Tourismus in der Fränkischen Schweiz, Folge 6: Klettern

Klettern an Felswand im Wiesenttal. © wiesentbote.de
Klettern an Felswand im Wiesenttal. © wiesentbote.de

Klettern in der Region – seit fast 200 Jahren sehr populär

Durch die Entdeckung und Erforschung der Höhlen und durch das romantisch inspirierte Landschaftsbild besuchen immer mehr Touristen die Region, darunter auch viele sportlich motivierte. Klettern ist in der Fränkischen Schweiz seit rekordverdächtigen 198 Jahren ein großer Trendsport. In der Tourismusbranche wird geschätzt, dass derzeit alljährlich rund 200 000 Kletterer hier unterwegs sind, um einige der rund 11.000 Kletterrouten zu bezwingen oder sich in den Kletterhallen und Kletterwäldern zu vergnügen. Was wenige nur wissen: das Klettern hier ist 40 Jahre älter als in der Sächsischen Schweiz, das sich als “eines der ältestes Kletterparadiese der Erde“ bezeichnet.

Das Grab der Kletterlegende Wolfgang Güllich in Obertrubach. Foto: Reinhard Löwisch

Das Grab der Kletterlegende Wolfgang Güllich in Obertrubach. Foto: Reinhard Löwisch

Ein Grund für den hohen Bekanntheitsgrad des Klettersports sind in jüngerer Zeit drei sehr bekannte Sportlernamen, die untrennbar mit dem modernen Klettern verbunden sind: Wolfgang Güllich, war „der Star“ unter den Kletterern in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Er kletterte als erster im 11-er Schwierigkeitsbereich und er war Double von Sylvester Stallone im Film Cliffhanger. Güllich starb damals noch vor der Filmpremiere bei einem Verkehrsunfall; er liegt seit 27 Jahren auf dem Obertrubacher Friedhof begraben, da er am liebsten im Trubachtal kletterte.

Kurt Albert, der in Muggendorf zu Hause war und aus Nürnberg stammte, gilt als Erfinder des Rotpunktkletterns und damit des Freikletterns. 1973 begann er damit, Touren die er ohne Haken beklettert hat, mit einem roten Punkt zu markieren. Seine Definition des Rotpunktkletterns ist „der sturz- und ruhefreie Vorstieg einer Route nur an natürlichen Griffen und Tritten“. Er revolutionierte damit das Klettern und seine Rotpunktrouten gelten noch heute als die schwierigsten Routen für Extremkletterer.

Der dritte im Bunde ist Oskar Bühler, der nicht nur den Bühler-Haken erfunden hat, sondern auch den sehr bekannten Kletterführer für den Frankenjura, der 1949 erstmals auf den Markt kam. Sein heute noch verwendeter Bohrhaken zur Absicherung von Kletterrouten besteht aus nichtrostendem Stahl und ist in einem Stück gebogen. Die beiden Enden sind miteinander verschweißt und in ein Felsloch einzementiert. Ein Teil der Kletterausrüstung von Oskar Bühler liegt im Maasenhaus-Museum in Betzenstein. Die „Gipfelbücher“ von Wolfgang Güllichs Grab verwahrt die Gemeinde Obertrubach.

Der zweite Grund könnte darin liegen, dass die Region zu den ältesten Klettergebieten Deutschlands zählt und daher seit vielen Jahren einen sehr hohen Bekanntheitsgrad besitzt. Das Klettern begann in der Fränkischen Schweiz 40 Jahre früher als in der Sächsischen Schweiz, das sich heute „als eines der ältestes Klettergebiete der Erde“ betrachtet.

Klettern am Richard-Wagner-Fels bei Obertrubach. Foto: Reinhard Löwisch

Klettern am Richard-Wagner-Fels bei Obertrubach. Foto: Reinhard Löwisch

Im Reiseführer von Johann Baptist Lachmüller über das Walberlafest aus dem Jahr 1822 findet sich die älteste Kletterbeschreibung: „Einzelne Felsenspitzen, welche von dem südlichen Rande des Berges abgerissen dastehen, sieht man Waghälse kühn ersteigen, um mit der bläulichten Ferne zugleich die senkrechte Tiefe des nahen Abgrundes zu sehen. Uns schaudert vor dem gefährlichen Genusse, den ein plötzlicher Windstoß so leicht mit dem Leben des Kühnen bezahlen könnte.“

Organisiert waren die Kletterer damals in den Sektionen des Alpenvereins, in Touristenklubs und ähnlichen. Der Vereinszweck der war meist dem „Wander- und Klettersport zu pflegen und die Geselligkeit der Mitglieder zu heben“. 1938 berichtete August Sieghardt in seinem Reiseführer über die Fränkische Schweiz erstmals, dass das Trubachtal wegen seiner Felsen „ein vielbesuchtes Klettergebiet“ sei. Wie schon bei der Entdeckung der Region durch das Vorhandensein zahlreicher Höhlen verdankt die Fränkische Schweiz einer weiteren geologischen Besonderheit den Ruf als bekanntestes Klettergebiet Deutschlands. Der Fels besteht aus Dolomit und nicht aus reinem Kalk, weshalb die Steinoberfläche eine vielfältige Feinstruktur aufweist: Löcher, Leisten und Dellen, die das Klettern hier, fast überall ermöglichen.

Reinhard Löwisch

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Über den Autor:

Reinhard Löwisch

Reinhard Löwisch

Reinhard Löwisch ist ein „Reisender wie er im Buch steht“. Als gelernter Zugbegleiter arbeitete er 14 Jahre am Hauptbahnhof Nürnberg und lernte dabei ganz Deutschland kennen. Von August 1992 bis Juli 2020 war er Mitarbeiter der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz. In den 28 Jahren seiner Dienstzeit, bekam er den Tourismus in der Region “hautnah“ mit und war bei allen Aktionen und Projekten ganz vorne mit dabei. Dabei hat er eine Menge an Erfahrungen gesammelt und seine Liebe zur Heimatkunde tat ein Übriges, um daraus die richtigen Schlüsse und Verknüpfungen zu ziehen. Dazwischen verbrachte der Autor vier Jahre als „Rucksacktourist“ in den USA und Südostasien. Alles zusammengenommen ein reicher Wissensschatz den er über Jahrzehnte angesammelt hat. Seine Erfahrungen in der Heimat hat er nun in einem Buch zusammengefasst, woraus wir in den folgenden Wochen einige Themen vorstellen werden.