Lich­ten­fels: Dem Erbe der Zister­zi­en­ser auf der Spur

Lichtenfels: Dem Erbe der Zisterzienser auf der Spur Februar 2023
Bernhard Christoph ist Heimatforscher und Hobbyarchäologe. Nun hat sich der Klosterlangheimer zum zertifizierten Wanderführer auf dem Zisterzienserweg weitergebildet. Bei seinen neuen Führungen durch das Klosterdorf werden die Wasserbauten im Fokus stehen. Foto: Landratsamt Lichtenfels/Heidi Bauer

Hei­mat­for­scher Bern­hard Chri­stoph taucht in die Geschich­te der histo­ri­schen Was­ser­bau­ten des Klo­sters Lang­heim ein

Eine Exkur­si­on in die Regio­nal­ge­schich­te zum Welt­tag der Gäste­füh­rer am 21. Februar

Lichtenfels: Dem Erbe der Zisterzienser auf der Spur Februar 2023

Sie­ben Kir­chen und Kapel­len gab es einst in Klo­ster­lang­heim. Von einer Anhö­he aus erklärt Hei­mat­for­scher Bern­hard Chri­stoph, wel­che Gebäu­de heu­te noch im Orts­bild zu erken­nen sind. Foto: Land­rats­amt Lichtenfels/​Heidi Bauer

„Die Zister­zi­en­ser haben über Jahr­hun­der­te die Kul­tur­land­schaft unse­rer Regi­on geprägt“: Bern­hard Chri­stoph steht auf einer Anhö­he ober­halb von Klo­ster­lang­heim, lässt den Blick über die Sen­ke schwei­fen, um im näch­sten Atem­zug genau­er zu erläu­tern, welch enor­men Ein­fluss die Mön­che des ehe­ma­li­gen Klo­sters Lang­heim in jeg­li­cher Hin­sicht hat­ten. Es ist ein son­nig-kal­ter Febru­ar­tag und da die Bäu­me und Sträu­cher noch kein Laub haben, hat man eine gute Sicht auf die weni­gen noch ver­blie­be­nen alten Klo­ster­ge­bäu­de und Kirchen.

„Hier war die Gärt­ne­rei des Klo­sters und da hin­ter uns, der Stein­bruch“, erklärt Bern­hard Chri­stoph wei­ter. Der Klo­ster­lang­hei­mer Hei­mat­for­scher und Hob­by­ar­chäo­lo­ge hat sich zum zer­ti­fi­zier­ten Wan­der­füh­rer auf dem Zister­zi­enser­weg wei­ter­ge­bil­det. Ein Grund, sich zum „Welt­tag der Gäste­füh­rer“ am 21. Febru­ar mit ihm auf den Weg zu machen und in die Kloster­zeit Lang­heims ein­zu­tau­chen. Ein wei­te­rer ist, dass sich die Regi­on selbst gemein­sam auf den Weg macht, um sich mit dem Pro­jekt „Cis­te­ri­an land­scapes“ für das Euro­päi­sche Kul­tur­er­be-Sie­gel (EKS) zu bewerben.

Im Rah­men des­sen wer­den ab heu­er Bern­hard Chri­stoph und eine wei­te­re zer­ti­fi­zier­te Wan­der­füh­re­rin, Libu­se Ernst aus Kösten, für die Stadt Lich­ten­fels und die Tou­ris­mus­re­gi­on Ober­main-Jura The­men­füh­run­gen und Erleb­nistou­ren zum Erbe der Zister­zi­en­ser im Land­kreis Lich­ten­fels anbie­ten, lässt Regio­nal­ma­na­ge­rin Andrea Musi­ol von der Tou­ris­mus­re­gi­on Ober­main-Jura wissen.

Authen­ti­sche Erlebnisse

Lichtenfels: Dem Erbe der Zisterzienser auf der Spur Februar 2023

Im Hei­mat­mu­se­um – im Schat­ten des impo­san­ten letz­ten erhal­te­nen Trakts des Kon­vent­baus – steht ein Modell, das die Dimen­si­on des ein­sti­gen Klo­sters Lang­heim ein wenig erah­nen lässt, wie Gäste­füh­rer Bern­hard Chri­stoph erläu­tert. Foto: Land­rats­amt Lichtenfels/​Heidi Bauer

„Gäste möch­ten vor allem authen­ti­sche Erleb­nis­se. Das trifft für Natur und Gastro­no­mie eben­so zu, wie für Infor­ma­tio­nen“, so Andrea Musi­ol. „Was kann authen­ti­scher sein, als Men­schen, die fach­kun­dig sind und Emo­tio­nen ver­mit­teln und mit denen man das Gefühl bekommt, etwas Beson­de­res zu erle­ben und zu erfah­ren. Des­halb sind gut aus­ge­bil­de­te Gäste­füh­rer, die ihre Exkur­sio­nen mit Herz und Ver­stand unter­neh­men sehr wichtig.“

„Klo­ster­lang­heim bezie­hungs­wei­se das ehe­ma­li­ge Klo­ster Lang­heim war ein ganz zen­tra­ler Ort am Ober­main“, sagt Bern­hard Chri­stoph. Er wohnt mit sei­ner Fami­lie seit vier Jahr­zehn­ten hier. Sein Arbeits­zim­mer gleicht einer histo­ri­schen Biblio­thek – Bücher, Auf­sät­ze, Fund­stücke von der Stein­zeit bis ins Mit­tel­al­ter. Der Hob­by­ar­chäo­lo­ge und Hei­mat­for­scher hat ein beson­de­res Fai­ble für histo­ri­sche Ver­kehrs­we­ge. Das rührt sicher­lich auch von sei­nem Beruf her: Bis zu sei­nem Ruhe­stand war der 68-jäh­ri­ge Bau­in­ge­nieur bei der Deut­schen Bahn Fach­be­auf­trag­ter für Tun­nel und Erdbauwerke.

So etwas wie die Initi­al­zün­dung für sei­ne Hei­mat­for­scher-Lei­den­schaft war ein Film, den er in der vier­ten Klas­se in der Schu­le gese­hen hat vom Angriff der Schwe­den auf eine Stadt. „Das Inter­es­se an der Geschich­te hat mich seit­her nicht mehr los­ge­las­sen.“ Bern­hard Chri­stoph woll­te immer mehr wis­sen über sei­ne Hei­mat. In sei­ner Zeit als Stu­dent war er mit sei­ner Frau Rosi erst­mals an Aus­gra­bun­gen betei­ligt und kam so all­mäh­lich zum Fos­si­li­en­sam­meln. Das wur­de für bei­de zur Lei­den­schaft – eben­so wie die Archäo­lo­gie. Im Lauf der Jah­re wur­den sie zu Exper­ten der Sied­lungs­ge­schich­te am Ober­main. Bern­hard Chri­stoph kon­zi­pier­te die Kel­ten­we­ge am Ober­main ent­schei­dend mit und ist ehren­amt­li­cher Mit­ar­bei­ter des Lan­des­amts für Denkmalpflege.

Klar, dass er, nach­dem die Fami­lie 1986 nach Klo­ster­lang­heim gezo­gen war, auch die Geschich­te des ehe­ma­li­gen Klo­sters mit erforsch­te. Klo­ster­lang­heim zähl­te neben den Klö­stern Ebrach, Micha­els­berg und Banz zu den ein­fluss­reich­sten des Hoch­stifts Bam­berg. Wäh­rend von letz­te­ren die Bau­sub­stanz noch gut erhal­ten ist, wur­den Tei­le Lang­heims bei einem Groß­brand 1802 zer­stört. Nach der Auf­lö­sung im Rah­men der Säku­la­ri­sa­ti­on wur­den vie­le Gebäu­de ver­kauft und teil­wei­se abge­ris­sen, die Stei­ne für den Bau neu­er Häu­ser und Kir­chen in der Umge­bung ver­wen­det, erläu­tert Bern­hard Christoph.

Einst sie­ben Kir­chen und Kapellen

Lichtenfels: Dem Erbe der Zisterzienser auf der Spur Februar 2023

Bern­hard Chri­stoph und eine wei­te­re zer­ti­fi­zier­te Wan­der­füh­re­rin, Libu­se Ernst aus Kösten, bie­ten ab die­sem Jahr für die Stadt Lich­ten­fels und die Tou­ris­mus­re­gi­on Ober­main-Jura The­men­füh­run­gen und Erleb­nistou­ren zum Erbe der Zister­zi­en­ser im Land­kreis Lich­ten­fels an.

Erstes Ziel einer Gäste­füh­rung mit ihm ist das Hei­mat­mu­se­um im Schat­ten des impo­san­ten letz­ten erhal­te­nen Trakts des Kon­vent­baus: Hier steht ein Modell, das die Dimen­si­on des ein­sti­gen Klo­sters Lang­heim ein wenig erah­nen lässt. Wel­che Wirt­schafts­kraft der Orden hat­te, zei­ge auch die Tat­sa­che, dass der Bau der Basi­li­ka Vier­zehn­hei­li­gen aus den lau­fen­den Ein­nah­men finan­ziert wer­den konn­te, stellt der Gäste­füh­rer her­aus. Allein in Klo­ster Lang­heim selbst habe es einst sie­ben Kir­chen und Kapel­len gege­ben. Mit die­sem Wis­sen aus­ge­stat­tet, las­sen sich beim Streif­zug durch den Ort vie­le Relik­te aus der Kloster­zeit leicht wiederentdecken.

Die Zister­zi­en­ser besie­del­ten von Bur­gund aus ganz Euro­pa, errich­te­ten Klö­ster in der Abge­schie­den­heit sump­fi­ger Täler, erklärt Bern­hard Chri­stoph. Sie kul­ti­vier­ten die Land­schaft und hin­ter­lie­ßen Spu­ren in Glau­ben, Wis­sen­schaft und Kul­tur. Euro­pa­weit wei­sen zister­zi­en­si­sche Klo­ster­land­schaf­ten Par­al­le­len auf: Sie zeich­nen sich aus durch aus­ge­klü­gel­ten Was­ser­bau zur Ver- und Ent­sor­gung des Klo­sters und zur Ener­gie­ge­win­nung, umfang­rei­che Teich­wirt­schaft zur Fisch­ver­sor­gung wäh­rend der Fasten­zei­ten, Gran­gien (spe­zia­li­sier­te Wirt­schafts­hö­fe mit ent­spre­chend gro­ßen Par­zel­len für Acker­bau und Vieh­zucht als öko­no­mi­sche Basis der Klo­ster­wirt­schaft), gro­ße Wäl­der zur Bau- und Brenn­holz­ver­sor­gung und Obst‑, Wein- und Hopfenanbau.

In Klo­ster­lang­heim las­se sich das – obwohl vie­les aus dem Orts­bild ver­schwun­den ist – den­noch auch heu­te noch gut erken­nen, so der Hei­mat­for­scher wei­ter beim Rund­gang durch das Klo­ster­dorf. So bei­spiels­wei­se im Wald Rich­tung Eiser­ne Hand, wo der Boden durch die ehe­ma­li­gen Stein­brü­che zer­klüf­tet ist, in der Anla­ge gro­ßer Block­flu­ren oder an den Wirt­schafts­hö­fen. Auch Bild­stöcke und Grenz­mar­kie­run­gen zeu­gen heu­te noch davon. Die Zister­zi­en­ser betrie­ben hier zwei Zie­ge­lei­en, Berg­wer­ke, Eisen­häm­mer, bau­ten eine Chaus­see nach Vier­zehn­hei­li­gen, leg­ten Obst­gär­ten und Fisch­wei­her an, schu­fen Kanä­le, Quell­fas­sun­gen, Was­ser­durch­läs­se und Brücken.

Mit Gum­mi­stie­feln durch die Kanäle

Lichtenfels: Dem Erbe der Zisterzienser auf der Spur Februar 2023

Schö­nes Relikt aus der Kloster­zeit: die zwei­bo­gi­ge Brücke über die Leuch­se an der Chaus­see nach Vier­zehn­hei­li­gen. Foto: Land­rats­amt Lichtenfels/​Hei­di Bauer

Die­se Was­ser­bau­ten des Klo­sters Lang­heim ste­hen im Fokus sei­ner neu­en Füh­run­gen, die in Zusam­men­ar­beit mit der Stadt Lich­ten­fels ent­stan­den sind. Die Exkur­sio­nen, so sei­ne Idee, sol­len etwa zwei bis drei Stun­den dau­ern und sich über zwei bis drei Kilo­me­ter rund ums und durchs Dorf erstrecken. Jah­re­lang hat der Klo­ster­lang­hei­mer die Was­ser­bau­ten im Ort erforscht, Schäch­te und über­bau­te Grä­ben per­sön­lich erkun­det: „Man kann nicht immer auf­recht gehen. Und Gum­mi­stie­fel sind von Vor­teil“, sagt er mit einem ver­schmitz­ten Grin­sen, als er die Abdeckung eines Schachts im Öko­no­mie­hof öff­net und mit einer Taschen­lam­pe kurz hineinleuchtet.

Die Zister­zi­en­ser ent­wickel­ten in Klo­ster­lang­heim im Lauf der Jahr­hun­der­te ein aus­ge­klü­gel­tes System, um die Was­ser­kraft zum Antrieb drei­er Müh­len zu nut­zen und die Klo­ster­an­la­ge durch Kanä­le wie vom Stu­den­ten­wei­her in den Tem­pelsgra­ben und die Schaf­fung von Tei­chen vor Hoch­was­ser schüt­zen. Die Wei­her wie­der­um nutz­ten sie zur Fisch­zucht, infor­miert Chri­stoph, so wie auch heu­te noch von pri­va­ter Seite.

Ger­ne führt der Klo­ster­lang­hei­mer auch zu einem beson­ders schö­nen Relikt aus der Kloster­zeit: die zwei­bo­gi­ge Stein­brücke über die Leuch­se an der Chaus­see nach Vier­zehn­hei­li­gen. Unweit davon fin­det sich eine wei­te­re Beson­der­heit, erklärt der Hei­mat­fort­scher: durch eine Sper­re konn­te die Leuch­se am Zusam­men­fluss mit dem Tem­pelsgra­ben am Orts­aus­gang Rich­tung Mistel­feld bei Bedarf umge­lei­tet und zur Wie­sen­be­wäs­se­rung genutzt werden.

Die gesam­te Geschich­te des Klo­sters sei viel zu umfas­send für eine ein­zi­ge Füh­rung, weiß Bern­hard Chri­stoph. Viel span­nen­der sei es, im Rah­men von The­men­füh­run­gen ein­zel­ne Aspek­te der Zister­zi­en­ser-Kul­tur zu beleuch­ten. Bei den neu­en The­men­füh­run­gen soll die Kul­tur­land­schaft der Zister­zi­en­ser erleb­bar wer­den, unter­streicht Bern­hard Christoph.

Für ihn als Insi­der ein Leich­tes – und als Klo­ster­lang­hei­mer weiß er auch noch die ein oder ande­re Anek­do­te zu erzäh­len, was den Rund­gang noch kurz­wei­li­ger macht. Im ehe­ma­li­gen Öko­no­mie­hof ver­weist der Hei­mat­for­scher dar­auf, wie pro­ble­ma­tisch des­sen Lage bei Hoch­was­ser einst war und dass hier rund­um drei Müh­len ange­sie­delt waren, die alle auf­ge­ho­ben sind, wenn­gleich die Gebäu­de noch bestehen: die Ochsen‑, die Schneid- und die Mahlmühle.

Zister­zi­en­ser als Weg­be­rei­ter des Fortschritts

Die Zister­zi­en­ser sei­en in vie­ler­lei Hin­sicht Weg­be­rei­ter des Fort­schritts und neu­en Din­gen gegen­über sehr auf­ge­schlos­sen gewe­sen, hebt Bern­hard Chri­stoph her­vor. Und beim Blick auf die Pho­to­vol­ta­ik­an­la­ge auf einem nahe­ge­le­ge­nen Feld meint er: „Ich bin mir sicher, der Abt wäre einer der ersten gewe­sen, der solch eine Solar­an­la­ge hät­te instal­lie­ren lassen.“

Inso­fern wäre es span­nend zu wis­sen, wie die Ent­wick­lung wei­ter­ver­lau­fen wäre, wären die Klö­ster nicht säku­la­ri­siert wor­den, fragt sich viel­leicht nicht nur der Heimatforscher.

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