Die Bür­ger­initia­ti­ve „Wals­dorf 2.0. Hier kauf ich noch gern“ kämpft für den Erhalt des ört­li­chen Nah­kauf – Mehr als 1000 Unter­schrif­ten gesammelt

Die Bürgerinitiative „Walsdorf 2.0. Hier kauf ich noch gern“ kämpft für den Erhalt des örtlichen Nahkaufs - Unterschriftenliste wird übergeben Oktober 2022
Am Montag, 31.10.2022, soll nun die Unterschriftenliste im Rathaus übergeben werden. Über 1000 Bürger haben sich bei einer spontanen Aktion eingetragen und für den Erhalt von Nahkauf und gegen die Ansiedlung von Netto ausgesprochen.

Pres­se­mit­tei­lung der Bür­ger­initia­ti­ve „Wals­dorf 2.0. Hier kauf ich noch gern“:

Gibt es ein neu­es Bürgerbegehren?

„Wett­be­werb hat doch nur Vor­tei­le für die Bür­ger!“ – so argu­men­tie­ren Bür­ger­mei­ster Mario Wolff und ein Groß­teil sei­ner Gemein­de­rä­te, wenn um die Erschlie­ßung eines neu­en Gewer­be­ge­biets für Wals­dorf geht. Nach Mei­nung der Bür­ger­initia­ti­ve „Wals­dorf 2.0. Hier kauf ich noch gern“, die sich mitt­ler­wei­le for­mier­te, hat die gan­ze Sache nur einen Haken: die Erschlie­ßung samt ihrer Kosten hängt unver­rück­bar mit der Ansied­lung einer Filia­le von Net­to zusam­men. Wie der Betrei­ber des jet­zi­gen „Nah­kauf“ und auch die Bür­ger­initia­ti­ve auf­rech­nen, zieht die­se mög­li­che Kon­kur­renz­si­tua­ti­on unwei­ger­lich das Ende des jet­zi­gen Ein­zel­han­dels-Betrie­bes nach sich. Wider­stand hat sich for­miert, ein Bür­ger­be­geh­ren – das nun­mehr 2. in der Amts­zeit von Bür­ger­mei­ster Wolff und sei­nem Gemein­de­rat – ist absehbar.

Am Mon­tag, 31.10.2022, soll nun die Unter­schrif­ten­li­ste, in der sich über 1000 Bür­ger in einer spon­ta­nen Akti­on für den Erhalt von Nah­kauf und gegen die Ansied­lung von Net­to aus­spre­chen, im Rat­haus über­ge­ben werden.

Wider­stand, und kein Ende? Aus­führ­lich und gut nach­voll­zieh­bar hat Tho­mas Scheu­ring, der mit sei­nem Part­ner Josef Sier den Nah­kauf in Wals­dorf betreibt, ver­kün­det, dass die Ansied­lung eines Dis­coun­ters das „Aus“ für ihr Enga­ge­ment bedeu­te. Anders als der Gemein­de­rat, der die Ent­schei­dung für das neue Gewer­be­ge­biet sowohl in nicht­öf­fent­li­cher wie mitt­ler­wei­le auch in öffent­li­cher Sit­zung mehr­heit­lich und ohne öffent­li­chen Mei­nungs­aus­tausch durch­ge­wun­ken hat, sehen die bei­den Geschäfts­leu­te in die­sem Vor­ge­hen kei­nen „Wett­be­werb als Vor­teil für die Bür­ger“, son­dern schlicht­weg das Ende ihres geschäft­li­chen Engagements.

Die Gemein­de stellt in ihrem letz­ten Mit­tei­lungs­blatt fest: „Der Gemein­de­rat schließt kei­nen Nahkauf“.

Die bei­den Betrei­ber des alt­ein­ge­ses­se­nen Super­mark­tes vor Ort betrach­ten die Ent­wick­lung völ­lig anders. Ihnen geht es dabei nicht um das neue Gewer­be­ge­biet an sich. Für sie ist es schlicht­weg unter kauf­män­ni­scher Sicht unsin­nig, ihren Pacht­ver­trag, der in drei Jah­ren aus­läuft, unter sol­chen Zukunfts­per­spek­ti­ven zu ver­län­gern. Zudem war geplant, dass Tho­mas Scheu­ring die Geschäfts­an­tei­le sei­nes Part­ners, der sich zurück­zie­hen woll­te, übernimmt.

Ein sol­ches Vor­ha­ben hat sich mit der dro­hen­den Kon­kur­renz­si­tua­ti­on durch Ansied­lung von Net­to natür­lich erüb­rigt. Die Kauf­kraft wird sich auf jeden Fall ver­la­gern, die Gewinn­si­tua­ti­on ändern.

Gebeu­telt durch Coro­na mit all sei­nen Auf­la­gen und Beschrän­kun­gen, bela­stet mit unvor­her­seh­ba­ren Fol­gen der momen­ta­nen Ener­gie­kri­se, muss Tho­mas Scheu­ring sei­ne Zusi­che­rung an die Gemein­de, die Ver­sor­gungs­si­cher­heit durch Nah­kauf für die näch­sten 15 Jah­re in Wals­dorf zu gewäh­ren, unter sol­chen Vor­aus­set­zun­gen zurücknehmen.

Momen­tan ste­hen somit eini­ge Aus­sa­gen im Raum, die bis­lang nicht wirk­lich öffent­lich dis­ku­tiert wur­den. Dem will die Bür­ger­initia­ti­ve „Wals­dorf 2.0“ abhel­fen. Die erste Unter­schrif­ten­samm­lung belegt, dass sowohl Wals­dor­fer Bür­ger wie auch Kun­den aus dem direk­ten Umland den Ein­zel­han­dels­be­trieb im Ort in kei­nem Fall in sei­ner Exi­stenz gefär­ten wol­len. Über 1000 Ein­trä­ge „pro Nah­kauf“ und damit auto­ma­tisch „con­tra Net­to“ zählt die Liste, die jetzt an die Gemein­de über­ge­ben wird.

Für Don­ners­tag, 24. Novem­ber 2022, ist zudem eine Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung geplant. Gleich­zei­tig ist ein Bür­ger­be­geh­ren in Vor­be­rei­tung. „Haben wir das jetzt alle Jah­re wie­der?“, fra­gen sich die Initia­to­ren von „Wals­dorf 2.0. Hier kauf ich noch gern“. Also jedes Jahr ein Bür­ger­be­geh­ren weil die Ent­schei­der in der Gemein­de eine völ­lig ande­re Sicht auf die ört­li­che Ent­wick­lung haben als die Bür­ger selbst?

Schließ­lich, so die neu­er­li­che Bür­ger­initia­ti­ve, zei­gen ande­re Gemein­den, wie es auch gehen könn­te: Nicht immer erst den Wider­stand der Ein­woh­ner erzeu­gen, son­dern alle Bürger:innen bereits im Vor­feld in die Vor­ha­ben ein­be­zie­hen, wenn es um die gemein­sa­me Wei­ter­ent­wick­lung und Zukunft geht.

Dass Bür­ger­mei­ster und Gemein­de­rä­te mir ihrer Ein­schät­zung von zukunfts­träch­ti­gen und wün­schens­wer­ten Vor­ha­ben nicht auto­ma­tisch rich­tig lie­gen, hat­te immer­hin erst vor einem Jahr nach einem Bür­ger­ent­scheid der anschlie­ßen­de Urnen­gang im Rah­men eines Bür­ger­ge­beh­rens bewiesen.

Das Abstim­mungs­er­geb­nis zwi­schen Rats­ent­scheid und Bür­ger­ent­scheid fiel deut­lich aus. Die von der Gemein­de favo­ri­sier­te Ansied­lung des Recy­ling­be­triebs ReFood wur­de von den Bür­gern mit rund 75% der Stim­men abgeschmettert.

Text + Foto: Bir­git Wolfrum-Reichel
(i.A. Bür­ger­initia­ti­ve „Wals­dorf 2.0. Hier kauf ich noch gern“)


Anmer­kung der Redak­ti­on: Sie­he dazu auch Aus der Wals­dor­fer Leser­post: „Popu­lis­mus in Walsdorf?“