Schney: Maus­oh­ren sor­gen für Groß­ein­satz in der Kirchturmspitze

Lichtenfels: Mausohren sorgen für Großeinsatz in der Kirchturmspitze Februar 2023
Die fleißigen Helfer nach getaner Arbeit: (v.li.n.re.) Julia Dummert, Georg Kremer, Erich Kretzschmar, Ulrike Schmitt, André Steffen, Thomas Fischer, Ulrich Völker, Tanja Vincent, Günther Schels. Foto: Landratsamt Lichtenfels/Johanna Reihs

Unte­re Natur­schutz­be­hör­de und Fle­der­maus­exper­ten star­ten mit Hel­fern des Kir­chen­vor­stands und Pfar­re­rin Vin­cent Säu­be­rungs­ak­ti­on im Glocken­stuhl der Schney­er Kirche

Lichtenfels: Mausohren sorgen für Großeinsatz in der Kirchturmspitze Februar 2023

Johan­na Reihs (rechts) von der UNB infor­mier­te vor Beginn der Akti­on über die Vor­ge­hens­wei­se und dar­über, was beach­tet wer­den soll­te. Foto: Land­rats­amt Lichtenfels/​Heidi Bauer

Die Maus­oh­ren sind aus­ge­flo­gen – in ihr Win­ter­quar­tier. Was sie hin­ter­las­sen haben, ist im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes eine schö­ne Besche­rung: Das Holz des Glocken­turms der Schney­er Kir­che ächzt unter dem Gewicht des Fle­der­maus­kots, der sich hier im Lauf der Jah­re ange­sam­melt hat. Zeit für einen Groß­ein­satz unter der Feder­füh­rung der unte­ren Natur­schutz­be­hör­de (UNB) des Landratsamtes.

Lichtenfels: Mausohren sorgen für Großeinsatz in der Kirchturmspitze Februar 2023

Rund drei Stun­den schau­fel­ten die Hel­fe­rin­nen und Hel­fer im Ober­ge­schoss der Kirch­turm­spit­ze den Fle­der­maus­kot in Eimer. Foto: Land­rats­amt Lichtenfels/​Thomas Fischer

Neben der UNB mit Johan­na Reihs, Ulri­ke Schmidt und Tho­mas Fischer, und den sind als wei­te­re Exper­ten die für den Land­kreis Lich­ten­fels zustän­di­ge Fle­der­maus­be­ra­te­rin und Natur­park­ran­ge­rin Julia Dum­mert sowie der ehren­amt­li­che Fle­der­maus­be­ra­ter für den Land­kreis Lich­ten­fels, Ulrich Völ­ker, Natur­schutz­wäch­ter Georg Kre­mer, sowie vom Schney­er Kir­chen­vor­stand André Stef­fen, Gün­ter Sche­ler und Erich Kretz­schmar und auch Pfar­re­rin Tan­ja Vin­cent zur Stelle.

Es ist ein son­ni­ger Don­ners­tag im Febru­ar, an dem sich die zehn Hel­fe­rin­nen und Hel­fer ans Werk machen – ver­se­hen mit Schutz­aus­rü­stung und dem erfor­der­li­chen Hand­werks­zeug, Eimern, Schau­feln, Besen sowie Sei­len und Kara­bi­nern. Die letz­te­ren bei­den Uten­si­li­en wer­den unter den geschick­ten Hän­den von Tho­mas Fischer zu Seil­zü­gen zusam­men­ge­baut und die wie­der­um wer­den unter der Kirch­turm­spit­ze sowie im Glocken­stuhl des Kirch­turms installiert.

Lichtenfels: Mausohren sorgen für Großeinsatz in der Kirchturmspitze Februar 2023

Der Kirch­turm wird seit vie­len Jahr­zehn­ten von einer Maus­oh­ren­ko­lo­nie als Wochen­stu­be genutzt. Foto: Land­rats­amt Lichtenfels/​Heidi Bauer

Lichtenfels: Mausohren sorgen für Großeinsatz in der Kirchturmspitze Februar 2023

Eimer für Eimer muss­ten die Hin­ter­las­sen­schaf­ten der Maus­oh­ren vom Kirch­turm nach unten abge­seilt wer­den. Foto: Land­rats­amt Lichtenfels/​Heidi Bauer

Denn ganz oben lagert der Fle­der­maus­kot auf der Holz­decke über dem Glocken­stuhl. Er muss erst gelockert, in Eimer geschau­felt und durch eine schma­le Luke Eimer für Eimer mit einem Seil zunächst eine Eta­ge tie­fer mit einem Fla­schen­zug in den Glocken­stuhl her­ab­ge­las­sen wer­den, erläu­tert Johan­na Reihs die Vor­ge­hens­wei­se. Von da aus geht der Weg der Exkre­men­te wei­ter über einen zwei­ten Seil­zug durchs Fen­ster ins Freie und in die Tie­fe vor die Kir­che. Dort wird er Eimer für Eimer in Pla­stik­säcke ver­packt, die auf dem Park­platz am Pfarr­zen­trum zum Abtrans­port in die Kom­po­stier­an­la­ge bereit­ge­stellt werden.

„Wir brau­chen drei Teams“, sagt Johan­na Reihs. Die­se for­mie­ren und machen sich umge­hend ans Werk. Zwei Drit­tel der Hel­fe­rin­nen und Hel­fer stap­fen die enge Kir­chen­trep­pe empor. Dann geht es los: „Es ist bereits die drit­te Kir­che, die ich in die­sem Jahr mit sau­ber mache“, sagt Natur­park­ran­ge­rin und Fle­der­maus­be­ra­te­rin Julia Dum­mert. Nur in den Win­ter­mo­na­ten, wenn die Fle­der­mäu­se im Win­ter­quar­tier sind, besteht die Mög­lich­keit, ihre Hin­ter­las­sen­schaf­ten zu entfernen.

Der Kirch­turm wird seit vie­len Jahr­zehn­ten von einer Maus­oh­ren­ko­lo­nie als Wochen­stu­be genutzt. Dar­in zie­hen die Weib­chen gemein­sam ihre Jun­gen auf. Der Kirch­turm hat eine her­aus­ra­gen­de Bedeu­tung für unse­re hei­mi­schen Maus­oh­ren, er wur­de des­halb als FFH-Gebiet unter Natur­schutz gestellt.

Lichtenfels: Mausohren sorgen für Großeinsatz in der Kirchturmspitze Februar 2023

Vor dem Kir­chen­ein­gang wur­den die Hin­ter­las­sen- schaf­ten in Pla­stik­säcke ver­packt. Foto: Land­rats­amt Lichtenfels/​Heidi Bauer

Im Som­mer­halb­jahr ist das Maus­ohr in Bay­ern nahe­zu flä­chen­deckend ver­brei­tet, wobei es auf Gebie­te mit hohem Laub­wald­an­teil als Jagd­re­vier ange­wie­sen ist. Als Nah­rung die­nen dem Gro­ßen Maus­ohr vor allem gro­ße flug­un­fä­hi­ge Groß­in­sek­ten wie zum Bei­spiel Lauf­kä­fer oder Schna­ken, die in unter­wuchs­ar­men Wäl­dern im Flug vom Wald­bo­den auf­ge­sam­melt werden.

Lichtenfels: Mausohren sorgen für Großeinsatz in der Kirchturmspitze Februar 2023

Jeder Eimer muss­te erst den Weg durch die Enge Luke vom Ober­ge­schoss in den Glocken­stuhl und dann wei­ter über das Fen­ster ins Freie trans­por­tiert wer­den. Foto: Land­rats­amt Lichtenfels/​Heidi Bauer

Das Gro­ße Maus­ohr ist eine typi­sche Gebäu­de­fle­der­maus und gilt als Kul­tur­fol­ger. Die Weib­chen schlie­ßen sich im Som­mer in Trupps zu soge­nann­ten Wochen­stu­ben zusam­men, um ihre Jun­gen zu gebä­ren und groß­zu­zie­hen. In Bay­ern befin­den sich die Wochen­stu­ben über­wie­gend in Dach­stüh­len von Kir­chen und in Kirch­tür­men. Gro­ße Wochen­stu­ben kön­nen über 2000 Tie­re umfas­sen. Außer­halb von Wochen­stu­ben sind Maus­oh­ren allei­ne oder in Klein­grup­pen anzu­tref­fen. Den Win­ter ver­bringt das Gro­ße Maus­ohr in frost­si­che­ren unter­ir­di­schen Quar­tie­ren wie Höh­len, Stol­len, Bier­kel­lern und Gewöl­ben. Die Ent­fer­nung zwi­schen den Win­ter- und Som­mer­quar­tie­ren kann dabei meh­re­re hun­dert Kilo­me­ter betragen.

Die Maus­oh­ren, die sich den Glocken­turm der evan­ge­li­schen Schney­er Kir­che als Domi­zil aus­er­ko­ren haben, bil­den die größ­te Kolo­nie im Land­kreis Lich­ten­fels, erläu­tert Ulrich Völ­ker, der ehren­amt­li­che Fle­der­maus­be­ra­ter im Land­kreis Lich­ten­fels. Bei Fle­der­maus­zäh­lun­gen wur­den bereits mehr als 500 Tie­re auf ein­mal gezählt. Ulrich Völ­ker nimmt an, dass auch die Nähe zum Kirch­wei­her eine Rol­le spielt – denn die Maus­oh­ren jagen ihre Beu­te – Insek­ten – in Boden­nä­he und da fin­den sie in näch­ster Nähe zu einem Gewäs­ser genü­gend. Momen­tan sind die Maus­oh­ren im Win­ter­quar­tier, ver­mut­lich in Kel­lern und Höh­len in der frän­ki­schen Schweiz.

„Ich fin­de es super, dass wir so viel Unter­stüt­zung von der UNB, Fle­der­maus­be­ra­tung und frei­wil­li­gen Hel­fern bekom­men haben“, freut sich Pfar­re­rin Tan­ja Vin­cent, die uner­müd­lich die Säcke vom Kir­chen­vor­platz über die Trep­pe hoch zum Park­platz schleppt. „Das ist eine wirk­lich wich­ti­ge Akti­on. Wir hat­ten näm­lich Angst, dass der Kot das Holz des Glocken­stuhls auf Dau­er gefähr­det. Doch um so eine Akti­on zu star­ten, braucht es Fach­leu­te und eine gute Organisation.“

Rund drei Stun­den schau­feln und ver­packen die Hel­fe­rin­nen und Hel­fer, bis die Holz­decke über dem Glocken­stuhl wie­der besen­rein ist. Sage und schrei­be 54 Pla­stik­säcke rei­hen sich am Ende auf dem Park­platz vor dem Pfarr­zen­trum fein säu­ber­lich neben­ein­an­der. Sum­ma sum­ma­rum mehr als ein Kubik­me­ter Fle­der­maus­kot. Die Maus­oh­ren kön­nen sich auf ein sau­be­res Quar­tier für den Som­mer im Kirch­turm freuen.