900 Jah­re Kun­reuth: Urauf­füh­rung eines fil­mi­schen Streif­zugs „ern­ster und locke­rer Art durch die Historie“

900 Jahre Kunreuth: Uraufführung eines filmischen Streifzugs „ernster und lockerer Art durch die Historie“ November 2022
Die „Horde“ der Bauern, die das Schloss Kunreuth stürmte und niederbrannte, stellten Komparsen aus Forchheim in der Kulisse des Saltor-Turmes dar. Hier beim Betrachten einer Filmsequenz mit Joachim Häntzschel. Foto: Mike Wuttke

Katho­lisch oder evan­ge­lisch – die Krap­fen zei­gen es an

Zum 900 Jahr-Jubi­lä­um von Kun­reuth haben Joa­chim Häntzschel und Eber­hard Hei­ser einen fil­mi­schen Nach­trag vor­wie­gend hei­te­rer Art geschaffen.

von unse­rem Mit­ar­bei­ter Mike Wuttke

900 Jahre Kunreuth: Uraufführung eines filmischen Streifzugs „ernster und lockerer Art durch die Historie“ November 2022

Bür­ger­mei­ster Ernst Stri­an (rechts) mit Fil­mer Joa­chim Häntzschel (links) und dem Autoren Eber­hard Hei­ser. Foto: Mike Wuttke

Die Men­schen in den Mit­tel­punkt der Gemein­de stel­len. Das war der Wunsch vie­ler Akteu­re bei der Gestal­tung des Orts­ju­bi­lä­ums von Kun­reuth mit dem Blick auf 900 ereig­nis­rei­che Jah­re. Es wur­den Jubi­lä­ums­ga­zet­ten her­aus­ge­ge­ben, es gab eine Bil­der­aus­stel­lung mit zahl­rei­chen Foto­do­ku­men­ten, und bei der Bege­hung der Hör-Pfa­de gab es viel über die Ent­wick­lung des Ortes zu erfah­ren. Im Nach­klang kam jetzt ein fil­mi­scher Streif­zug „ern­ster und locke­rer Art durch die Histo­rie“ hinzu.

Am Wochen­en­de hat­te der Film, in rein pri­va­ter Initia­ti­ve von Fil­me­ma­cher Joa­chim Häntzschel und dem „Forch­hei­mer Nacht­wäch­ter“ Eber­hard Hei­ser geplant und in Sze­ne gesetzt, im Gemein­de­haus von Kun­reuth sei­ne Urauf­füh­rung. Es ist ein gelun­ge­ner Abschluss des Jubi­lä­ums­jah­res, das eigent­lich 2020 gefei­ert wer­den soll­te, aber durch die Beschrän­kun­gen der Coro­na-Pan­de­mie in die Ver­län­ge­rung gescho­ben wurde.

Das Inter­es­se an den bei­den Aben­den war rege. Vie­le Besu­cher, die in dem 45-Minu­ten-Werk eine „Rol­le spiel­ten“ woll­ten sehen, wie sie in Sze­ne gesetzt waren. Zur Pre­miè­re konn­te Eber­hard Hei­ser Land­rat Dr. Her­mann Ulm (ein Kun­reu­ther) und den Forch­hei­mer Ober­bür­ger­mei­ster Dr. Uwe Kirsch­stein begrü­ßen. Bür­ger­mei­ster Ernst Stri­an bedien­te Lap­top und Bea­mer und wirk­te auch in eini­gen Sze­nen mit.

Ein­blicke in Leben und Eigenheiten

Eber­hard Hei­ser, der mit sei­ner Fami­lie eini­ge Jah­re in Kun­reuth gewohnt hat­te, war für einen Vor­trag ange­fragt wor­den. Er woll­te nicht die 900 Jah­re Revue pas­sie­ren las­sen, die bereits die Leh­re­rin, Kreis­rä­tin und Ehe­frau des Pfar­rers, Regi­na Bulle­mer-Han­ke nie­der­ge­schrie­ben hat­te, son­dern über­leg­te sich Ein­blicke in das Leben und die Eigen­hei­ten der Kun­reu­ther. Schließ­lich kam ihm die Idee, die­se Ein­blicke zusam­men mit Joa­chim Häntzschel, der über einen Film­club in Wies­ba­den zu sei­nem Hob­by kam und es in 20 Jah­ren per­fek­tio­nier­te, fil­misch umzusetzen.

Das Gan­ze geschieht mit Rück­griff auf geschicht­li­che Fak­ten, auf Bekann­tes und Unbe­kann­tes, auf das was so dem Volks­mund ent­springt und auf das, was man den Kun­reu­thern nach­sagt. Dabei schlüpft der Forch­hei­mer Nacht­wäch­ter in die Rol­le des Zeit­zeu­gen, um in die dörf­li­che Sze­ne­rie von Lukas-Kir­che, Schloss, Schnaps­bren­ne­rei, Gemein­de­la­den oder Trach­ten­stu­be ein­zu­tre­ten. Eber­hard Hei­ser zeigt dabei sein Talent, alles in Reim­form gie­ßen zu kön­nen, so wie man ihn vom Forch­hei­mer Weih­nachts­markt kennt. Meist augen­zwin­kernd, manch­mal mit erho­be­nem Zei­ge­fin­ger, dabei Pikan­tes aus dem All­zu­mensch­li­chen nicht verschweigend.

Katho­li­sches Blut dickflüssiger?

Her­vor­ge­ho­ben wird immer wie­der die Rol­le der Gemein­de in der Refor­ma­ti­on und die Tat­sa­che, dass das evan­ge­li­sche Kun­reuth eine Enkla­ve in der sie umge­ben­den katho­li­schen Gemein­den dar­stellt. So will der Nacht­wäch­ter vom ört­li­chen Arzt wis­sen, wel­ches kon­fes­sio­nel­le Blut dick- oder dünn­flüs­si­ger ist, und im dörf­li­chen Laden lässt er sich die Form der katho­li­schen (Knie-) und evan­ge­li­schen (Kis­sen-) Krap­fen zei­gen. Das Schloss derer von Egloff­stein spiel­te ein­mal eine denk­wür­di­ge Rol­le, als es der Maro­deur Alci­bia­des aus Kulm­bach nie­der­brann­te und 39 männ­li­che Per­so­nen im Obst­gar­ten auf­hän­gen ließ. Im Bau­ern­krieg war das unter­drück­te länd­li­che Volk auch gegen den Adel in Kun­reuth gezo­gen. Für die Film­sze­ne stell­ten sich eini­ge Kom­par­sen aus Forch­heim zur Ver­fü­gung, für die „Bewaff­nung“ stell­te Heinz Söhn­lein aus Burk bäu­er­li­ches Gerät zur Verfügung.

Nicht uner­wähnt ließ Hei­ser, dass Kun­reuths Bevöl­ke­rung zu einem Drit­tel aus Juden bestand, die Syn­ago­ge und Schu­le betrie­ben, dass ein gro­ßer Sohn, Fried­rich von Mül­ler, es zum Staats­kanz­ler des Groß­her­zog­tums Sach­sen-Wei­mar-Eisen­ach brach­te und ein enger Freund Goe­thes wur­de, und dass Kun­reuth gleich zwei Land­rä­te her­vor­brach­te, näm­lich Fritz Stri­an und Her­mann Ulm.

In eini­gen Sze­nen beglei­ten Musi­kus Franz Josef Saam und Her­mann Ulm an der Kun­reu­ther Orgel, der Kir­chen­chor und die A capel­la-Grup­pe „Trou­ba­dour“ tre­ten gesang­lich her­vor, wäh­rend vom Posau­nen­chor bei der Kon­fir­ma­ti­on lei­der nur die Musi­ker zu sehen sind. Egal. Es gab viel Bei­fall und Dan­kes­wor­te samt Prä­sen­te für die bei­den Filmemacher.