Erkrank­te Feu­er­sa­la­man­der aus dem Stei­ger­wald erfolg­reich therapiert

Feuersalamander
Feuersalamander

Eine Chan­ce für den Feu­er­sa­la­man­der – Mach­bar­keits­stu­die im Auf­trag des Natur­schut­zes zeigt Wege, um die gefähr­de­te Amphi­bi­en­art nach­hal­tig zu schützen

Der Feu­er­sa­la­man­der ist in Bay­ern auf Grund des Ver­lu­stes sei­ner Lebens­räu­me ohne­hin schon gefähr­det. Das mar­kan­te Tier lebt haupt­säch­lich in und um sen­si­ble Quell­be­rei­che der Mit­tel­ge­bir­ge sowie in alpi­nen Berei­chen. Doch nun bedroht zusätz­lich der ein­ge­schlepp­te Haut­pilz Batrachoch­ytri­um sala­man­dri­vorans (Bsal) die cha­ris­ma­ti­sche hei­mi­sche Sala­man­der­art und könn­te sogar zu ihrem Aus­ster­ben füh­ren. Die­se Gefahr abzu­wen­den ist eines der Zie­le eines gemein­sa­men Pro­jek­tes der drei baye­ri­schen Natur­schutz­ver­bän­de LBV (Lan­des­bund für Vogel- und Natur­schutz), BUND Natur­schutz und LARS (Lan­des­ver­band für Amphi­bi­en- und Rep­ti­li­en­schutz). In des­sen Rah­men haben die Natur­schüt­zer und Natur­schüt­ze­rin­nen eine Mach­bar­keits­stu­die bei den Exper­ten von Frogs & Fri­ends in Auf­trag gege­ben, die nun zeigt: Um die gene­ti­sche Viel­falt der Feu­er­sa­la­man­der zu sichern, müs­sen Tie­re in mensch­li­che Obhut genom­men wer­den. „Wir dür­fen kei­ne Zeit mehr ver­lie­ren. Es geht um die Fra­ge, wel­che Maß­nah­men not­wen­dig sind, um das Über­le­ben des Feu­er­sa­la­man­ders lang­fri­stig zu sichern“, erläu­tert Dr. Andre­as von Lind­ei­ner, Lan­des­fach­be­auf­trag­ter Natur­schutz des LBV.

2020 wur­den im Stei­ger­wald erst­mals von Bsal befal­le­ne Feu­er­sa­la­man­der in Bay­ern nach­ge­wie­sen. Im Ruhr­ge­biet und der Eifel sowie den angren­zen­den Gebie­ten in Bel­gi­en bezie­hungs­wei­se den Nie­der­lan­den hat der Pilz Teil­po­pu­la­tio­nen bereits aus­ge­löscht. Im Rah­men des vom baye­ri­schen Umwelt­mi­ni­ste­ri­um geför­der­ten Arten­hilfs­pro­gramms (AHP) Feu­er­sa­la­man­der haben der LBV und sei­ne Pro­jekt­part­ner des­halb eine Mach­bar­keits­stu­die in Auf­trag gege­ben, um Mög­lich­kei­ten für das lang­fri­ste Über­le­ben der Feu­er­sa­la­man­der auszuloten.

Die Ergeb­nis­se die­ser Mach­bar­keits­stu­die, die unter der Feder­füh­rung der Arten­schutz­ex­per­ten von Frogs & Fri­ends ent­stan­den ist, zei­gen nun: Um den Feu­er­sa­la­man­der in Bay­ern vor dem Aus­ster­ben zu bewah­ren, müs­sen Tie­re aus unter­schied­li­chen Stand­or­ten in mensch­li­che Obhut genom­men und Ex-situ, also außer­halb ihres natür­li­chen Lebens­rau­mes, gehal­ten wer­den. So sol­len gene­tisch viel­fäl­ti­ge Zucht­stäm­me ent­ste­hen, die als Reser­ve­po­pu­la­ti­on die­nen. „Unser Ziel ist es, schnel­ler zu sein als der Pilz. Also nicht erst zu reagie­ren, wenn die Art fast aus­ge­stor­ben ist. Wir müs­sen pro­ak­tiv han­deln, solan­ge wir noch die Mög­lich­keit dazu haben“, sagt Björn Encke, Geschäfts­füh­rer von Frogs & Friends.

Die Mach­bar­keits­stu­die hält fest, wel­che unter­schied­li­chen Hal­tungs­mög­lich­kei­ten und Erfah­run­gen es bereits gibt, woher die Tie­re kom­men soll­ten, um die bestehen­de Viel­falt zu erhal­ten und wie das Vor­ha­ben prak­tisch umge­setzt wer­den kann. Ein Maß­nah­men­pa­ket sieht vor, in einer fünf­jäh­ri­gen Initial­pha­se zuerst eine brei­te fach­li­che Exper­ti­se auf­zu­bau­en und ein Netz­werk an mög­li­chen Stand­or­ten für die Zucht der Feu­er­sa­la­man­der auf­zu­bau­en. Dafür sind finan­zi­el­le Mit­tel von knapp über einer hal­ben Mil­li­on Euro nötig. Hier­für bemü­hen sich die betei­lig­ten Part­ner um För­de­run­gen des Bun­des und der Länder.

Zunächst sol­len Feu­er­sa­la­man­der aus drei Popu­la­tio­nen ent­nom­men und auf fünf Stand­or­te mit unter­schied­li­chen Hal­tungs­for­men auf­ge­teilt wer­den. Vor­ge­se­hen ist eine Zusam­men­ar­beit mit pro­fes­sio­nel­len Insti­tu­tio­nen wie Zoos, aber auch das Wis­sen von Privathalter*innen soll ein­flie­ßen. „Zusam­men­fas­send lässt sich sagen, dass Feu­er­sa­la­man­der bei einer eher trocke­nen, aber sehr hygie­ni­schen Hal­tung am besten gedei­hen. Wich­tig ist, dass sie unter­schied­li­che Milieus ange­bo­ten bekom­men und so selbst wäh­len kön­nen, was sie gera­de brau­chen“, berich­tet Dr. Johan­nes Pen­ner von Frogs & Fri­ends, der die Stu­die feder­füh­rend zusam­men­ge­stellt hat. Das zen­tra­le Manage­ment könn­te durch Citi­zen Con­ser­va­ti­on (CC) über­nom­men wer­den. Die­se Initia­ti­ve von Zoos und Pri­vat­hal­tern betreut inzwi­schen 17 Art­erhal­tungs­pro­gram­me für vom Aus­ster­ben bedroh­te Tierarten.

Erste Erfah­run­gen konn­ten bereits gesam­melt wer­den: Unter mensch­li­cher Obhut wur­den in der Qua­ran­tä­ne­sta­ti­on des Nürn­ber­ger Tier­gar­tens bereits fünf von Bsal befal­le­ne Feu­er­sa­la­man­der aus dem frän­ki­schen Stei­ger­wald erfolg­reich the­ra­piert. Die geheil­ten Feu­er­sa­la­man­der kön­nen nicht zurück in ihren kon­ta­mi­nier­ten Lebens­raum und blei­ben zunächst im Tier­gar­ten. Eine Mög­lich­keit, Tie­re in ihrem natür­li­chen Lebens­raum zu behan­deln, gibt es momen­tan nicht. „Am Bei­spiel des Feu­er­sa­la­man­ders ent­steht gera­de ein Modell, wie ein Netz­werk aus Experten*innen, Enthusiast*innen, öffent­li­chen und pri­va­ten Ein­rich­tun­gen sowie Behör­den nach­hal­ti­gen Arten­schutz betrei­ben kann. Wir freu­en uns sehr, Bestand­teil die­ses Netz­werks zu sein“, erklärt Dag Encke, Direk­tor des Nürn­ber­ger Tiergartens.

Als soge­nann­te Ver­ant­wor­tungs­art steht der Feu­er­sa­la­man­der unter beson­de­rem staat­li­chem Schutz in Deutsch­land, ent­spre­chend ein­dring­lich ist der Appell des LBV-Bio­lo­gen Dr. Andre­as von Lind­ei­ner: „Was wir brau­chen, ist eine natio­na­le Stra­te­gie zum Schutz des Feu­er­sa­la­man­ders vor der Bsal-Epi­de­mie. Die vor­lie­gen­de Mach­bar­keits­stu­die bil­det hier­für eine exzel­len­te Grund­la­ge. Auf Fach­ebe­ne haben wir die nöti­gen Part­ner bei­sam­men. Was es jetzt braucht, ist ein staat­li­ches Bekennt­nis zur Ver­ant­wor­tung für den Feu­er­sa­la­man­der, also ein natio­na­les Arten­hilfs­pro­gramm, das auch die Ex-situ-Hal­tung beinhaltet.“

Alle Ergeb­nis­se der Stu­die sind ein­seh­bar unter lbv​.de/​f​e​u​e​r​s​a​l​a​m​a​n​d​e​r​-​p​r​o​j​ekt sowie auf den Web­sei­ten von BUND Natur­schutz, LARS und Citi­zen Conservation.


Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen Arten­hilfs­pro­gramm Feu­er­sa­la­man­der in Bayern

Seit März 2021 set­zen sich die baye­ri­schen Natur­schutz­ver­bän­de LBV, BUND Natur­schutz und LARS im gemein­sa­men Arten­hilfs­pro­gramm (AHP) für den im Frei­staat gefähr­de­ten Feu­er­sa­la­man­der ein. Bis August 2024 zäh­len haupt- und ehren­amt­li­che Artenschützer*innen in acht ver­schie­de­nen Schwer­punkt­ge­bie­ten Bay­erns die Lar­ven des Feu­er­sa­la­man­ders in den bekann­ten Laich­ge­bie­ten, um einen Über­blick über den Sta­tus quo zu bekom­men und Bestands­ein­brü­che früh­zei­tig zu erken­nen. Ein wich­ti­ger Bestand­teil des AHP sind auch kon­kre­te Maß­nah­men zur Opti­mie­rung von Feu­er­sa­la­man­der-Lebens­räu­men. Das AHP wird durch das baye­ri­sche Umwelt­mi­ni­ste­ri­um geför­dert. Part­ner sind ins­be­son­de­re die Uni­ver­si­tät Trier, die Orga­ni­sa­ti­on Citi­zen Con­ser­va­ti­on, der Ver­ein Frogs & Fri­ends e.V. und der Tier­gar­ten Nürn­berg. Das Ziel der Part­ner­schaf­ten ist der Auf­bau eines Netz­wer­kes für den Schutz des Feu­er­sa­la­man­ders in allen gefähr­de­ten Gebie­ten Deutsch­lands, Öster­reichs und der Schweiz, das auf der Basis der Mach­bar­keits­stu­die und der erho­be­nen Frei­land­da­ten des AHPs in Bay­ern den Behör­den recht­zei­tig ein modell­haf­tes Schutz­pro­gramm anbie­ten kann. Das AHP mit sei­nen Part­nern ist ein Para­de­bei­spiel für den soge­nann­ten One Plan Approach der Welt­na­tur­schutz­uni­on IUCN, in dem die Exper­ti­se von Frei­land­bio­lo­gen, Tier­hal­tern und Wis­sen­schaft­lern gebün­delt wird zu einem ganz­heit­li­chen Ret­tungs­pro­gramm für eine bedroh­te Arten­grup­pe und ihren Lebensraum.

Im Rah­men des Vor­trags „Arten­hilfs­pro­gramm für den Feu­er­sa­la­man­der in Bay­ern“ am 8. März im Vor­trags­saal des Natur­kun­de­hau­ses im Tier­gar­ten Nürn­berg gibt Mal­vina Hop­pe, Gewäs­ser­öko­lo­gin beim LBV, einen tie­fe­ren Ein­blick in das AHP. Beginn ist um 19.30 Uhr. Eine Anmel­dung ist nicht notwendig.