Der Kreis­hei­mat­tag im Land­kreis Coburg beschäf­tig­te sich mit den Zukunfts­per­spek­ti­ven der Volks- und Heimatkunde

Gelungener Auftakt: Der Kreisheimattag im Landkreis Coburg beschäftigte sich mit gemeinsamen Perspektive Volks- und Heimatkunden für die künftige Arbeit im Bereich November 2022
Sie gehen bei der Heimatpflege voran: die beiden Coburger Kreisheimatpfleger, Peter Jacobi (rechts) und Ingrid Ott, sowie Bezirksheimatpfleger Professor Dr. Günter Dippold. Foto: Privat

Erster Kreis­hei­mat­tag macht Lust auf mehr

Gelungener Auftakt: Der Kreisheimattag im Landkreis Coburg beschäftigte sich mit gemeinsamen Perspektive Volks- und Heimatkunden für die künftige Arbeit im Bereich November 2022

Das „Duo zu dritt“ aus Neu­stadt umrahm­te den ersten Cobur­ger Kreis­hei­mat­tag musi­ka­lisch. Von links: Robert Matthes, Rei­ner Hein und Gün­ter Lorenz. Foto: Privat

Eine gelun­ge­ne Pre­miè­re hat der Kreis­hei­mat­tag im Land­kreis Coburg gefei­ert. Fast 50 Akteu­re aus dem brei­ten Feld der Volks- und Hei­mat­kun­de tra­fen sich Ende Okto­ber 2022 in der Alten Schä­fe­rei in Ahorn, um gemein­sa­me Per­spek­ti­ven für ihre künf­ti­ge Arbeit zu fin­den. Als zen­tra­le Anlie­gen gin­gen aus dem Mei­nungs­aus­tausch die Wün­sche nach bes­se­rer Ver­net­zung sowie einem erwei­ter­ten Ange­bot an öffent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen her­vor. Dazu kam die Über­zeu­gung: Der erste wird nicht der letz­te Kreis­hei­mat­tag gewe­sen sein.

Getra­gen wird die Hei­mat­pfle­ge im Cobur­ger Land aus­schließ­lich von Ehren­amt­li­chen. Die­ses Enga­ge­ment war Land­rat Seba­sti­an Straubel wich­tig, weil das Cobur­ger Land eine Hei­mat sei, in der es sich gut leben las­se. „Damit das so bleibt, braucht es Men­schen, denen die Zukunft, aber auch die Ver­gan­gen­heit ihrer Hei­mat am Her­zen liegt“, sag­te der Land­rat in sei­ner Begrüßung.

Die Defi­ni­ti­on des schwer fass­ba­ren Begrif­fes der Hei­mat beleuch­te­te Pro­fes­sor Gün­ter Dip­pold (Lich­ten­fels). Natür­lich, sag­te der Bezirks­hei­mat­pfle­ger, brau­che der Begriff der Hei­mat eine gewis­se Inno­va­ti­on. Aber des­halb sei der Blick zurück kein Tabu: „Wir wis­sen wer wir sind nur durch den Blick zurück.“ Um die Hei­mat lebens­wert zu erhal­ten, sah der Bezirks­hei­mat­pfle­ger die Bevöl­ke­rung vor Ort in der Pflicht. Denn man kön­ne nicht stän­dig von den Wer­ten und der Bedeu­tung der Hei­mat reden, aber sich selbst nicht für die­se enga­gie­ren. Dip­pold: „Eigen­sucht und Eigen­sinn sind das Gegen­teil von Hei­mat.“ Zur Pfle­ge der Hei­mat gehört für den Bezirks­hei­mat­pfle­ger zudem ein respekt­vol­ler Umgang mit der loka­len Bau­kul­tur – also nicht das Tos­ka­na-Haus im Neu­bau­ge­biet auf der grü­nen Wie­se, wäh­rend in den Orts­mit­ten alte Gebäu­de verfallen.

Ideen, wie die Hei­mat­pfle­ge ver­stärkt in den Blick der Öffent­lich­keit gerückt wer­den kann, gab es beim ersten Kreis­hei­mat­tag zuhauf. Kreis­hei­mat­pfle­ger Peter Jaco­bi brach­te Geschichts­werk­stät­ten „für Stadt­schrei­ber und Gemein­de­poe­ten“ ins Gespräch, sei­ne Kol­le­gin Ingrid Ott wünsch­te sich mehr Platz für hei­mat­kund­li­che Akti­vi­tä­ten in den Lehr­plä­nen der Schu­len. Eine Sache ist Peter Jaco­bi bei der bay­ern­wei­ten Akti­on der „musi­kan­ten­freund­li­chen Wirts­häu­ser“ auf­ge­fal­len: Da gab es jede Men­ge Aus­zeich­nun­gen für Gast­stät­ten im Süden Bay­erns, aber in den drei frän­ki­schen Regie­rungs­be­zir­ken jeweils nur eine. Damit das anders wird, brach­te Jaco­bi eine Ver­an­stal­tungs­rei­he für Wirts­haus­sin­gen ins Gespräch.

In der regen Dis­kus­si­on mel­de­te sich auch Wil­fried Stei­nert zu Wort. Der Gemündaer ist als Mit­glied der „Gschrubbdn“ musi­ka­lisch in ganz Ober­fran­ken unter­wegs und bezeich­ne­te es als sehr wich­tig, die Neu­bür­ger in den Sied­lungs­ge­bie­ten bes­ser ins dörf­li­che Leben zu inte­grie­ren. Ein­fach wer­de dies nicht, räum­te Stei­nert ein: „Vie­le Men­schen arbei­ten in der Stadt und zie­hen aufs Land, weil sie ihre Ruhe haben wol­len.“ Gesel­li­ge Wirts­haus­sin­gen wären für Win­fried Stei­nert da ein gutes Ange­bot – wenn es nicht auch da ein Pro­blem gebe: „Es gibt immer weni­ger Wirts­häu­ser und damit auch immer weni­ger Treffpunkte.“

Mar­tin Stingl, stell­ver­tre­ten­der Land­rat und (Wirtshaus-)Musiker aus Lei­den­schaft, emp­fand den Kreis­hei­mat­tag als wich­ti­gen Impuls, um die all das zu sam­meln und zu sor­tie­ren, was die Hei­mat­pfle­ge im Cobur­ger Land aus­macht. Mund­art-Dich­ter, Musi­ker, Lai­en­dar­stel­ler – man müs­se die ver­schie­de­nen Grup­pie­run­gen bes­ser ver­net­zen und den Aus­tausch mit­ein­an­der ermög­li­chen. Das brin­ge die gesam­te Regi­on vor­an, zeig­te sich Mar­tin Stingl über­zeugt: „Wenn man weiß, was bei den ande­ren Grup­pen pas­siert, wächst das gegen­sei­ti­ge Interesse.“

Die drei Cobur­ger Kreisheimatpfleger

Ingrid Ott aus Röden­tal enga­giert sich seit vie­len Jah­ren im Hei­mat­ver­ein Mönchrö­den. Zustän­dig­keit: Brauch­tum und Tra­di­tio­nen. Kon­takt: mail@​ingrid-​ott.​de

Rei­ner Wes­sels aus Groß­hei­rath ist über den Land­kreis Coburg hin­aus als Fach­mann in Sachen Bau­kul­tur bekannt. Zustän­dig­keit: Bau und Denk­mal­pfle­ge. Kon­takt: Reiner.​wessels@​gmx.​de

Peter Jaco­bi aus Dörf­les-Esbach war fast zwei­ein­halb Jahr­zehn­te Vor­sit­zen­der des Frän­ki­schen Sän­ger­bun­des. Zustän­dig­keit: Musik und Spra­che. Kon­takt: peter@​jacobi.​to

Zita­te

„Der Begriff der Hei­mat droht in der Bedeu­tungs­lo­sig­keit zu ver­schwin­den. Des­halb müs­sen wir ihn neu mit Bedeu­tung erfüllen.“

„Hei­mat­pfle­ge ist nicht das dump­fe Bewah­ren des Ver­gan­ge­nen, son­dern fit sein für die Zukunft.“

Pro­fes­sor Dr. Gün­ter Dippold
Bezirksheimatpfleger