Bau­ar­bei­ter aus dem Land­kreis Bay­reuth fah­ren 454 Mal um die Erde

Erstmals Wegezeit der bauarbeiter auf dem Lohnzettel. Foto; Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Bezirksverband Oberfranken Bayreuth
Bevor sie auf der Baustelle sind, haben Bauarbeiter schon viel Zeit auf dem Asphalt gelassen: „Mal liegt die Baustelle um die Ecke, oft ist sie aber auch weit entfernt“, so die IG BAU. Die Bau-Gewerkschaft hat erreicht, dass die oft langen Fahrten zu den Baustellen jetzt zum ersten Mal bei der Lohnabrechnung auftauchen: Es gibt eine Entschädigung der Wegezeit für Bauarbeiter. ©IG BAU | Alireza Khalili

Zum ersten Mal auf dem Lohn­zet­tel: Ent­schä­di­gung für die Wege zu den Baustellen

Der Lohn­zet­tel für Bau­ar­bei­ter im Land­kreis Bay­reuth sieht dies­mal in einem ent­schei­den­den Punkt anders aus: Zum ersten Mal bekom­men Bau­ar­bei­ter im Febru­ar eine Lohn­ab­rech­nung, auf der die Kilo­me­ter eine Rol­le spie­len, die sie im Janu­ar auf ihrem Weg zu den Bau­stel­len zurück­ge­legt haben. „Das ist eine Pre­miè­re für den Bau: End­lich gibt es eine Ent­schä­di­gung für die Fahr­strecken und damit vor allem für die vie­len Stun­den, die Mau­rer, Beton­bau­er, Kran­füh­rer & Co. Monat für Monat auf der Stra­ße unter­wegs sind. Denn bis­lang hat ein Groß­teil der Bau­ar­bei­ter Zeit und Ner­ven inve­stiert, um zu den Bau­stel­len zu kom­men. Und das alles zum Null-Tarif. Denn die mei­sten Bau­ar­bei­ter haben ihre Zeit für die Fahr­ten zur Bau­stel­le dem Chef ein­fach geschenkt“, sagt Uwe Beh­rendt. Für den Bezirks­vor­sit­zen­den der IG BAU Ober­fran­ken ist die Ent­schä­di­gung der Wege­zeit „ein wich­ti­ger Schritt nach vorn, um die Arbeit auf dem Bau vom Lohn her attrak­ti­ver und gleich­zei­tig auch gerech­ter zu machen“.


Immer­hin sind die Strecken, die Bau­ar­bei­ter auf ihrem Weg zu den Bau­stel­len zurück­le­gen, enorm, so die IG BAU Ober­fran­ken. Die Bau-Gewerk­schaft weiß, wovon sie spricht: Sie hat die Fahr­strecken beim Pest­el-Insti­tut (Han­no­ver) unter­su­chen las­sen. Dem­nach sind rund 710 Bau­ar­bei­ter – und damit neun von zehn Beschäf­tig­ten der Bau­bran­che – im Land­kreis Bay­reuth an 200 Arbeits­ta­gen unter­wegs, um zu den Gebäu­den, Stra­ßen und Brücken zu kom­men, die sie bau­en und sanie­ren sol­len. Für die ein­fa­che Fahrt legen sie dabei im Schnitt 64 Kilo­me­ter zurück. Die Wis­sen­schaft­ler vom Pest­el-Insti­tut kom­men dabei auf rund 18,2 Mil­lio­nen „Bau­stel­len-Kilo­me­ter“ im Jahr. „Rein rech­ne­risch fah­ren die Bau­ar­bei­ter aus dem Land­kreis Bay­reuth damit rund 454 Mal um die Erde. Klar, mal liegt die Bau­stel­le um die Ecke, oft ist sie aber auch weit ent­fernt“, so Uwe Beh­rendt von der IG BAU Ober­fran­ken. Bei der Unter­su­chung sind, so das Pest­el-Insti­tut, für die Mobi­li­tät von Bau­be­schäf­tig­ten rele­van­te Fak­to­ren wie die Sied­lungs­dich­te berück­sich­tigt
.

„Das Ergeb­nis macht deut­lich, dass die, die auf dem Bau arbei­ten, viel Extra-Zeit am Steu­er vom Pkw oder im Bau­bul­li ver­lie­ren. Dabei ist die Wege­zeit nichts ande­res als für den Bau-Job inve­stier­te Lebens­zeit“, sagt Car­sten Bur­ck­hardt. Er ist im IG BAU-Bun­des­vor­stand für die Bau­wirt­schaft zustän­dig und spricht von „enorm Kilo­me­ter-aktiven Bau-Jobs“. Die Fahr­ten zu den Bau­stel­len sei­en „ech­te Zeit­fres­ser“. Trotz­dem sei es ein „har­tes Stück Arbeit“ gewe­sen, die Ent­schä­di­gung der Wege­zeit am Tarif­tisch durch­zu­set­zen. „Die Arbeit­ge­ber haben sich jah­re­lang dage­gen gesträubt“, so Bur­ck­hardt. Die Zei­ten, in denen Fahr­strecken von Bau­ar­bei­tern ein­fach unter den Tep­pich gekehrt wur­den, sei­en jetzt aller­dings end­gül­tig vor­bei: Für die Strecken zwi­schen dem Betrieb und der Bau­stel­le bekom­men Bau­ar­bei­ter, die Tag für Tag von zu Hau­se aus anfah­ren, jetzt je nach Kilo­me­tern zwi­schen 6 und 8 Euro pro Tag. Wer nicht mit dem Bau­bul­li fährt, son­dern das eige­ne Auto nimmt, bekommt wei­ter­hin zusätz­lich Kilo­me­ter­geld. Auch für Fahr­ten mit Bus­sen und Bah­nen gibt es eine Erstat­tung“, erläu­tert Car­sten Burckhardt. Wer auf Mon­ta­ge sei und nicht jeden Tag nach Hau­se fah­ren kön­ne, bekom­me abhän­gig von der Strecke zwi­schen 18 und 78 Euro pro Woche.

Mehr Infos dazu gibt es bei der IG BAU Ober­fran­ken: 09 21 78 77 88 12 und bayreuth@​igbau.​de.
Oder im Inter­net: igbau​.de/​I​n​fos-zur-Wege­zeit­ent­schae­di­gung-ab-1.-januar.html.