel­cher die Daten der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger für Bund, Land und Kom­mu­nen zusam­men­ge­führt wür­den. Allein die Kom­bi­na­ti­on von Name, Geburts­tag und Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer kön­ne einen Groß­teil der Ämter­ge­schäf­te deut­lich beschleu­ni­gen, so Prof. Dr. Meu­che. Die Daten wür­den im Modell in einer App durch die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger selbst gepflegt und veri­fi­ziert, so die For­schen­den. Am Bei­spiel der KFZ-Zulas­sung – wo es zusätz­lich nur noch der Fahr­ge­stell­num­mer und der Ver­si­che­rungs­num­mer bedür­fe – wur­de gezeigt, wie schnell ein sol­cher Digi­tal­pro­zess bereits jetzt rein tech­nisch ablau­fen kön­ne. Der Vor­teil lie­ge ins­be­son­de­re in der Ver­mei­dung von Dopp­lun­gen und der Erspar­nis von Zeit: „Wie oft muss man heu­te immer wie­der auf Behör­den per­sön­li­che Daten wie die Steu­er­num­mer ange­ben, die längst vor­lie­gen – vie­les davon könn­te weg­fal­len“, so Prof. Dr. Mar­kus. Frei­lich stell­ten sich hier­bei vie­le Fra­gen der siche­ren Hand­ha­bung: „Wenn eine zen­tra­le Stel­le gehackt wür­de, wäre der Scha­den immens. Die Fra­gen von Daten­schutz und Per­sön­lich­keits­rech­ten dür­fen hier­bei also nicht außer Acht gelas­sen wer­den und bedür­fen einer eige­nen Betrach­tung und Absi­che­rung“, so Prof. Leh­mann. Dies sei selbst­ver­ständ­lich kor­rekt, den­noch dür­fe die Fra­ge der Daten­si­cher­heit nicht dazu füh­ren das bestehen­de Pro­blem gar nicht erst anzu­packen, so die ver­ant­wort­li­chen For­schen­den. Der Mehr­wert einer digi­ta­len Lösung müs­se über den vor­han­de­nen Risi­ken ste­hen und die Pro­zes­se müss­ten jeder­zeit trans­pa­rent sein. Bei allem müss­ten zudem Bür­ge­rin­nen und Bür­ger der Daten­ver­ar­bei­tung zustimmen.

Gespräch mit Studierenden

Anschlie­ßend kamen beim Besuch der Mini­ste­rin auch die Stu­die­ren­den im Bache­lor­stu­di­en­gang „Digi­ta­le Ver­wal­tung“ an, der berufs­be­glei­tend und wei­test­ge­hend digi­tal an der Hoch­schu­le Hof ange­bo­ten wird. Die­se schil­der­ten auf Nach­fra­ge ihre Wün­sche an die Poli­tik. Ein Haupt­punkt dabei: Die Ver­wal­tung müs­se drin­gend offe­ner für ande­re Kom­pe­ten­zen und vor allem auch für Quer­ein­stei­ger wer­den, for­der­te bei­spiels­wei­se Maria Roh­de, die neben ihrem Stu­di­um für die Per­so­nal- und Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung am Land­rats­amt Mies­bach zustän­dig ist. Dies beträ­fe expli­zit auch die Attrak­ti­vi­tät des Tarif­rechts für Verwaltungsangestellte.

Zum Abschluss rich­te­te Prof. Dr. Tho­mas Meu­che einen ganz prak­ti­schen Tipp an alle jene, wel­che die Digi­ta­li­sie­rung in der öffent­li­chen Ver­wal­tung erfolg­reich vor­wärts­brin­gen möch­ten: „Suche dir einen furcht­bar ver­al­te­ten Pro­zess aus, der mög­lichst vie­le nervt, suche Dir dann die Wil­li­gen und ver­bes­se­re die­sen Pro­zess. Genau so kann man für Digi­ta­li­sie­rung begeistern!“

Hin­ter­grund:

Am 28. Juni 2023 ver­an­stal­tet das Kom­pe­tenz­zen­trum für Digi­ta­le Ver­wal­tung an der Hoch­schu­le Hof eine Kon­fe­renz zum The­ma Pro­zes­se und Daten­struk­tu­ren. Nähe­re Infor­ma­tio­nen dazu dem­nächst unter: https://​www​.kom​pe​tenz​zen​trum​-digi​ta​le​-ver​wal​tung​.de/