19 Syrer sind kein Pro­blem für Waischenfeld

Im Vor­feld bro­del­te an den Stamm­ti­schen die Gerüch­te­kü­che. Nun steht es fest. In das Fach­werk­haus Nr. 3 in der Wai­schen­fel­der Innen­stadt wer­den fünf syri­sche Fami­li­en mit ins­ge­samt 19 Per­so­nen, dar­un­ter acht klei­ne Kin­der im Alter zwi­schen zwei und acht Jah­ren ein­zie­hen. Rund 400 Bür­ge­rin­nen und Bür­ger kamen zur Info­ver­samm­lung in die Sport- und Bür­ger­hal­le um mehr über die geplan­te Flücht­lings­un­ter­kunft zu erfah­ren. Die Emo­tio­nen koch­ten dabei teil­wei­se hoch, doch nach etwa drei Stun­den konn­ten die Mei­sten beru­higt nach Hau­se gehen.

Den vie­len Fra­gen der Wai­schen­fel­der stan­den Land­rat Flo­ri­an Wie­demann (FW), Bür­ger­mei­ster Tho­mas Thiem (CSU), Andre­as Guck von der Poli­zei Peg­nitz, Ingrid Gleiß­ner-Klein und Fried­rich Weid­ner vom Aus­län­der­amt, die Inte­gra­ti­ons­lot­sen Sil­via Her­mann und Mar­kus Mül­ler sowie der Betrei­ber und Besit­zer der Asyl­un­ter­kunft Franz Horn Rede und Ant­wort. Üblich ist so eine Info­ver­samm­lung nicht. Thiem fass­te ein­gangs sei­ne Beden­ken und die der Bür­ger noch ein­mal zusam­men. Die Stadt erfuhr am 1. Febru­ar davon, dass Syrer aus dem Anker­zen­trum Bam­berg in das „sen­si­ble Wohn­zim­mer“ von Wai­schen­feld kom­men. Ein Mit­spra­che­recht hat die Stadt dabei nicht. Thiem bat aber, dass Fami­li­en und nicht nur „jun­ge Her­ren“ Wai­schen­feld zuge­wie­sen wer­den. Land­rat Wie­demann teil­te die­se Sor­ge und setz­te sich per­sön­lich für eine Fami­li­en­un­ter­kunft ein. Wie Thiem sag­te sei die Welt aus den Fugen gera­ten. Er dank­te sei­nen Wai­schen­fel­dern die bis zu 70 Ukrai­ne­flücht­lin­ge pri­vat auf­ge­nom­men haben. „Das haben wir sehr gut geschafft und mit­ein­an­der bewäl­tigt“, so der Bürgermeister.

Men­schen­wür­dig unterbringen

Nun gel­te es auch die Flücht­lin­ge aus Syri­en men­schen­wür­dig unter­zu­brin­gen. Wie­demann hat­te sogar Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz schon per­sön­lich ange­schrie­ben und auf die schwie­ri­ge Situa­ti­on im Land­kreis hin­ge­wie­sen. Der Regie­rung von Ober­fran­ken mache er kei­nen Vor­wurf. Es sei eine Her­aus­for­de­rung die nur Euro­pa und der Bund lösen kann. Nach dem Königs­stei­ner Schlüs­sel liegt die Erfül­lungs­quo­te im Land­kreis erst bei 71,37 Pro­zent. „Mei­ne Auf­ga­be ist es Geflüch­te­te auf­zu­neh­men und die Quo­te zu erfül­len“, so Wie­demann. Bringt er nicht genü­gend Unter­künf­te her, wer­den ihm die Flücht­lin­ge vors Land­rats­amt gekarrt. „Sol­che Schrei­ben der Regie­rung gibt es wirk­lich“, so der Land­rat. „Jetzt machen wir die­se eine Unter­kunft und dann habt ihr erst mal Ruhe“, rief Wie­demann den Wai­schen­fel­dern zu. Für alle Ewig­keit kön­ne er dies aber nicht ver­spre­chen. Es gäbe noch genug ande­re Gemein­den, die ihrer Ver­pflich­tung noch nicht nach­ge­kom­men sind. Der erste Bür­ger der sich zu Wort mel­de­te war Mal­te­ser­chef Man­fred Hupp­mann. Er ver­wies dar­auf das der Geh­steig vor der Haus­tür nur 90 Zen­ti­me­ter breit sei. Dann ist man auf der Staats­stra­ße mit Schwer­last­ver­kehr. Opti­mal, gera­de für klei­ne Kin­der, sei dies nicht, gab ihm Thiem recht. „Haben die rich­ti­ge oder gefälsch­te Päs­se ?“ So die näch­ste Fra­ge. „Die Syrer haben alle ech­te Päs­se und wären blöd wenn sie sie weg­schmei­ßen“, ant­wor­te­te Gleiß­ner-Klein. Stadt­rat Domi­nik Bogner ver­wies dar­auf, dass man län­ger­fri­stig von einem Wech­sel der Haus­be­woh­ner aus­ge­hen müsse.

Wai­schen­feld bleibt ein christ­li­cher Ort

Bis­her ist die Unter­kunft auf ein Jahr befri­stet. Eine wei­te­re Fra­ge war, ob man dann noch Fron­leich­nam fei­ern kön­ne. Wai­schen­feld ist ein christ­li­cher Ort, dazu Thiem der kei­ne Ver­an­las­sung sieht das christ­li­che Brauch­tum nicht mehr zu fei­ern. Jens Mauksch kri­ti­sier­te dass der Info­abend erst statt­fand, als schon alles ent­schei­den war. Ehren­bür­ger Pro­fes­sor Heinz Ger­häu­ser ver­wies dar­auf, das es mit den Ukrai­nern so gut geklappt habe, weil die­se frei­wil­lig auf­ge­nom­men wur­den. Dies sei mit den Syrern anders, denn „sie wer­de uns von oben aufs Auge gedrückt“, war Ger­häu­ser skep­tisch und reg­te an, sich mit der syri­schen Kul­tur zu befas­sen. „Ich möch­te dar­um bit­ten, dass Sie da was orga­ni­sie­ren“, so Ger­häu­ser unter Bei­fall. Applaus ern­te­te auch Alt­bür­ger­mei­ster Edmund Pirkelmann.

Pir­kel­mann mahnt

„Ich fin­de es toll, dass so vie­le Bür­ge­rin­nen und Bür­ger gekom­men sind, um aus erster Hand zu erfah­ren wie die Auf­nah­me in Wai­schen­feld geplant ist.“ Fakt sei das es um Men­schen geht, die sich Wai­schen­feld nicht aus­ge­sucht haben son­dern aus Not und Ver­zweif­lung für ihre Fami­li­en eine neue Zukunft suchen. „Fol­ter und Gefäng­nis erwar­tet sie, wenn sie dort, wo sie her­kom­men nicht lini­en­treu dem Régime sich unter­ord­nen. Die Frei­heit und vie­les mehr wur­de ihnen in Ihrer Hei­mat genom­men“, so Pir­kel­mann. Vor­schlä­ge wie von Chri­stia­ne Sterns­dorff, Begrü­ßungs­päck­chen für die Kin­der zu packen, oder wie von Robert Sön­ning die Men­schen im Sport­ver­ein zu inte­grie­ren, hält Pir­kel­mann für tol­le Ansät­ze mit der die Stadt in ihrer Außen­wir­kung ihre Gast­freund­schaft zum Aus­druck brin­gen kön­ne. „Ich bit­te Sie alle herz­lich den Men­schen die­se Gast­freund­schaft ent­ge­gen zu brin­gen, gera­de als Chri­sten kann dies von uns erwar­tet wer­den“, so Pir­kel­mann. Und wei­ter: „Nut­zen wir die Mög­lich­keit über einen Unter­stüt­zer­kreis eng­sten Kon­takt zu dem sehr offe­nen Betrei­ber anzu­ge­hen, der heu­te zu allen Fra­gen Rede und Ant­wort gab, was nicht selbst­ver­ständ­lich ist“, so Pir­kel­mann. Franz Horn lob­te die Wai­schen­fel­der die die Auf­nah­me der Ukrai­ner gut gemei­stert haben.

Betrei­ber appeliert

Das Haus habe er ursprüng­lich als Feri­en­woh­nung gekauft. So recht abneh­men woll­te ihm dies aller­dings kaum jemand. Er sicher­te zu das sein Haus­mei­ster, der gleich­zei­tig Dol­met­scher ist, am Anfang als Ansprech­part­ner rund um die Uhr vor Ort sein wer­de. Eine Asyl­un­ter­kunft, von denen Horn inzwi­schen fünf in Ober­fran­ken betreibt, ren­tiert sich für einen Betrei­ber erst ab 35 Per­so­nen. 23 Euro bekommt ein Betrei­ber pro Per­son am Tag vom Staat, infor­miert Gleiß­ner-Klein auf Nach­fra­ge unter Zei­tung. Damit muss Herr Horn sämt­li­che ande­ren Kosten, wie Per­so­nal und Instand­hal­tung tra­gen. Allei­ne die Ver­si­che­rung koste 5500 Euro jähr­lich. „Inte­gra­ti­on funk­tio­niert dann sehr gut, wenn wir alle zusam­men hel­fen und umso warm­her­zi­ger wir das betrei­ben, umso leich­ter wird es für uns alle“, appel­lier­te Horn an die Waischenfelder.

Wei­te­re Infos von der INFO-Ver­samm­lung Asyl in Waischenfeld:

Der Lei­ter des Ermitt­lungs­dien­stes der Poli­zei­in­spek­ti­on Peg­nitz, Haupt­kom­mis­sar Andre­as Guck kün­dig­te wäh­rend der Info-Ver­samm­lung zur Asyl­un­ter­kunft an, das die Poli­zei ver­stärkt Strei­fe fah­ren und prä­sen­ter vor Ort sein wird. Dies führ­te zu Gemur­mel im Publi­kum. Wie Guck wei­ter erklär­te, wer­den die fünf syri­schen Fami­li­en die Sicher­heit in Wai­schen­feld nicht in Gefahr brin­gen. In Peg­nitz muss­te die Poli­zei bis­her nur zwei­mal zu einer Asyl­un­ter­kunft aus­rücken. Dort sind aller­dings meist nur jun­ge Män­ner unter­ge­bracht und es han­del­te sich ledig­lich um eine Ruhe­stö­rung und einen exter­nen Flücht­ling der nicht Bewoh­ner der Unter­kunft war. „Sie leben in der sicher­sten Regi­on im Regie­rungs­be­zirk, wenn nicht in ganz Deutsch­land“, rief Guck den Wai­schen­fel­dern zu. Die Auf­klä­rungs­quo­te der PI Peg­nitz liegt bei 75 bis 80 Prozent.

Gestaf­felt nach Alter bekommt ein Asyl­su­chen­der bis zu 140 Euro Taschen­geld im Monat. Dies teil­te Fried­rich Weid­ner vom Aus­län­der­amt am Land­rats­amt Bay­reuth auf Nach­fra­ge unse­rer Zei­tung mit. Für den Kauf von Lebens­mit­teln gibt es pro Per­son 250 bis 300 Euro im Monat. Der Rest sind Sach­lei­stun­gen. Die Unter­kunft, Strom Was­ser und Abwas­ser wird kom­plett vom Land­rats­amt getra­gen. Eben­so wie mög­li­che Eltern­bei­trä­ge für den Besuch eines Kin­der­gar­tens. Der Betrei­ber einer Asyl­un­ter­kunft bekommt pro unter­ge­brach­ter Per­son 23 Euro pro Tag. Dafür muss er aber sämt­li­che Haus­ne­ben­ko­sten und Per­so­nal­ko­sten selbst tragen.

Inte­gra­ti­ons­be­auf­trag­te Sil­via Her­mann infor­mier­te, das Flücht­lin­ge Anspruch auf Deutsch­kur­se haben. Die­se fin­den aber nur in Bay­reuth statt und sind aktu­ell für die näch­sten Mona­te schon kom­plett aus­ge­bucht. Die War­te­li­sten sind lang. „Wenn jemand Inter­es­se hat, mit den Men­schen Deutsch zu üben“, wür­de uns dass sehr freu­en“, so Her­mann. Schul­pflich­ti­ge Kin­der wür­den ohne­hin sehr schnell deutsch ler­nen. Der Wil­le der Men­schen aus Syri­en zu arbei­ten ist extrem hoch. Ab dem drit­ten Monat in Deutsch­land bekom­men sie eine Arbeitserlaubnis.