Bür­ger­ent­scheid in Beh­rin­gers­müh­le: Rat­haus ins Pfarrhaus?

Auf all­zu gro­ße Reso­nanz stieß die erste Infor­ma­ti­ons­ver­samm­lung der acht Markt­ge­mein­de­rä­tin­nen und ‑räte zum The­ma Bür­ger­ent­schei­de „Rat­haus-Pfarr­haus“ für die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger der ehe­ma­li­gen Gemein­de Beh­rin­gers­müh­le nicht. Inklu­si­ve dem Initia­tor des Bür­ger­be­geh­rens „Kein Rat­haus ins Pfarr­haus“, Fer­di­nand Hasel­mei­er und des­sen Gat­tin Bri­git­te, waren zehn Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in den Gast­hof zur Beh­rin­gers­müh­le gekommen.

Von den ein­la­den­den Gemein­de­rä­ten fehl­ten Danie­la Drum­mer und Caro­lin Kel­ler (bei­de FW). Die Ver­samm­lungs­lei­tung oblag Zwei­tem Bür­ger­mei­ster Georg Bau­ern­schmidt (SPD), der auch Bür­ger­mei­ster Hann­görg Zim­mer­mann (FW) und sei­nen Stell­ver­tre­ter Man­fred Hän­chen (CSU) begrü­ßen konn­te. Die Prä­sen­ta­ti­on, die Bau­ern­schmidt zeig­te, war von Bür­ger­mei­ster Zim­mer­mann als Pri­vat­per­son erstellt wor­den, wie es auf den Foli­en ver­merkt war. Bau­ern­schmidt, der für einen Umzug des Rat­hau­ses in das Pfarr­haus ist, beton­te, das es sich dabei um ein ISEK-Pro­jekt han­delt. Das inte­grier­te städ­te­bau­li­che Ent­wick­lungs­kon­zept wur­de bereits 2010 zusam­men mit der Bür­ger­schaft gestar­tet, mit dem Schwer­punkt der Stär­kung des Orts­kerns und dem Ziel einer Attrak­ti­vi­täts­stei­ge­rung des Innen­orts. Wie Bau­ern­schmidt erläu­ter­te han­delt es sich nicht nur um den Umzug des Rat­hau­ses ins Pfarr­haus, son­dern um drei Leit­pro­jek­te des ISEK. Das erste ist die Ver­la­ge­rung des Rat­hau­ses ins Pfarr­haus mit Tou­rist-Info an zen­tra­ler Stel­le sowie einem bar­rie­re­frei­em Zugang mit Öff­nung des Pfarr­gar­tens sie der wei­te­ren Ange­bots­schaf­fung eines Bür­ger­saals mit öffent­li­chem Zugang zum Für­sten­saal und dem Bau einer Begeg­nungs­stät­te. Das zwei­te Leit­pro­jekt ist die Sanie­rung der öffent­li­chen Toi­let­ten, eben­falls bar­rie­re­frei und das drit­te künf­ti­ge öffent­li­che Nut­zung des Pfarr­gar­tens als Ruhe- und Erho­lungs­flä­che mit­ten im Orts­kern mit dem Poten­ti­al einer tou­ri­sti­schen Ange­bots­er­wei­te­rung im Luftkurort.

Wenn die­ses ISEK-Gesamt­pro­jekt nun durch den Bür­ger­ent­scheid ver­hin­dert wird, hat der Markt Göß­wein­stein bereits 271.806 Euro in den Sand gesetzt. Soviel koste­te bis­her die Pla­nung mit zahl­rei­chen Gut­ach­ten von der Gebäu­de­un­ter­su­chung über den Brand­schutz bis hin zu einem Boden­gut­ach­ten. Außer­dem ist der Markt bereits Eigen­tü­mer des Pfarr­hau­ses und sämt­li­chem dazu­ge­hö­ri­gen Are­als von ins­ge­samt 3999 Qua­drat­me­tern über einen 60-jäh­ri­gen Erb­bau­pacht­ver­trag der sym­bo­li­schen Preis von einem Euro abge­schlos­sen wur­de. Aus die­sem Ver­trag kommt die Gemein­de nicht mehr her­aus und muss min­de­stens für die näch­sten 60 Jah­re das Pfarr­haus nebst Außen­an­la­gen unter­hal­ten, auch dann, wenn das Rat­haus nicht hin­ein­kommt. Her­aus­ge­stellt hat sich inzwi­schen auch, dass das alte Pfarr­haus in einem guten Gesamt­zu­stand ist. Geför­dert wer­den die bis­he­ri­gen Unter­su­chun­gen nur dann, wenn das Pro­jekt auch umge­setzt wird. Bei der Regie­rung von Ober­fran­ken, die bis­her rund 5,8 Mil­lio­nen Euro an Zuschüs­sen in Aus­sicht stellt, habe die­ses Pro­jekt ober­ste Prio­ri­tät. „Wir ste­hen damit ganz oben auf der Liste“, beton­te Bauernschmidt.

Zim­mer­mann beton­te, das eine exzel­len­te Vor­pla­nung vor­lie­ge und man mit der Groß­maß­nah­me auf jeden­falls gün­sti­ger weg­kom­me als wenn man nur ein neu­es Rat­haus baue. Nur ein Rat­haus­neu­bau wür­de min­de­stens 3,6 Mil­lio­nen Euro für die Gemein­de kosten. Für das Isek-Gesamt­pro­jekt liegt der Eigen­an­teil des Mark­tes nur bei 2,75 Mil­lio­nen Euro. Hier ist bei den Gesamt­ko­sten von 9,25 Mil­lio­nen Euro schon ein 20-pro­zen­ti­ger Puf­fer für Preis­stei­ge­run­gen und Unvor­her­seh­ba­res ein­ge­rech­net. „Gehen die Zuschüs­se pro­zen­tu­al mit wenn es teu­rer wird?“ Woll­te Hasel­mei­er dazu wis­sen, der gro­ße Beden­ken zur Kosten­schät­zung hat­te. Laut Zim­mer­mann wür­de die Regie­rung bei einer unvor­her­seh­ba­ren Kosten­meh­rung ihren Zuschuss auch erhö­hen. „Wenn ihr das mit den Kosten so hin­be­kommt, gra­tu­lie­re ich Euch“, kom­men­tier­te Bri­git­te Hasel­mei­er. Ihr Mann sprach von einer Ver­schlech­te­rung der Ver­kehrs­si­tua­ti­on, wenn eine Ver­kehrs­be­ru­hi­gung nicht kommt. Sprich die Orts­um­ge­hungs­stra­ße. Auch Rena­te Bran­des woll­te wis­sen, ob die Orts­um­ge­hung geplant ist. „Seit 1973 dis­ku­tiert man dar­über“, ant­wor­te­te Zim­mer­mann. Wei­ter woll­te Bran­des wis­sen was aus dem Haus des Gastes wird, wenn die Tou­rist-Info umzieht. „Das wird zum Haus der Ver­ei­ne“, so Zim­mer­mann. Caro­la Kuhn woll­te wis­sen, was dann mit dem alten Rat­haus pas­siert. „Dafür gibt es noch kei­nen Plan B“, so Zim­mer­mann, der beton­te, dass die dau­ern­de Lei­tungs­fä­hig­keit der Gemein­de durch die­ses ISEK-Pro­jekt nicht gefähr­det sei. Rech­net man die Rück­la­gen den Schul­den ent­ge­gen, ist die Gemein­de nicht nur schul­den­frei, son­dern hat­te zum Jah­res­en­de 2021 ein sal­i­dier­tes Gut­ha­ben von 272 000 Euro.

Es wür­de min­de­stens acht Jah­re dau­ern bis ein neu­er Platz für ein neu­es Rat­haus gefun­den wäre, auf dem die­ses dann gebaut ist, falls das Bür­ger­be­geh­ren „Kein Rat­haus ins Pfarr­haus“ der IG Zukunft Rat­haus Göß­wein­stein bei den Bür­ger­ent­schei­den am 4. Dezem­ber von Erfolg gekrönt wür­de. Bis dahin müss­te die Markt­ver­wal­tung aller Vor­aus­sicht nach wegen zuneh­men­der Bau­fäl­lig­keit des alten Rat­hau­ses in Con­tai­ner umzie­hen. So wie der­zeit im Ahorntal.

Die­se Zeit­span­ne schätz­te Bür­ger­mei­ster Hann­görg Zim­mer­mann (FW) wäh­rend der Info-Ver­samm­lung in Beh­rin­gers­müh­le. Ein Abriss des alten Rat­hau­ses und ein Neu­bau an glei­cher Stel­le ist aus Denk­mal­schutz­grün­den der­zeit nicht geneh­mi­gungs­fä­hig. Der Pro­zess bis zu einer mög­li­chen Abriss­ge­neh­mi­gung wür­de min­de­stens drei Jah­re in Anspruch neh­men. Zwei­ter Bür­ger­mei­ster Georg Bau­ern­schmidt (SPD) geht von einem noch län­ge­rem Zeit­raum aus. Bern­hard Haber­ber­ger frag­te ob es einen Ver­an­stal­tungs­saal für 3,8 Mil­lio­nen Euro brau­che. Den könn­te man sich spa­ren, hat man doch eine Sport­hal­le. Dazu erklär­te Zim­mer­mann dass die Turn­hal­le bereits jeden Abend voll aus­ge­bucht sei. „Wir haben da schon eine Voll­aus­la­stung“, so Zim­mer­mann, der außer­dem erklär­te, das es für einen rei­nen Rat­haus­bau kei­ner­lei Zuschüs­se gibt. Nur für die Gesamt­maß­nah­me zur Stei­ge­rung der Attrak­ti­vi­tät des Orts­kerns, mit der man auch etwas für die Kauf­kraft im Ort tun wol­le, damit die Gäste län­ger ver­wei­len und ein­keh­ren. Die Öff­nung des Pfarr­gar­tens sei eine Schaf­fung eines öffent­li­chen Raums im Orts­kern abseits des Stra­ßen­lärms zum See­le bau­meln las­sen. Außer­dem zah­len die Gewer­be­trei­ben­den Frem­den­ver­kehrs­ab­ga­be. Dafür wol­len sie von der Gemein­de auch etwas zurückbekommen.

Für Haber­ber­ger muss etwas mit dem Ver­kehr im Ort pas­sie­ren. Er schlug eine Ein­bahn­re­ge­lung vor. Außer­dem müs­se das gan­ze Kopf­stein­pfla­ster raus. Denn das sei eine Kata­stro­phe für die Roll­stuhl­fah­rer und die Kin­der­wä­gen. Auch braucht es in der Nähe Park­plät­ze für die Rat­haus­be­su­cher. Dazu erklär­te Zim­mer­mann dass es in weni­gen Metern Ent­fer­nung schon Kurz­zeit­park­plät­ze gäbe und neben dem Pfarr­haus zwei Behin­der­ten­park­plät­ze ent­ste­hen. Außer­dem wer­de am Fried­hof der Mul­ti­funk­ti­ons­platz gebaut auf dem es eben­falls genü­gend Park­plät­ze gibt. Die­ser Platz gehö­re auch mit zum ISEK-Gesamt­pro­jekt. 250 000 Euro sind dafür vor­ge­se­hen, die För­de­rung liegt bei 200 000 Euro. Den Bewil­li­gungs­be­scheid hat der Markt schon bekom­men, die Aus­schrei­bung dafür läuft. Ist das Rat­haus dann im Pfarr­haus folgt der sech­ste Bau­ab­schnitt des ISEK mit der Schaf­fung eines Parkleitsystems.

Auch der Bahn­hof in Beh­rin­gers­müh­le ist Teil des ISEK. Hier­zu wur­de bereits für 120 000 Euro eine Mach­bar­keits­stu­die in Auf­trag gege­ben an der sich der Markt nur mit fünf Pro­zent der Kosten betei­li­gen muss. Für eine Auf­wer­tung des gesam­ten Bahn­hofs­are­als sind 90 Pro­zent För­de­rung im Gespräch. Dies alles, ein­schließ­lich dem Pfarr­haus mit Rat­haus, öffent­li­chen Toi­let­ten und Saal­neu­bau gehö­re zum Gesamt­pro­jekt der Städ­te­bau­för­de­rung für das sich der Markt­ge­mein­de­rat in Zusam­men­ar­beit mit den Bür­gern ent­schie­den hat­te, beton­te Zim­mer­mann. „Ich ver­ste­he nicht dass Men­schen gegen die­ses schö­ne Kon­zept sind mit dem Leben in den Ort kommt“, kom­men­tier­te dies Markt­rat Kon­rad Schrü­fer (FW). Schrü­fer ver­wies dar­auf das auch noch die benach­bar­te Klo­ster­kir­che und das Fran­zis­ka­ner­klo­ster saniert wer­den. „Dann wis­sen die Rat­haus­be­su­cher gar nicht mehr was sie im Rat­haus wol­len, weil alles so schön ist bis sie dort hin­kom­men“, so der Gärt­ner­mei­ster. Das alte Rat­haus bezeich­ne­te er als Kata­stro­phe, so ähn­lich wie das alte beeng­te Feu­er­wehr­haus in Beh­rin­gers­müh­le. „Jetzt schaf­fen wir was, was einen Mehr­wert hat und nun willst du es nicht“, gab Bau­ern­schmidt Hasel­mei­er, der enor­me Kosten­stei­ge­run­gen befürch­te­te, zurück. Wei­ter­hin ver­wies Bau­ern­schmidt dar­auf, das die Gemein­de seit 2014 4,73 Mil­lio­nen Euro an Schul­den getilgt und gleich­zei­tig 10,5 Mil­lio­nen Euro an Eigen­an­teil für Infra­struk­tur­maß­nah­men inve­stiert habe.