Bay­reu­ther Wis­sen­schaft­li­cher ebnen Weg für Refa­bri­ka­ti­on von Batteriesystemen

Tom Rüther (r.) mit seinem Kollegen Gregor Ohnemüller bei der Messung von Batteriezellen.
Tom Rüther (r.) mit seinem Kollegen Gregor Ohnemüller bei der Messung von Batteriezellen. (Uni Bayreuth)

Bay­reu­ther Inge­nieu­re haben einen neu­en Weg zur Ana­ly­se des Bat­te­rie­zu­stands gefun­den. Er zeigt schnell und unauf­wän­dig, ob eine Bat­te­rie kom­plett ersetzt wer­den muss oder ob es reicht, nur eine der ent­hal­te­nen Bat­te­rie­zel­len zu erset­zen. Das war bis­her nur durch umfang­rei­che Mess­vor­gän­ge feststellbar.

Wenn eine Bat­te­rie – ob im Akku­schrau­ber, Elek­tro­fahr­rad oder E‑Auto – nicht mehr aus­rei­chend Ener­gie oder Lei­stung auf­weist, hat sie offen­sicht­lich ihr Lebens­en­de erreicht. „Wenn man dann ein­fach fest­stel­len könn­te, dass nur eine ein­zel­ne Zel­le, nicht die kom­plet­te Bat­te­rie an ihrem Lebens­en­de ist, müss­te man nur die­se, nicht den gan­zen Akku­pack erset­zen“, berich­tet Tom Rüt­her, Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter am Lehr­stuhl Elek­tri­sche Ener­gie­sy­ste­me und am Baye­ri­schen Zen­trum für Bat­te­rie­tech­nik (Bay­Batt) der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Aber: „Die Ent­schei­dung für die beste kreis­lauf­wirt­schaft­li­che Opti­on für geal­ter­te oder defek­te Akku­packs – d.h. zunächst die Repa­ra­tur, Wie­der­auf­be­rei­tung zur Wei­ter­ver­wen­dung anstel­le einer nach­fol­gen­den stoff­li­chen Ver­wer­tung – erfor­dert bis­her umfas­sen­de Mes­sun­gen, Ana­ly­sen und eine ent­spre­chen­de Daten­grund­la­ge“, sagt Rüt­her. Er hat jetzt gemein­sam mit Kol­le­gen unter der Lei­tung von Prof. Dr-Ing. Dan­zer eine Alter­na­ti­ve vor­ge­legt und die Erkennt­nis­se dar­über im Fach­jour­nal „Applied Ener­gy“ veröffentlicht.

In Bay­reuth arbei­tet man inner­halb des BMBF-Pro­jekts _​ReDesign_​des Kom­pe­tenz­clu­ster _​greenBatt_​an Ver­bes­se­run­gen hin zur Cir­cular Eco­no­my (Kreis­lauf­wirt­schaft) im Bat­te­rie-Bereich. Hier geht es vor allem um die Refa­bri­ka­ti­on von Akku­packs: Dies bezieht sich auf den Aus­tausch ein­zel­ner (Teil-) Modu­le oder Zel­len, die defekt sind oder ein abwei­chen­des Alte­rungs­ver­hal­ten im Ver­gleich zum Rest der Bat­te­rie­ein­hei­ten auf­wei­sen. Ob eine signi­fi­kan­te Ungleich­heit im Zustand der Akkus vor­liegt oder ob alle Zel­len gleich geal­tert sind, wird bis­her anhand die­ser auf­wän­di­gen Mes­sun­gen erkannt.

In Bay­reuth wird das durch Digi­ta­li­sie­rung ver­ein­facht: Es wer­den vir­tu­el­le Bat­te­rie­mo­du­le auf der Grund­la­ge der Mes­sung von ein­zel­nen Zel­len des­sel­ben Typs erstellt. Die Schwan­kun­gen von Zel­le zu Zel­le wer­den zu Beginn der Lebens­dau­er bestimmt. Dar­aus resul­tiert eine Art „ide­al­ty­pi­sches Bat­te­rie­mo­dul“ unter Berück­sich­ti­gung von sta­ti­sti­schen Schwan­kun­gen. Für die quan­ti­ta­ti­ve und qua­li­ta­ti­ve Ana­ly­se ist das ein neu­ar­ti­ger ver­glei­chen­der Ana­ly­se­an­satz. Die Merk­ma­le der in Serie ver­bun­de­nen Zel­len wer­den dabei unter­sucht und mit denen einer ungleich­mä­ßig geal­ter­ten Ver­schal­tung ver­gli­chen. Für die viel­ver­spre­chend­sten Merk­ma­le wird eine detail­lier­te Emp­find­lich­keits­ana­ly­se durch­ge­führt, bei der der Ein­fluss der Zell-zu-Zell-Varia­tio­nen, der Alte­rungs­be­din­gun­gen und des Alte­rungs­me­cha­nis­mus unter­sucht wird. Das Merk­mal mit der höch­sten Emp­find­lich­keit, das soge­nann­te nie­der­fre­quen­te Mini­mum, ist in der Lage, ein­zel­ne Aus­rei­ßer inner­halb einer gro­ßen Anzahl von seri­ell ver­bun­de­nen Zel­len zu erken­nen. Hier­mit wer­den erst­mals gezielt Inho­mo­ge­ni­tä­ten inner­halb eines Akku­packs ent­deckt. Rüt­her fasst zusam­men: „Wir haben damit eine Metho­de gefun­den, um öko­no­misch weni­ger auf­wän­dig als bis­her her­aus­zu­fin­den, ob ein Bat­te­rie­mo­dul ungleich­mä­ßig geal­tert ist, was uns neue Hand­lungs­mög­lich­keit bei der Bewer­tung von unter­schied­li­chen Kreis­lauf­wirt­schafts­op­tio­nen gibt.“

„Für die Refa­bri­ka­ti­on von Bat­te­rie­mo­du­len oder ‑syste­men, bspw. aus der Elek­tro­mo­bi­li­tät, und der Wei­ter­nut­zung geeig­ne­ter Zel­len oder Modu­le anstel­le deren Ver­schrot­tung ist die Zustands­be­wer­tung eine wesent­li­che Vor­aus­set­zung. Ent­spre­chen­de Ana­ly­se­me­tho­den sind daher wich­ti­ger Tür­öff­ner für Wert­erhalt und Wei­ter­ver­wen­dung“ resü­miert Dr.-Ing. Bernd Rose­mann, Aka­de­mi­scher Direk­tor am Lehr­stuhl Umwelt­ge­rech­te Pro­duk­ti­ons­tech­nik und Pro­jekt­lei­ter des BMBF-Pro­jek­tes _​Redesign_​am Baye­ri­schen Zen­trum für Bat­te­rie­tech­nik (Bay­Batt) an der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Damit hebt sich die Bay­reu­ther For­schung von den wei­te­ren Zie­len des BMBF-For­schungs­clu­ster _​greenBatt_​ab: Die­se küm­mern sich vor allem um das stoff­li­che Recy­celn, also die Rück­ge­win­nung von Mate­ria­li­en und Stof­fen aus Bat­te­rien und deren Rück­füh­rung in den Stoff­kreis­lauf. Das _green­Bat­t_-Team am Bay­Batt wid­met sich jedoch ganz bewusst der Refa­bri­ka­ti­on, also dem Wie­der­auf­be­rei­ten auf Tei­le- bzw. Modu­le­be­ne und damit dem Wie­der­nutz­bar­ma­chen von Bat­te­rien, wel­che sich ver­meint­lich an ihrem Lebens­en­de befinden.

Zur Publi­ka­ti­on: 1. Bear­bei­tung in BMBF-Pro­jekt Green­Bat­tery, ReDe­sign 01.21–11.23., Aktu­el­le Publi­ka­ti­on 19.12.22, Jour­nal Paper: Applied Ener­gy (https://​doi​.org/​1​0​.​1​0​1​6​/​j​.​a​p​e​n​e​r​g​y​.​2​0​2​2​.​1​2​0​514 [1]), Rüt­her, T. (Cor­re­spon­ding Aut­hor), Plank, C., Scha­mel, M., Dan­zer, M. A.