Neu­es Pro­jekt der Uni­ver­si­tät Bay­reuth zur auto­ma­ti­schen Fer­ti­gung von Bau­tei­len aus kera­mi­schen Faserverbundwerkstoffen

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Intui­ti­ve Robotersteuerung

Bau­tei­le aus kera­mi­schen Faser­ver­bund­werk­stof­fen zeich­nen sich dadurch aus, dass sie sehr hohen Betriebs­tem­pe­ra­tu­ren und schock­ar­ti­gen Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen stand­hal­ten kön­nen und nicht ver­schleiß­an­fäl­lig sind. Einen Faser­spritz­pro­zess für die Her­stel­lung von oxid­ke­ra­mi­schen Faser­ver­bund­werk­stof­fen zu auto­ma­ti­sie­ren und zugleich hoch­gra­dig fle­xi­bel zu gestal­ten, ist das Ziel eines neu­en Vor­ha­bens von Infor­ma­tik und Inge­nieur­wis­sen­schaf­ten an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Intui­ti­ve Robo­ter­pro­gram­mie­rung soll Unter­neh­men in die Lage ver­set­zen, kurz­fa­ser­ver­stärk­te oxid­ke­ra­mi­sche Bau­tei­le bedarfs­ge­recht auch in sehr klei­nen Seri­en zu fer­ti­gen. Das Pro­jekt „Flex­Fi­ber“ wird von der DFG mit ins­ge­samt rund 700.000 Euro gefördert.

Oxid­ke­ra­mi­sche, durch Kurz­fa­sern ver­stärk­te Ver­bund­werk­stof­fe sind bis­lang noch wenig erforscht, eig­nen sich aber für eine Viel­zahl von Anwen­dun­gen im Hoch­tem­pe­ra­tur-Leicht­bau, bei­spiels­wei­se in der Luft- und Raum­fahrt oder in der Ener­gie­wirt­schaft. Eine maß­ge­schnei­der­te Pro­duk­ti­on von Bau­tei­len aus die­sen Mate­ria­li­en ist auf das Know-how von Fach­leu­ten ange­wie­sen, die wis­sen, wie die dafür nöti­gen Faser­spritz­pro­zes­se ver­lau­fen müs­sen. Attrak­tiv wäre es, wenn die­se Fach­leu­te ohne gro­ßen Auf­wand einen Robo­ter so steu­ern könn­ten, dass die­ser die kom­ple­xen Faser­spritz­pro­zes­se auch in Klein­se­ri­en exakt und repro­du­zier­bar aus­führt. Genau hier setzt das neue Bay­reu­ther Pro­jekt „Flex­Fi­ber“ an. Es zielt auf ein Robo­ter­sy­stem ab, das von Expert*innen intui­tiv – also ohne Pro­gram­mier­kennt­nis­se – fle­xi­bel bedient wer­den kann. Bau­tei­le sol­len mit den jeweils ange­streb­ten For­men, Struk­tu­ren und Eigen­schaf­ten auto­ma­tisch gefer­tigt werden.

Prof. Dr. Dominik Henrich (li.) und Prof. Dr.-Ing. Stefan Schafföner (re.) vor der Roboterzelle zur Herstellung von Bauteilen aus Faserverbundwerkstoffen. © UBT / Chr. Wißler

Prof. Dr. Domi­nik Hen­rich (li.) und Prof. Dr.-Ing. Ste­fan Schaffö­ner (re.) vor der Robo­ter­zel­le zur Her­stel­lung von Bau­tei­len aus Faser­ver­bund­werk­stof­fen. © UBT / Chr. Wißler

„An der Uni­ver­si­tät Bay­reuth haben wir eine gra­phi­sche Play­back-Robo­ter­pro­gram­mie­rung ent­wickelt, die sich für dis­kre­te Pro­zes­se, bei­spiels­wei­se das Zusam­men­set­zen von Pro­duk­ten aus ein­zel­nen Bau­tei­len, schon bewährt hat. Die­ses System wol­len wir im Rah­men von ‚Flex­Fi­ber‘ auf kon­ti­nu­ier­li­che Pro­zes­se erwei­tern. Hier­bei muss der Faser­ver­bund­werk­stoff in einer opti­mier­ten Robo­ter­be­we­gung bei mög­lichst wenig Mate­ri­al­ver­brauch auf eine Nega­tiv­form auf­ge­sprüht wer­den,“ sagt Prof. Dr. Domi­nik Hen­rich, Inha­ber des Robo­tik-Lehr­stuhls an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Künf­tig sol­len Expert*innen, die alle Pro­duk­ti­ons­schrit­te – ange­fan­gen von der Bereit­stel­lung der Roh­ma­te­ria­li­en bis hin zu den Struk­tu­ren und Eigen­schaf­ten des fer­ti­gen Bau­teils – im Detail über­blicken, das Robo­ter­sy­stem dem­entspre­chend intui­tiv bedie­nen kön­nen. Alle Pro­duk­ti­ons­schrit­te, ein­schließ­lich der Ansteue­rung von Peri­phe­rie-Gerä­ten, wer­den dann auto­ma­ti­siert und zugleich exakt repro­du­zier­bar ablau­fen kön­nen. Fach­leu­te blei­ben also auch in Zukunft unent­behr­lich. Sie sol­len aber ihr Know-how direkt dem Robo­ter­sy­stem ver­mit­teln kön­nen, ohne einen Robo­ter­pro­gram­mie­rer ein­schal­ten zu müs­sen, was stets die Gefahr von Infor­ma­ti­ons­ver­lu­sten und Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen birgt.

Der Werkzeugkopf mit einem darunter liegenden fertigen Bauteil aus oxidkeramischem Faserverbundwerkstoff. © UBT / Chr. Wißler

Der Werk­zeug­kopf mit einem dar­un­ter lie­gen­den fer­ti­gen Bau­teil aus oxid­ke­ra­mi­schem Faser­ver­bund­werk­stoff. © UBT / Chr. Wißler

Pro­jekt­part­ner an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ist Prof. Dr.-Ing. Ste­fan Schaffö­ner, Inha­ber des Lehr­stuhls Kera­mi­sche Werk­stof­fe. Hier wer­den im Rah­men von „Flex­Fi­ber“ oxid­ke­ra­mi­sche Ver­bund­werk­stof­fe erforscht, die ver­stär­ken­de Kurz­fa­sern mit einer Län­ge zwi­schen 14 und 60 Mil­li­me­tern ent­hal­ten. Die­se noch jun­gen Mate­ria­li­en haben ein brei­tes Anwen­dungs­po­ten­zi­al. Sie ver­lei­hen Bau­tei­len, die unter sehr hohen Tem­pe­ra­tu­ren und bei plötz­li­chen Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen unein­ge­schränkt funk­ti­ons­tüch­tig blei­ben müs­sen, die nöti­ge Sta­bi­li­tät. „Es sind mei­stens klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men, die sol­che Bau­tei­le mit hohem Zeit- und Kosten­auf­wand in Klein­se­ri­en anfer­ti­gen. Sie wer­den von einer Auto­ma­ti­sie­rung die­ser Pro­zes­se, die mit einer fle­xi­blen Anpas­sung an die jeweils gefor­der­ten Bau­teil-Eigen­schaf­ten ein­her­geht, erheb­lich pro­fi­tie­ren kön­nen,“ sagt Prof. Dr.-Ing. Ste­fan Schafföner.

Das von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) für drei Jah­re geför­der­te Pro­jekt ist ein Bei­spiel für die sich der­zeit ver­stär­ken­de Zusam­men­ar­beit zwi­schen Infor­ma­tik und Inge­nieur­wis­sen­schaf­ten auf dem Cam­pus der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Ver­lau­fen die For­schungs­ar­bei­ten erfolg­reich, wird schon bald eine neue Fer­ti­gungs­tech­no­lo­gie – in Ver­bin­dung mit einem attrak­ti­ven, viel­fäl­tig ein­setz­ba­ren Werk­stoff – für den Hoch­tem­pe­ra­tur-Leicht­bau zur Ver­fü­gung stehen.