Phil­ate­li­sti­sche „Kos­mos­vor­le­sung“ in Bayreuth

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Span­nen­der Aus­flug in die Welt der Brief­mar­ken zu Alex­an­der von Humboldt

Der Titel der dies­jäh­ri­gen Kos­mos­vor­le­sung ver­sprach nicht zu viel: Peter Korn­ef­fel, frei­er Aus­lands­kor­re­spon­dent und ZEIT-Rei­sen­der auf Hum­boldts Spu­ren in Latein­ame­ri­ka, begab sich mit dem Publi­kum, dar­un­ter eini­ge Mit­glie­der des Brief­mar­ken­samm­ler­ver­eins Bay­reuth auf eine wahr­lich unglaub­li­che Rei­se in die Welt der Philatelie.

Kulturforumsvorsitzender Hartmut Koschyk (rechts) sowie den Referenten mit einem kleinen Gastgeschenk, ein von einer Frauen-Kooperative in Bolivien handgefertigtes Humboldt-Püppchen in dankbarer Erinnerung an Alexander von Humboldts Eintreten für die Unabhängigkeit der Staaten Lateinamerikas.  © Dagmar Bauer

Kul­tur­fo­rums­vor­sit­zen­der Hart­mut Koschyk (rechts) sowie den Refe­ren­ten mit einem klei­nen Gast­ge­schenk, ein von einer Frau­en-Koope­ra­ti­ve in Boli­vi­en hand­ge­fer­tig­tes Hum­boldt-Püpp­chen in dank­ba­rer Erin­ne­rung an Alex­an­der von Hum­boldts Ein­tre­ten für die Unab­hän­gig­keit der Staa­ten Latein­ame­ri­kas. © Dag­mar Bauer

Der Vor­sit­zen­de des Alex­an­der von Hum­boldt-Kul­tur­fo­rums begrüß­te die Gäste in der „schön­sten Stu­be Ober­fran­kens“, dem Land­rats­saal der Regie­rung von Ober­fran­ken, den die anwe­sen­de Regie­rungs­prä­si­den­tin Heid­run Piwer­netz ein wei­te­res Mal für die tra­di­tio­nel­le Kos­mos­vor­le­sung zur Ver­fü­gung gestellt hatte.

Was gibt es für vie­le Din­ge, die nach und nach aus unse­rem täg­li­chen Leben ver­schwin­den: den Tauch­sie­der, die Post­kut­schen, das Tele­fax, aber bedau­er­li­cher­wei­se auch Tier- und Pflan­zen­ar­ten. Und auch die Brief­mar­ke hat in einer Welt der elek­tro­ni­schen Post an Bedeu­tung ver­lo­ren. Für einen Viel­schrei­ber wie Alex­an­der von Hum­boldt wäre das eine Kata­stro­phe gewe­sen, hat er doch mehr als 60.000 Brie­fe auf den Weg gebracht. Zunächst geschah das u. a. tat­säch­lich schwim­mend, mit Post­kut­sche oder per Schiff, bevor im Jahr 1840 der Eng­län­der Row­land Hill die Brief­mar­ke erfand, die ab 1850 auch Deutsch­land erober­te – mit König Fried­rich Wil­helm IV als Motiv – und so einen gere­gel­ten Post­aus­tausch ermöglichte.

Schon ein Jahr nach Hum­boldts Tod, 1860, wur­de der Name „Hum­boldt“ erst­mals auf eine Brief­mar­ke gedruckt. Der Post­kut­schen­be­trei­ber Samu­el Lang­ton aus dem US-Bun­des­staat Neva­da bot sei­ne Dien­ste zur Post­be­för­de­rung an und gab dazu 1860 eine Brief­mar­ke von 25 Cent als Auf­schlag für die unweg­sa­me Strecke von Car­son City zu den Sil­ber­mi­nen im Hum­boldt Can­yon, beti­telt mit dem Namen „Hum­boldt-Express“, heraus.

Titel des Vortrags von Peter Korneffel © Dagmar Bauer

Titel des Vor­trags von Peter Korn­ef­fel © Dag­mar Bauer

Die erste Brief­mar­ke, die den gro­ßen Uni­ver­sal­ge­lehr­ten auch selbst abbil­de­te, erschien aber erst im Jahr 1950 in der dama­li­gen DDR anläss­lich des 250. Grün­dungs­ta­ges der deut­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten in Ber­lin (in wel­che Hum­boldt im Jahr 1800 mit 30 Jah­ren neben zahl­rei­chen renom­mier­ten Gelehr­ten) als Che­mi­ker auf­ge­nom­men wor­den war.

Peter Korn­ef­fel ist es in erstaun­li­cher Wei­se gelun­gen, alle Hum­boldt-Brief­mar­ken aus 25 Län­dern (über 100!) – soweit bekannt – voll­stän­dig als unge­stem­pel­te, ori­gi­na­le Exem­pla­re zu erwer­ben. Er hat dies in einem bemer­kens­wer­ten klei­nen Büch­lein auf­ge­li­stet und mit akri­bisch genau recher­chier­tem Detail­wis­sen in span­nen­de Hin­ter­grund­ge­schich­ten verpackt.

Mehr als bemer­kens­wert ist die Tat­sa­che, dass jede zwei­te Brief­mar­ke mit Alex­an­der von Hum­boldt als Motiv aus einem süd­ame­ri­ka­ni­schen Land stammt. Selbst süd­ame­ri­ka­ni­sche Län­der wie Chi­le und Boli­vi­en (neben ande­ren euro­päi­schen, afri­ka­ni­schen oder asia­ti­schen Län­dern), die Hum­boldt nie bereist hat, haben Mar­ken mit dem Uni­ver­sal­ge­lehr­ten her­aus­ge­bracht, um ihre tie­fe Ver­eh­rung für den Wis­sen­schaft­ler zum Aus­druck zu bringen.

Neben der Viel­falt und der Schön­heit, die den Hum­boldt-Brief­mar­ken inne­wohnt, stellt sich dem Betrach­ter die Fra­ge, war­um, ja war­um nur die­sem Genie in Deutsch­land, wo er gebo­ren wur­de, wo er wirk­te und von wo aus er die glo­ba­le Wis­sen­schaft ent­schei­dend geprägt hat, nur ein Bruch­teil der Wert­schät­zung, die ihm im Rest der Welt zuteil wird, wie­der­fährt. In nahe­zu allen süd­ame­ri­ka­ni­schen Län­dern näm­lich ist Alex­an­der von Hum­boldt, so Peter Korn­ef­fel, der bekann­te­ste und am mei­sten geschätz­te Deut­sche überhaupt!