Weih­bi­schof Gös­sl und Prä­lat Kestel pre­di­gen zu Weih­nach­ten über „Woke­ness“ und „Zei­ten­wen­de“

Symbolbild Religion

„Frie­de kommt nicht allein durch das Schwei­gen der Waffen“

Weih­bi­schof Her­wig Gös­sl hat in sei­ner Weih­nachts­pre­digt zur Wach­sam­keit gegen­über allen For­men der Dis­kri­mi­nie­rung und Aus­gren­zung auf­ge­ru­fen. „Ich hal­te Wach­sam­keit für wich­tig, damit sich bei uns nicht Ver­hal­tens­wei­sen ein­schlei­chen oder kul­ti­vie­ren, die Men­schen aus­gren­zen und bedro­hen“, sag­te der Diö­ze­san­ad­mi­ni­stra­tor am ersten Weih­nachts­tag in sei­ner Pre­digt im Bam­ber­ger Dom. „Ras­sis­mus, Anti­se­mi­tis­mus und Frem­den­feind­lich­keit dür­fen in unse­rer Gesell­schaft kei­nen Platz haben, erst recht nicht unter Christen.“

Gös­sl ging dabei auf den umstrit­te­nen Begriff „Woke­ness“ ein. Es sei gut, dass die Sen­si­bi­li­tät wach­se, damit sich nicht Extre­mi­sten durch­set­zen, weil die Mehr­heit geschla­fen habe. Die Wach­sam­keit müs­se sich auch noch aus­wei­ten auf die welt­wei­ten sozia­len Unge­rech­tig­kei­ten wie die Fol­gen von Krie­gen und Kli­ma­wan­del. „Ich sehe aber auch die Pro­ble­me bei dem, was ich bei der geleb­ten Woke­ness unse­rer Tage wahr­neh­me: Es ist die tota­le Fixiert­heit auf das Nega­ti­ve, das es zu bekämp­fen gilt.“ Es sei nicht vor­stell­bar, wie aus einer solch kämp­fe­ri­schen Grund­hal­tung eine gute, fried­vol­le Zukunft wach­sen sol­le, mahn­te Gössl.

Der weih­nacht­li­che Glau­be zei­ge eine ande­re Form der Wach­sam­keit auf: „Die Men­schen müs­sen wach­sam sein, denn Got­tes Kom­men in die­se Welt ist nicht offen­sicht­lich. Es voll­zieht sich im Ver­bor­ge­nen, aber es schenkt tie­fe Zufrie­den­heit, den Anfang allen Frie­dens.“ Frie­de sei die gro­ße Sehn­sucht die­ser Tage. Frie­de kom­me jedoch nicht auto­ma­tisch allein durch die Äch­tung von Krieg, durch das Schwei­gen der Waf­fen oder einen Frie­dens­schluss: „Frie­de wächst viel­mehr aus der inne­ren Zufrie­den­heit der Men­schen, aus einer Hal­tung der Dank­bar­keit, der Genüg­sam­keit und der Demut. Wer immer mehr haben und sein will als die ande­ren, der wird nie zu einem fried­li­chen Men­schen“, sag­te Gössl.

In der Christ­met­te am Hei­li­gen Abend ging Prä­lat Georg Kestel im Dom auf den Begriff „Zei­ten­wen­de“ ein, der das Wort des Jah­res 2022 gewor­den ist. Die Geburt Jesu sei eine Zei­ten­wen­de für die Mensch­heit. In Bet­le­hem sei der Frie­den auf Erden als Ver­hei­ßung und Hoff­nung pro­kla­miert wor­den, die in Jeru­sa­lem mit dem Tod Jesu am Kreuz und der Auf­er­ste­hung voll­endet wur­de. Die Ver­kün­di­gung durch die Jün­ger habe eine Zei­ten­wen­de in Gang gesetzt, die bis heu­te welt­weit anhal­te, bei allen Schwä­chen und Feh­lern der nach­fol­gen­den Chri­sten­ge­ne­ra­tio­nen, so der Stän­di­ge Ver­tre­ter des Diözesanadministrators.

Die Engel hät­ten den Hir­ten eine Zei­ten­wen­de ange­sagt mit den Wor­ten „Fürch­tet euch nicht!“ Mit der Geburt Jesu und sei­nem spä­te­ren Han­deln sei die Zeit vor­bei, in der Reli­gi­on auf Macht, Gewalt und Ein­schüch­te­rung gesetzt habe. Gott sei nicht Eigen­tum der Kon­ser­va­ti­ven oder der Pro­gres­si­ven, auch nicht der Athe­isten, die mei­nen, dass es ihn gar nicht gebe. „Gott ent­zieht sich den all­zu Selbst­si­che­ren und Glau­bens­eif­ri­gen und nähert sich denen, die gar nicht mehr mit ihm gerech­net haben“, so Kestel. „Er ist uns mög­li­cher­wei­se näher in unse­ren Fra­gen und Zwei­feln als in stol­zer Selbst­ge­wiss­heit und im demon­stra­ti­ven Glaubensstolz.“

Weih­nach­ten zei­ge auch, dass Geduld eine der wich­tig­sten Chri­sten­tu­gen­den sei: „Der Mes­si­as wird ange­kün­digt, dann fin­den die Hir­ten ein klei­nes Kind in der Krip­pe. Die ver­spro­che­ne Zei­ten­wen­de lässt noch auf sich war­ten. Aber genau so kommt Gott in die Welt. Er tritt uns ent­ge­gen im Klei­nen und Unschein­ba­ren. Sein Wort ist lei­se im Lärm unse­rer Zeit.“