Der Betrof­fe­nen­bei­rat der Erz­diö­ze­se Bam­berg kri­ti­siert die geplan­te Ver­lei­hung der Ehren­bür­ger­wür­de an den zurück­ge­tre­te­nen Erz­bi­schof Lud­wig Schick

„Eine Ernen­nung von Erz­bi­schof em. Lud­wig Schick zum Ehren­bür­ger der Stadt zum jet­zi­gen Zeit­punkt wür­de von vie­len Betrof­fe­nen als ein Schlag ins Gesicht wahr­ge­nom­men werden“

Pres­se­er­klä­rung des Betrof­fe­nen­bei­rats von Geschä­dig­ten durch sexu­el­len, gewalt­tä­ti­gen und geist­li­chen Miss­brauch im Erz­bis­tum Bam­berg anläss­lich des Vor­schlags der Ver­lei­hung der Ehren­bür­ger­wür­de durch die Stadt Bam­berg für Erz­bi­schof em. Lud­wig Schick und des Rück­tritts von sei­nem Amt als Erz­bi­schof von Bamberg

Der Betrof­fe­nen­bei­rat der Erz­diö­ze­se Bam­berg nimmt mit Erstau­nen zur Kennt­nis, dass unmit­tel­bar nach dem Rück­tritt des Erz­bi­schofs der Vor­schlag gemacht wird, ihm die Ehren­bür­ger­wür­de der Stadt Bam­berg zu ver­lei­hen. Zen­tra­le Auf­ga­be des Betrof­fe­nen­bei­rats ist es immer wie­der, auf die Anlie­gen und Sicht­wei­sen der Miss­brauchs­op­fer der Diö­ze­se auf­merk­sam zu machen, und ihnen eine Stim­me zu geben.

Herr Erz­bi­schof em. Schick hat sich, ohne jeden Zwei­fel, wäh­rend sei­ner Amts­zeit für die Regi­on Bam­berg in den ver­schie­den­sten Berei­chen sehr ver­dient gemacht, womit man die­se Ehrung recht­fer­ti­gen könn­te. Zudem wur­den mit der Beru­fung der Miss­brauchs­be­auf­trag­ten, der Auf­ar­bei­tungs­kom­mis­si­on und des Betrof­fe­nen­bei­rats der Auf­ar­bei­tung des Miss­brauchs in der Diö­ze­se end­lich eine Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur gege­ben. Auch in Sachen Prä­ven­ti­on ist viel gesche­hen.

Gleich­wohl sind wäh­rend der Amts­zeit von Herrn Erz­bi­schof Schick vie­le Miss­brauchs­fäl­le bekannt gewor­den. In vie­len die­ser Fäl­le muss von Sei­ten des Betrof­fe­nen­bei­rats fest­ge­stellt wer­den, dass sich wäh­rend der Amts­zeit des Erz­bi­schofs bestimm­te Muster im Umgang der Diö­ze­se beob­ach­ten lie­ßen:

Auf Sei­ten der Miss­brauchs­be­trof­fe­nen wer­den Infor­ma­tio­nen nur scheib­chen­wei­se bekannt­ge­ge­ben, Opfer wur­den häu­fig nicht gese­hen und ihr Leid nicht ent­spre­chend gewür­digt, häu­fig gab es nur gering­fü­gi­ge Entschädigungen.

Auf Sei­te der Täter kann man häu­fig einen inkon­se­quen­ten und nach­sich­ti­gen Umgang erken­nen, der Mit­ar­bei­ter­schutz ging vor dem Opfer­schutz, Straf­an­zei­gen wur­den in vie­len Fäl­len nicht gestellt, die Taten häu­fig ver­harm­lost und heruntergespielt.

Vie­le Betrof­fe­ne von sexu­el­lem Miss­brauch und Gewalt in der Diö­ze­se berich­ten sehr ähn­li­che Geschich­ten, wie mit ihnen durch Ver­tre­ter der Diö­ze­se in den letz­ten 20 Jah­ren umge­gan­gen wur­de, was erneut als ver­let­zend, beschä­mend, ver­un­si­chernd, sowie krän­kend erlebt wur­de und man­che auch wütend und krank gemacht hat. Vie­le wur­den so von Sei­ten der Ver­ant­wort­li­chen des Bis­tums erneut in ihrer Wür­de verletzt.

Der ehe­ma­li­ge Erz­bi­schof hat kei­ne unmit­tel­ba­re juri­sti­sche Ver­ant­wor­tung für die Taten, die began­gen wur­den. Er hat­te aber sehr wohl eine sehr gro­ße Ver­ant­wor­tung dafür, wie mit den Tätern und den Miss­brauchs­be­trof­fe­nen wäh­rend sei­ner Amts­zeit umge­gan­gen wurde.

In näch­ster Zeit wird ein Gut­ach­ten durch die Diö­ze­se in Auf­trag gege­ben, das u. a. den Miss­brauch in der Diö­ze­se umfas­send erfasst, den Umgang mit den Tätern und den Betrof­fe­nen auf­ar­bei­tet und die Rol­le der jewei­li­gen Ver­ant­wort­li­chen wie den Bischö­fen beleuch­tet. Die Ergeb­nis­se die­ses Gut­ach­tens soll­ten aus Sicht des Betrof­fe­nen­bei­rats auf jeden Fall abge­war­tet wer­den, bevor über die Fra­ge einer Ehrung ent­schie­den wird. Eine Ernen­nung von Erz­bi­schof em. Lud­wig Schick zum Ehren­bür­ger der Stadt zum jet­zi­gen Zeit­punkt wür­de von vie­len Betrof­fe­nen als ein Schlag ins Gesicht wahr­ge­nom­men wer­den.

Dem Rück­tritt des Erz­bi­schofs gebührt selbst­ver­ständ­lich Respekt. Gleich­wohl ist es unver­ständ­lich, dass er genau zu dem Zeit­punkt zurück­tritt, in dem der Auf­ar­bei­tungs­pro­zess der Miss­brauchs­fäl­le im Kon­text der katho­li­schen Kir­che in der Erz­diö­ze­se in Gang kommt. Er hät­te die ver­blei­ben­de Amts­zeit auch dazu nut­zen kön­nen, auf die Miss­brauchs­op­fer ernst­haft und enga­giert zuzu­ge­hen, damit Man­ches wie­der gut zu machen und sich für ange­mes­se­ne Ent­schä­di­gun­gen und Hil­fen ein­zu­set­zen. Er hät­te glaub­wür­dig und ent­schie­den den Auf­ar­bei­tungs­pro­zess in der Diö­ze­se von Sei­ten der Bis­tums­lei­tung för­dern und vor­an­trei­ben kön­nen. Er hat sich mit dem Rück­tritt ent­schie­den, dies nicht mehr zu tun. Letzt­end­lich ist die­se Art des Rück­zugs von Herrn Erz­bi­schof Schick aus Sicht des Betrof­fe­nen­bei­rats unbe­frie­di­gend und ent­täu­schend! Sein erst in meh­re­ren Mona­ten fest­ste­hen­der Nach­fol­ger muss nach Amts­an­tritt zuerst über die Miss­brauchs­fäl­le umfas­send infor­miert wer­den, um sei­ne Posi­ti­on dabei zu fin­den. Dies wird sehr zeit­in­ten­siv sein, es ist daher zu befürch­ten, dass die Auf­ar­bei­tung ins Stocken gerät. Wir erle­ben das bereits zur­zeit, dass sich Gesprächs­ter­mi­ne zeit­lich verzögern.

Es bleibt somit für den Betrof­fe­nen­bei­rat ledig­lich zu hof­fen und zu for­dern, dass der Nach­fol­ger im Bam­ber­ger Bischofs­amt die­se Auf­ga­ben end­lich mit Vor­rang, ernst­haft und enga­giert angeht.