Bay­reuth: Gemein­sa­me Pres­se­mit­tei­lung von Kli­ma­ent­scheid, Radent­scheid, Sci­en­tists for Future und VCD

Vor einem Monat führ­te die Stadt Bay­reuth einen Ver­kehrs­ver­such ent­lang der Bis­marck- und Erlan­ger Stra­ße durch. Es soll­te gete­stet wer­den, wie sich eine Reduk­ti­on von vier auf zwei Fahr­spu­ren auf den moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehr im Westen der Stadt aus­wirkt. Noch bevor Ergeb­nis­se die­ses Ver­suchs bekannt oder eru­iert wur­den, lehn­te der Land­kreis Bay­reuth in einer Reso­lu­ti­on vom 25. Okto­ber die “zugrun­de­lie­gen­de Ziel­set­zung” des Expe­ri­ments “kate­go­risch ab”. Die ange­streb­te Umwid­mung der Ver­kehrs­flä­chen für den Rad­ver­kehr sei “wider­sin­nig und nicht nach­voll­zieh­bar”, da es sich bei den betrof­fe­nen Stra­ßen um Haupt­ver­kehrs­ach­sen hand­le. Weil es in den Haupt­ver­kehrs­zei­ten zu einer zeit­li­chen Mehr­be­la­stung für eini­ge Ver­kehrs­teil­neh­mer und Ver­kehrs­teil­neh­me­rin­nen gekom­men wäre, sei der Plan grund­sätz­lich inak­zep­ta­bel. Mit die­ser popu­li­sti­schen Reso­lu­ti­on schießt der Kreis­tag über das Ziel hin­aus: Er über­zeich­net mög­li­che Pro­ble­me und dis­kre­di­tiert die begrün­de­ten Kli­ma­schutz-Ambi­tio­nen der Stadt.
Auch in der öffent­li­chen Debat­te sowie im Regio­nal­aus­schuss des Bay­reu­ther Stadt­rats wur­den die ver­meint­li­chen Pro­ble­me über­be­tont und die Vor­tei­le des Ver­suchs für die Bay­reu­ther Stadt­ent­wick­lung unter­re­prä­sen­tiert. Daher tre­ten die oben genann­ten unter­zeich­nen­den Orga­ni­sa­tio­nen hier­mit an die Öffent­lich­keit, um die Reso­lu­ti­on des Land­krei­ses in einen evi­denz­ba­sier­ten Kon­text zu stel­len und die Kli­ma­schutz- und ver­kehrs­po­li­ti­schen Ambi­tio­nen der Stadt Bay­reuth zu begrüßen.

Kei­ne erheb­li­chen ver­kehr­li­chen Belastungen
Ent­ge­gen den Befürch­tun­gen des Kreis­ta­ges kam es dem Lei­ter des Stadt­pla­nungs­am­tes Herrn Mey­er zu Hel­li­gen zufol­ge wäh­rend des Ver­suchs nicht zu einer erheb­li­chen Beein­träch­ti­gung des Auto­ver­kehrs. Die Ver­kehrs­qua­li­tät sei wei­ter­hin gut gewe­sen mit gerin­gen Beein­träch­ti­gun­gen zu Spit­zen­zei­ten. Die­ser gerin­gen Mehr­be­la­stung ste­hen mit einer Umwid­mung des Ver­kehrs­rau­mes zahl­rei­che poten­ti­el­le Vor­tei­le ent­ge­gen, die nicht nur der Stadt zugu­te­kom­men, son­dern ins­be­son­de­re auch den Bewoh­nern und Bewoh­ne­rin­nen des Landkreises.

Die Ver­kehrs­wen­de senkt die Verkehrsbelastung
Eine Rad­in­fra­struk­tur, die kom­for­ta­bel, direkt, sicher und ein­heit­lich ist, stellt einen erheb­li­chen Anreiz für den Umstieg vom Auto auf das Fahr­rad dar. Ver­kehrs­eng­päs­se las­sen sich nicht mit mehr Fahr­spu­ren lösen, son­dern mit der Schaf­fung von attrak­ti­ven Mobilitätsalternativen.

Fahr­rad­we­ge hel­fen Autofahrenden
Die so resul­tie­ren­den Ver­kehrs­ver­la­ge­run­gen sind ins­be­son­de­re vor­teil­haft für Auto­fah­ren­de. Fahr­rad­we­ge schaf­fen die Mög­lich­keit, den Raum des Bay­reu­ther Ver­kehrs effi­zi­en­ter zu nut­zen. Des Wei­te­ren wird es durch die Schaf­fung von Rad­we­gen ein­fa­cher, Ver­kehrs­we­ge räum­lich zu tren­nen. So füh­ren kla­re Wege für Fahr­rad­fah­ren­de dazu, dass sie weni­ger direk­ten Raum mit Autos tei­len müs­sen und Kon­flikt­po­ten­ti­al redu­ziert wird.

Flä­chen­um­ver­tei­lung senkt lang­fri­stig die Unter­halts­ko­sten für die Stadt
Im Ver­gleich zu Auto­stra­ßen ist die Nut­zung von Fahr­rad­we­gen mit weni­ger Abnut­zung ver­bun­den, und ihr Neu­bau ist all­ge­mein gün­sti­ger. Dies spart lang­fri­stig Res­sour­cen der Stadt, wel­che für ande­re sinn­vol­le Pro­jek­te frei werden.

Fahr­rad­we­ge redu­zie­ren die Bela­stung des Gesundheitssystems
Durch ver­bes­ser­te Fahr­rad­in­fra­struk­tur wer­den mehr Men­schen dazu moti­viert, ein Ver­kehrs­mit­tel zu nut­zen, wel­ches gesund ist – für alle. Nicht nur sinkt das Risi­ko für die Fah­ren­den, Krank­hei­ten zu erlei­den, die mit man­geln­der Bewe­gung ein­her­ge­hen, son­dern eine Ver­kehrs­ver­la­ge­rung bewirkt auch eine Min­de­rung an Fein­staub- und Lärmemissionen.

Umge­stal­tung stei­gert Verkehrssicherheit
Die Umge­stal­tung der Bis­marck- und Erlan­ger Stra­ße wür­de es erst­mals seit vie­len Jahr­zehn­ten ermög­li­chen, mit dem Fahr­rad von der Innen­stadt legal, sicher und auf direk­tem Weg in das Vier­tel rund um die Rup­p­recht­stra­ße zu gelan­gen. Die zuvor genann­te räum­li­che Tren­nung von aus­rei­chend brei­ten Rad­we­gen von der Auto­stra­ße erhöht somit die Ver­kehrs­si­cher­heit, weil Unfäl­le ver­mie­den wer­den kön­nen. Sind Wege für Fahr­rad­fah­ren­de und Fuß­gän­ger und Fuß­gän­ge­rin­nen klar ver­ständ­lich und ein­fa­cher zu erken­nen, ist ihr Ver­hal­ten ins­be­son­de­re für ÖPNV und Auto­fah­ren­de vorhersagbarer.

Erhöh­te Lebens­qua­li­tät und Attrak­ti­vi­tät der Stadt
Stra­ßen prä­gen das Stadt­bild und neh­men viel Raum ein. Aus­ge­stat­tet mit Rad­we­gen kön­nen die­se nicht nur die Ver­kehrs­ef­fi­zi­enz erhö­hen, son­dern dar­über hin­aus auch als Orte des Aus­tauschs die­nen, wenn die Raum­pla­nung im Ver­kehr nicht die kom­pro­miss­lo­se Maxi­mie­rung von Platz für Autos for­ciert. Ent­ge­gen der Annah­me, dass Rad­we­ge die Erreich­bar­keit der Innen­stadt beschrän­ken, sorgt eine Ver­kehrs­ver­la­ge­rung mit weni­ger Emis­sio­nen pri­mär für eine attrak­ti­ve­re Stadt: sowohl für Besu­chen­de als auch Anwohnende.

Mehr Chan­cen­gleich­heit und sozia­le Gerechtigkeit
Fahr­rad­mo­bi­li­tät ist schon heu­te gün­sti­ger als die Nut­zung von Autos. Somit ver­gün­sti­gen öffent­li­che Inve­sti­tio­nen in Fahr­rad­in­fra­struk­tur die Mobi­li­tät von allen Men­schen und schaf­fen eine wei­te­re Alter­na­ti­ve zum Auto. Pen­deln­de kön­nen raum- und zeit­ef­fi­zi­en­ter als im eige­nen Auto an ihr Ziel gebracht wer­den. Kin­der kön­nen sich auto­no­mer im urba­nen Raum bewe­gen. Finanz­schwa­che Haus­hal­te kön­nen ihre Mobi­li­täts­ko­sten senken.

Stadt soll­te wei­ter­hin ambi­tio­nier­te Fahr­rad­in­fra­struk­tur­maß­nah­men vorantreiben
Eine ver­bes­ser­te Koor­di­nie­rung zwi­schen Stadt und Land­kreis, wie sie der Kreis­tag wünscht, ist grund­sätz­lich zu begrü­ßen. Die Reso­lu­ti­on stell­te jedoch eine ein­sei­ti­ge Prä­sen­ta­ti­on von mög­li­chen Pro­ble­men dar, die sich, wenn man die Äuße­run­gen des Stadt­pla­nungs­am­tes hin­zu­zieht, als ver­nach­läs­sig­bar erwie­sen haben. Zudem hät­te sich der Land­kreis, ent­ge­gen sei­ner eige­nen Dar­stel­lung, im Rah­men der Betei­li­gungs­an­ge­bo­te des Stadt­pla­nungs­am­tes durch­aus früh­zei­ti­ger an den Pla­nun­gen betei­li­gen können.
Auf Initia­ti­ve des Radent­schei­des ging die Stadt Bay­reuth mit dem Ver­kehrs­ver­such in Sachen Kli­ma­schutz mutig voran.1
Im eige­nen Inter­es­se soll­te der Kreis­tag weni­ger Ener­gie in die Erhal­tung des Sta­tus quo inve­stie­ren, son­dern mehr in eine erfolg­rei­che Ver­kehrs­wen­de. Die kom­mu­na­le Ver­kehrs­wen­de muss dabei vom Ende her gedacht werden.
Wie soll die Mobi­li­tät in Stadt und Land­kreis 2030 aus­se­hen? Ange­sichts der Kli­ma­kri­se ist die Ant­wort dar­auf ein­deu­tig: Mehr Rad­ver­kehr, mehr ÖPNV und weni­ger PKWs. In Sum­me wird Mobi­li­tät in Zukunft damit ein Mehr an Mög­lich­kei­ten dar­stel­len, jeweils pas­send zum indi­vi­du­el­len Bedarf: nicht nur PKWs, son­dern auch (Lasten-)Räder, öffent­li­cher Nah­ver­kehr, E‑Roller, Car-Sha­ring-Model­le usw. Damit erwei­tern und ver­gün­sti­gen wir unse­re Bewe­gungs­frei­heit, statt sie ein­zu­schrän­ken. Gleich­zei­tig gewin­nen wir Flä­chen, die heu­te noch viel befah­ren oder zuge­parkt sind, und kön­nen die­se für Sport- und Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten, für Erho­lungs­räu­me uvm. nut­zen. Die stra­te­gi­schen Grund­pfei­ler für einen sol­chen Wan­del wer­den heu­te gelegt. Auch der Kreis­rat könn­te heu­te damit beginnen.

1 Hin­ter­grund: Im Zuge der Ver­hand­lun­gen mit dem Stadt­rat ver­zich­te­te der Radent­scheid damals auf eine Kla­ge gegen die Stadt, wel­che im Gegen­zug das Ver­spre­chen gab, den Umbau der Bis­marck­stra­ße zügig zu pla­nen und umzusetzen.

Ansprech­part­ne­rin des Kli­ma­ent­scheids Bayreuth:

Michel­le Biallowons
01575/4892191
Michelle.biallowons@klimaentscheid@bayreuth.de
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