Gewäs­ser­ex­per­ten decken in Höch­stadt Bela­stun­gen auf

Matthias Ahlbrecht vom VSR-Gewässerschutz berät Brunnenbesitzer am Informationsstand
Matthias Ahlbrecht vom VSR-Gewässerschutz berät Brunnenbesitzer am Informationsstand. Foto: Anja Roth

Pres­se­mit­tei­lung des VSR-Gewäs­ser­schutz e.V.:

„Nitrat­be­la­ste­tes Grund­was­ser im Raum Höch­stadt scha­det der Artenvielfalt“

Vie­le Bür­ger kamen am 27.09.2022 an den Infor­ma­ti­ons­stand vom VSR-Gewäs­ser­schutz in Höch­stadt, um ihr Brun­nen­was­ser unter­su­chen zu las­sen. Es waren auch zahl­rei­che Gar­ten­be­sit­zer dabei, die bei hei­ßen Tem­pe­ra­tu­ren ihren natur­na­hen Teich wegen der hohen Was­ser­ver­lu­ste nach­fül­len müs­sen. Die­se klei­nen Was­se­r­oa­sen in den Gär­ten sind im Zuge des Kli­ma­wan­dels für vie­le Insek­ten und ande­re Tie­re über­le­bens­wich­tig. Lei­der muss­te jeder drit­te Brun­nen­be­sit­zer erfah­ren, dass der Nitrat­ge­halt sei­nes Brun­nen­was­sers den Grenz­wert der EU-Nitra­t­richt­li­nie von 50 mg/​l deut­lich über­schrei­tet und nicht für den Gar­ten­teich geeig­net ist. Eine der­ar­ti­ge Bela­stung führt zu einer extre­men Ver­meh­rung von Algen und dadurch ist das Leben im und am Was­ser gefähr­det. „Bereits ab 25 mg/​l Nitrat im Teich­was­ser kommt es zu öko­lo­gi­schen Pro­ble­men im hei­mi­schen Bio­top“, so Susan­ne Bareiß-Gül­zow, Vor­sit­zen­de im VSR-Gewässerschutz.

Harald Guelzow untersucht eine Brunnenwasserprobe. Foto: Anja Roth / VSR-Gewässerschutz e.V.

Harald Guel­zow unter­sucht eine Brun­nen­was­ser­pro­be. Foto: Anja Roth / VSR-Gewäs­ser­schutz e.V.

Ins­ge­samt wur­de das Was­ser von 38 pri­vat genutz­ten Brun­nen aus dem Raum Neu­stadt – Wei­sen­dorf – Höch­stadt – Erlan­gen ana­ly­siert. Der Bun­des­frei­wil­li­ge Dr. Mat­thi­as Ahl­brecht und Dipl.-Phys. Harald Gül­zow fan­den bei den Unter­su­chun­gen 101 Mil­li­gramm Nitrat pro Liter in einem pri­vat genutz­ten Brun­nen in Neu­stadt. Wei­te­re mit Nitra­ten stark ver­schmutz­te Brun­nen stell­ten die Umwelt­schüt­zer in Lon­ner­stadt mit 68 Mil­li­gramm pro Liter (mg/​l), in Krau­sen­be­ch­ho­fen mit 70 mg/​l, in Adels­dorf mit 97 mg/​l, in Aurach­tal mit 66 mg/​l und in Krie­gen­brunn mit 57 mg/​l fest. „Die­ses stark bela­ste­te Grund­was­ser sickert auch den Bächen und den Flüs­sen zu. Hier kommt es durch die Bela­stung zu einer Ver­rin­ge­rung der Arten­viel­falt“, so Susan­ne Bareiß-Gülzow.

Die gemein­nüt­zi­ge Umwelt­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on wer­tet nicht nur die Ergeb­nis­se der Nitrat­mes­sun­gen des Brun­nen­was­sers aus, son­dern auch die land­wirt­schaft­li­chen, regio­na­len Daten. Anhand die­ser Recher­chen kön­nen die Umwelt­schüt­zer erken­nen, wel­che land­wirt­schaft­li­che Nut­zung beson­ders zur Nitrat­be­la­stung bei­trägt. Auf der Home­page der gemein­nüt­zi­gen Orga­ni­sa­ti­on sind die aktu­el­len Aus­wer­tun­gen veröffentlicht.

So stell­ten die Gewäs­ser-Exper­ten fest, dass in den Krei­sen, in denen viel Mais ange­baut wird, auch eine höhe­re Nitrat­be­la­stung vor­liegt. Im Kreis Erlan­gen-Höch­stadt wird auf 21% der Acker­flä­che Mais ange­baut. Die­ser wird erst spät im Jahr geern­tet. Somit gestal­tet sich der Anbau von soge­nann­ten Zwi­schen­früch­ten, die das über­schüs­si­ge Nitrat im Boden auf­neh­men und damit die Nitrat­aus­wa­schung ver­rin­gern könn­ten, schwie­rig. Der spä­te­ste Aus­saat­ter­min ist für vie­le Pflan­zen vor dem Win­ter zu die­sem Zeit­punkt bereits über­schrit­ten. Übrig blei­ben dann die lee­ren Felder.

Gera­de in der Nähe von Bio­gas­an­la­gen wird beson­ders viel Mais pro­du­ziert – es ist bereits von einer „Ver­mai­sung der Land­schaft“ die Rede. Weil der Bio­gaser­trag recht hoch ist, wird er von den Land­wir­ten ger­ne als Ener­gie­pflan­ze ange­baut. Man könn­te die Ener­gie­ge­win­nung aber durch­aus mit Natur- und Gewäs­ser­schutz ver­bin­den. Wild­blu­men eig­nen sich bei­spiels­wei­se eben­falls gut für die Ener­gie­ge­win­nung. Es gibt bereits zahl­rei­che Land­wir­te, die die­se statt Mais anbau­en. Das ist sowohl für die Umwelt als auch für die Bevöl­ke­rung eine Berei­che­rung. Mehr­jäh­ri­ge Wild­pflan­zen­kul­tu­ren wer­den deut­lich weni­ger gedüngt und tra­gen dadurch zum Gewäs­ser­schutz bei. Auf Pesti­zi­de kann wei­test­ge­hend ver­zich­tet wer­den. Außer­dem sind sie gegen­über dem Mais­an­bau wesent­lich sinn­vol­ler, weil sie vie­len Insek­ten und Tier­ar­ten Schutz, Nah­rung und Lebens­raum geben. „Sie stel­len öko­lo­gisch wert­vol­le Flä­chen dar. Um die Arten­viel­falt in unse­ren inten­siv genutz­ten Agrar­land­schaf­ten wie­der zu erhö­hen, ist auch eine Viel­falt der Kul­tu­ren unver­zicht­bar“, so Susan­ne Bareiß-Gülzow.

Da die Wild­blu­men weni­ger Ertrag als der Mais lie­fern, erscheint vie­len Land­wir­ten der Anbau wenig attrak­tiv. Eine finan­zi­el­le Unter­stüt­zung ist not­wen­dig, um die ent­ste­hen­den Ver­lu­ste aus­zu­glei­chen. So gibt es bereits auf Kreis- und Lan­des­ebe­ne diver­se Vor­stö­ße in Rich­tung För­de­rung von Wild­pflan­zen als Ener­gie­pflan­zen. Der VSR-Gewäs­ser­schutz for­dert von der Poli­tik: Der Anbau von Wild­pflan­zen­kul­tu­ren muss zukünf­tig im Rah­men der EU-Agrar­sub­ven­tio­nen so geför­dert wer­den, dass die­ser für die Land­wir­te auch ren­ta­bel wird. Erst dann kann die Erzeu­gung von Bio­gas nach­hal­tig wer­den und einen wert­vol­len Bei­trag zum Umwelt- und Gewäs­ser­schutz darstellen.

Auch wenn der Mais nicht als Ener­gie- son­dern als Fut­ter­pflan­ze ange­baut wird, stellt er ein Pro­blem dar. Der Mais hat inner­halb weni­ger Jahr­zehn­te ande­re tra­di­tio­nel­le Fut­ter­pflan­zen fast völ­lig ver­drängt. Klee, Klee­gras, ein­zel­ne Grä­ser­ar­ten und Wie­sen sind aus der indu­stri­el­len Land­wirt­schaft nahe­zu ver­schwun­den. Mais­sila­ge ist mitt­ler­wei­le in vie­len Tier­hal­tun­gen mit Milch­kü­hen Haupt­grund­fut­ter, da damit die Milch­lei­stung steigt. Für eine art­ge­rech­te Hal­tung und Füt­te­rung brau­chen die Kühe jedoch Wei­de­gang. Unter Grün­land fin­det nach­ge­wie­se­ner­ma­ßen eine gerin­ge­re Nitrat­aus­wa­schung statt. Das ist nicht nur gut für Boden und Gewäs­ser, son­dern wirkt sich auch posi­tiv auf den Kli­ma­schutz aus und ist wich­tig für den Erhalt der Arten­viel­falt. Der VSR-Gewäs­ser­schutz for­dert daher: Die land­wirt­schaft­li­chen Betrie­be müs­sen über aus­rei­chen­de Wei­de­flä­chen für die Tie­re verfügen.

Seit 40 Jah­ren enga­giert sich die gemein­nüt­zi­ge Umwelt­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on VSR-Gewäs­ser­schutz für das Leben am und im Was­ser. Mit ihrer Arbeit set­zen sie sich für den Schutz der Gewäs­ser ein und trei­ben mit ihren Mess­kam­pa­gnen umwelt­po­li­ti­sche Maß­nah­men vor­an. Der Ver­ein geht die Pro­ble­me der Nitrat­be­la­stung des Grund­was­sers und der Flüs­se seit Jahr­zehn­ten hart­näckig an – auch gegen die Wider­stän­de der Landwirtschaftslobby.