Bam­ber­ger Land­schafts­pfle­ge­ver­band star­tet mehr­jäh­ri­ges Streuobstprojekt

Blick auf eine Streuobstwiese bei Lohndorf © Christine Hilker / LPV Bamberg
Blick auf eine Streuobstwiese bei Lohndorf © Christine Hilker / LPV Bamberg

Streu­obst hat Tradition

Blü­hen­de Obst­bäu­me, knor­ri­ge Baum­ge­stal­ten, Höh­len für Vogel­brut, bun­te Wie­sen mit Schmet­ter­lin­gen und Insek­ten, all das bie­ten Streu­obst­be­stän­de. Streu­obst­wie­sen und ‑äcker ver­fü­gen über einen enor­men Arten­reich­tum und beher­ber­gen bis zu 5.000 ver­schie­de­ne Tier- und Pflan­zen­ar­ten. Sie gehö­ren zur tra­di­tio­nel­len frän­ki­schen Kul­tur­land­schaft, glie­dern und prä­gen die Feld­flur und stel­len wich­ti­ge Rück­zugs­räu­me und Bio­top­ver­bund­ele­men­te dar.

Umstruk­tu­rie­run­gen in der Land­wirt­schaft, Flur­be­rei­ni­gun­gen und eine gerin­ge­re Wert­schät­zung haben zu einem mas­si­ven Weg­fall von Streu­obst­be­stän­den geführt. Der Rück­gang seit dem Jahr 1965 wird auf ca. 70 % bezif­fert. Schät­zun­gen besa­gen, dass immer noch ca. 100.000 Bäu­me pro Jahr ver­schwin­den. Mit dem Ver­lust der Streu­obst­wie­sen und ‑äcker gehen nicht nur wert­vol­le Lebens­räu­me für Flo­ra und Fau­na ver­lo­ren, son­dern auch alte Tra­di­tio­nen und regio­na­le Obstsorten.

Zum Glück nimmt in den letz­ten Jah­ren das Inter­es­se am Streu­obst wie­der zu. Im Zuge des Streu­obst­pak­tes der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung sol­len bis 2035 eine Mil­li­on neue Obst­bäu­me gepflanzt wer­den. Zur Umset­zung die­ses Ziels sind auch Streu­obst-Groß­pro­jek­te in Schwer­punkt­re­gio­nen ange­dacht. Das Pro­jekt „Land­kreis Bam­berg – Streu­obst hat hier Tra­di­ti­on“, wel­ches im Janu­ar 2023 beim Land­schafts­pfle­ge­ver­band Lkr. Bam­berg e.V. gestar­tet ist, ist eines der zwei ersten gro­ßen ober­frän­ki­schen Umset­zungs­pro­jek­te für den Baye­ri­schen Streu­obst­pakt. Das vier­jäh­ri­ge Pro­jekt hat das Ziel, die bestehen­den Streu­obst­be­stän­de im Land­kreis Bam­berg lang­fri­stig zu sichern, neue Streu­obst­wie­sen und ‑äcker anzu­le­gen und den Schnitt von Obst­bäu­men in den Blick zu neh­men. „Wir sind stolz, dass der Land­schafts­pfle­ge­ver­band als einer der ersten in Bay­ern den Zuschlag für ein Streu­obst­groß­pro­jekt bekom­men hat“, freut sich Land­rat Johann Kalb, „Streu­obst ist ein essen­ti­el­ler Bestand­teil unse­rer Kul­tur- und Natur­land­schaft. Es ist wich­tig, dass er nun wie­der mehr Auf­merk­sam­keit bekommt.“

„Wir möch­ten Bewirt­schaf­ter und Eigen­tü­mer ermu­ti­gen, wie­der mehr Streu­obst­bäu­me zu pflan­zen“, erklärt Chri­sti­ne Hil­ker, Ansprech­part­ne­rin für Streu­obst beim Land­schafts­pfle­ge­ver­band. „Vie­le Bestän­de sind über­al­tert und pfle­ge­be­dürf­tig. Lei­der sind jah­re­lang nur weni­ge Bäu­me nach­ge­pflanzt wor­den, so dass wir eine gro­ße Lücke in der Alters­struk­tur der Obst­wie­sen haben. Wir müs­sen jetzt aktiv wer­den, damit auch unse­re Kin­der und Enkel regio­na­les Obst ern­ten kön­nen“, so Hil­ker wei­ter. Die Kri­sen der letz­ten Jah­re hät­ten gezeigt, wie wich­tig eine Lebens­mit­tel­pro­duk­ti­on vor Ort ist. „Auch Streu­ob­stäcker wol­len wir in den Blick neh­men und zu deren Erhalt sowie der Neu­an­la­ge bera­ten, infor­mie­ren und unter­stüt­zen“, erläu­tert Julia Eberl, Streu­obst­pro­jekt­ma­na­ge­rin beim Land­schafts­pfle­ge­ver­band. „Streu­ob­stäcker waren frü­her in Fran­ken eine gän­gi­ge Wirt­schafts­wei­se als Fol­ge der frän­ki­schen Real­tei­lung. Zukünf­tig wird der Pflan­zung von Bäu­men in Äckern mit Blick auf den Kli­ma­wan­del eine neue Bedeu­tung zukom­men“, erklärt die Bio­lo­gin. Die Obst­bäu­me kön­nen die Ver­dun­stung, den Was­ser­ab­fluss und die Wind­er­o­si­on auf den Äckern reduzieren.

Das neue Pro­jekt nimmt auch Natur­schutz­aspek­te in den Fokus und will Streu­obst­wie­sen mit bio­top­ver­bes­sern­den Maß­nah­men wie der Anla­ge von Tot­holz­hau­fen, Stein­rie­geln oder dem Anbrin­gen von spe­zi­el­len Nist­kä­sten z. B. für Wen­de­hals oder Stein­kauz auf­wer­ten. Durch Kar­tie­run­gen von Wild­bie­nen, Vögeln und holz­be­woh­nen­den Käfern kön­nen wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen gewon­nen und die Ergeb­nis­se bei zukünf­ti­gen natur­schutz­fach­li­chen Ent­schei­dun­gen berück­sich­tigt werden.

Das gan­ze Pro­jekt wird in enger Koope­ra­ti­on mit der Unte­ren und Höhe­ren Natur­schutz­be­hör­de, dem Streu­obst­be­ra­ter, dem Streu­obst­ko­or­di­na­tor sowie den Kreis­fach­be­ra­tern für Gar­ten­kul­tur und Lan­des­pfle­ge und den ver­schie­de­nen Ver­bän­den durch­ge­führt. Die Kreis­fach­be­ra­tung bie­tet schon seit vie­len Jah­ren Schu­lun­gen im fach­ge­rech­ten Erzie­hungs­schnitt von Jung- und Alt­bäu­men an. Dies soll gemein­sam mit dem Land­schafts­pfle­ge­ver­band noch­mal inten­si­viert wer­den, denn der Schnitt der Obst­bäu­me trägt zum gesun­den Her­an­wach­sen und zur Lang­le­big­keit der Bäu­me bei und unter­stützt damit die Nach­hal­tig­keit der Pflan­zun­gen. Um die Öffent­lich­keit ein­zu­bin­den und zu infor­mie­ren, wird außer­dem ein bun­tes Pro­gramm mit Exkur­sio­nen und Aktio­nen auf den Weg gebracht. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Pro­jekt fin­det man unter www​.lpv​-bam​berg​.de.


Streu­obst­be­gei­ster­te gesucht

Der Land­schafts­pfle­ge­ver­band sucht inter­es­sier­te Flächeneigentümer*innen und ‑bewirtschafter*innen, die auf ihren Wie­sen und Äckern Obst­bäu­me pflan­zen möch­ten. Es gibt gute För­der­mög­lich­kei­ten und der Ver­band berät zu allen Fra­gen rund um die Neu­an­la­ge, die Ergän­zung von Lücken und die Erwei­te­rung von Streu­obst­wie­sen sowie die Pfle­ge ver­brach­ter Streu­obst­wie­sen. Bei Inter­es­se und Fra­gen zum För­der­pro­gramm wen­den Sie sich ger­ne an Julia Eberl (julia.​eberl@​lra-​ba.​bayern.​de, 0951/85–9550) oder Chri­sti­ne Hil­ker (christine.​hilker@​lra-​ba.​bayern.​de, 0951/85–553) vom Land­schafts­pfle­ge­ver­band Land­kreis Bamberg.

Der Baye­ri­sche Streuobstpakt

Die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung hat im Okto­ber 2021 den „Baye­ri­schen Streu­obst­pakt“ zusam­men mit zahl­rei­chen Ver­bän­den unter­zeich­net. Ziel ist, den der­zei­ti­gen Streu­obst­be­stand in Bay­ern zu erhal­ten sowie eine Mil­li­on Streu­obst­bäu­me neu zu pflan­zen. Die Streu­obst­be­stän­de sind akut gefähr­det: Seit 1965 sind 70 Pro­zent der Streu­obst­be­stän­de in Bay­ern ver­schwun­den. Die Staats­re­gie­rung will die Umset­zung des Baye­ri­schen Streu­obst­pak­tes bis 2035 mit ins­ge­samt über 600 Mil­lio­nen Euro unter­stüt­zen. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen unter: www​.stmuv​.bay​ern​.de/​t​h​e​m​e​n​/​n​a​t​u​r​s​c​h​u​t​z​/​n​a​t​u​r​s​c​h​u​t​z​f​o​e​r​d​e​r​u​n​g​/​s​t​r​e​u​o​b​s​t​p​a​k​t​/​i​n​d​e​x​.​htm