Erste „Frän­ki­sche Alex­an­der von Hum­boldt-Aka­de­mie“ in Bayreuth

Prof. Dr. Martin Ott, Dr. Eberhard Schulz-Lüpertz, Oberbürgermeister Thomas Ebersberger, Eva Rundholz, Dr. Ingo Schwarz, Dr. Frank Holl, Hartmut Koschyk.
Prof. Dr. Martin Ott, Dr. Eberhard Schulz-Lüpertz, Oberbürgermeister Thomas Ebersberger, Eva Rundholz, Dr. Ingo Schwarz, Dr. Frank Holl, Hartmut Koschyk.

Erste „Frän­ki­sche Alex­an­der von Hum­boldt-Aka­de­mie“ im IWA­LE­WA-Haus der Uni­ver­si­tät Bay­reuth wid­me­te sich den frän­ki­schen Jah­ren des Universalgelehrten

Das Alex­an­der von Hum­boldt – Kul­tur­fo­rum Schloss Gold­kro­nach hat ein neu­es Ver­an­stal­tungs­for­mat ent­wickelt: die „Frän­ki­sche Alex­an­der von Hum­boldt – Aka­de­mie“, die in der Regi­on Bay­reuth und dar­über hin­aus das Bewusst­sein für die Bedeu­tung der frän­ki­schen Jah­re des jun­gen Hum­boldt ver­tie­fen will.

Hart­mut Koschyk, der Vor­sit­zen­de des Alex­an­der von Hum­boldt-Kul­tur­fo­rums konn­te zum Auf­takt der neu­en Ver­an­stal­tungs­rei­he im Iwa­le­wa-Haus der Uni­ver­si­tät Bay­reuth zahl­rei­che Hum­boldt-Inter­es­sier­te aus nah und fern begrü­ßen, die gekom­men waren, um Wis­sens­wer­tes über den Uni­ver­sal­ge­lehr­ten in sei­nen „frän­ki­schen Jah­ren“ von 1792 bis 1797 zu erfahren.

Ein Tages­se­mi­nar die­ser Grö­ßen­ord­nung sei vom Kul­tur­fo­rum allei­ne nicht zu schul­tern, so Koschyk. Inso­fern schät­ze man sich glück­lich, mit dem Regio­nal­ma­nage­ment der Regi­on Bay­reuth seit 2019 einen star­ken Part­ner an der Sei­te zu haben und die nöti­ge finan­zi­el­le Unter­stüt­zung zu erhal­ten. Koschyk rich­te­te sei­nen Dank an den Bay­reu­ther Ober­bür­ger­mei­ster Tho­mas Ebers­ber­ger, an den Bay­reu­ther Land­rat Flo­ri­an Wie­demann, an die Lei­te­rin der Regio­nal­ent­wick­lung, Eva Rund­holz, sowie an die neue Regio­nal­man­ge­rin der Regio­na­len Ent­wick­lungs­agen­tur für den Land­kreis Bay­reuth, Katha­ri­na Schrenker.

Koschyk dank­te allen wei­te­ren Koope­ra­ti­ons­part­nern, auf deren Unter­stüt­zung der Ver­an­stal­tung das Kul­tur­fo­rum zäh­len kön­ne: die Uni­ver­si­tät Bay­reuth, die Katho­li­sche Erwach­se­nen­bil­dung, das Evan­ge­li­sche Bil­dungs­werk, der Histo­ri­sche Ver­ein für Ober­fran­ken sowie der Fran­ken­bund Orts­grup­pe Bay­reuth. Der Histo­ri­sche Ver­ein für Ober­fran­ken war durch sei­nen 2. Vor­sit­zen­den, den Alt­land­rat von Wun­sie­del Dr. Peter Sei­ßer ver­tre­ten. Für das Evan­ge­li­sche Bil­dungs­werk Ober­fran­ken Mit­te nahm Frau Pfar­re­rin Dr. Ange­la Hager an der Ver­an­stal­tung teil. Auch der Geo­park Bay­ern-Böh­men war dem Tages­se­mi­nar mit sei­nem Geschäfts­füh­rer Dr. Andre­as Pete­rek vertreten.

Der Bay­reu­ther Ober­bür­ger­mei­ster Tho­mas Ebers­ber­ger signa­li­sier­te in sei­nem Gruß­wort auch für die Zukunft die Unter­stüt­zung des Hum­boldt-Kul­tur­fo­rums durch das Regio­nal­ma­nage­ment für die Stadt und den Land­kreis Bay­reuth und über­brach­te auch die Grü­ße von Land­rat Flo­ri­an Wie­demann. Mit dem genia­len Wis­sen­schaft­ler Alex­an­der von Hum­boldt kön­ne und müs­se man die Regi­on, die einst Berg­bau­re­gi­on war, wei­ter auf­wer­ten, die Bedeu­tung Alex­an­der Hum­boldts für Fran­ken sowie die Prä­gung Fran­kens auf Hum­boldts spä­te­res Leben noch viel stär­ker ins öffent­li­che Bewusst­sein rufen. Hier­bei kom­me dem Hum­boldt-Kul­tur­fo­rum eine wich­ti­ge Bedeu­tung zu.

Kul­tur­fo­rums-Vor­sit­zen­der Hart­mut Koschyk über­reich­te Ober­bür­ger­mei­ster Tho­mas Ebers­ber­ger einen „Geist Hum­boldts“ der Gold­kro­na­cher Edel­bren­ne­rei Raben­stein sowie der Regio­nal­ma­na­ge­rin Eva Rund­holz die „Hum­boldt-Rose“ der Rosen­zucht Kordes.

Pro­fes­sor Dr. Mar­tin Ott, Direk­tor des Insti­tuts für frän­ki­sche Lan­des­ge­schich­te der Uni­ver­si­tä­ten Bay­reuth und Bam­berg, eröff­ne­te die Vor­trags­rei­he mit sei­nem Rede­bei­trag „An der Zei­ten­wen­de. Poli­ti­sche Ent­wick­lun­gen in Alex­an­der von Hum­boldts frän­ki­schen Jah­ren“. Besag­te Zei­ten­wen­de, die Zeit des poli­ti­schen Umbruchs mit einer Neu­ord­nung der Ter­ri­to­ri­en, ist um 1800 her­um zu ver­or­ten. Domi­nier­te im Hei­li­gen Römi­schen Reich eine sehr sta­bi­le Ord­nung mit streng fest­ge­leg­ten Hier­ar­chien und einem geord­ne­ten Macht­über­gang inner­halb der Herr­scher­häu­ser, so brach­ten die poli­ti­schen Ver­än­de­run­gen jetzt alte Struk­tu­ren ins Wan­ken. Ratio­na­li­tät zieht ein, was nicht gebraucht wird, wird abge­schafft. Zu Hum­boldts Zeit in Fran­ken gab es kei­ne zen­tra­le Ver­wal­tung, das Gebiet war „durch­lö­chert“ (ter­ri­to­ri­um non clausum). Mini­ster von Har­den­berg, der Hum­boldt sozu­sa­gen „ent­deckt“ und nach Fran­ken geholt hat­te, soll­te als Statt­hal­ter die Regi­on an preu­ßi­sche Ver­hält­nis­se anpassen.

Der Münch­ner Autor und Hum­boldt-Exper­te Dr. Frank Holl sprach zum The­ma „Hum­boldt in Fran­ken – die Geburt sei­nes glo­ba­len For­schungs­pro­gramms“. Was war Hum­boldt für ein Mensch, als er nach Fran­ken kam? Zwar hat­te er in Ber­lin zusam­men mit sei­nem Bru­der eine umfas­sen­de Bil­dung erhal­ten, den­noch fühl­te er sich unglück­lich, ein­ge­engt, unzu­frie­den mit sich selbst. Er war ein ewig „Getrie­be­ner“, der nur zufrie­den ist, wenn er drei Sachen gleich­zei­tig erfor­schen kann. Er kam mit nur vier Stun­den Schlaf aus, bereist neben sei­nen For­schun­gen im Berg­bau viel umher und macht selbst bei den Kutsch­fahr­ten Auf­zeich­nun­gen über die gewon­ne­nen Ein­drücke. Zahl­rei­che wis­sen­schaft­li­che Selbst­ver­su­che präg­ten sei­ne Arbeit als Ober­berg­mei­ster und er war schon zu sei­ner Zeit in Fran­ken ein in ganz Deutsch­land gefrag­ter Wis­sen­schaft­ler. Die Fra­ge nach der Her­kunft der Gestei­ne beschäf­tig­te ihn stark und er kam zur Erkennt­nis, dass sie nicht nur aus Abla­ge­run­gen im Meer ent­stan­den sind, son­dern dass es auch ver­ti­ka­le Gesteins­schich­ten (durch Vul­ka­nis­mus) gibt. Schon in sei­ner frän­ki­schen Zeit tritt er in die phy­si­sche Welt­be­schrei­bung ein, die er in Bay­reuth ent­wickelt hat und die ihn sein gan­zes Leben lang begleitet.

Der drit­te Refe­rent, Dr. Eber­hard Schulz-Lüpertz, hat Astro­no­mie und Phy­sik stu­diert, beschäf­tigt sich aber viel mit wis­sen­schafts­hi­sto­ri­schen The­men. Sein Refe­rat trug den Titel „Der edle Stif­ter die­ser Anstalt – Remi­nis­zen­zen an den Ober­berg­mei­ster Hum­boldt“. „Stif­ter die­ser Anstalt“ des­halb, weil er Berg­schu­len ein­führ­te, sich um die Sicher­heit und Ver­sor­gung der Berg­leu­te küm­mer­te, Ret­tungs­ge­rä­te ent­wickel­te und eine Wit­wen­kas­se grün­de­te. Har­den­berg über­zeug­te er von einem moder­ni­sier­ten Berg­bau, indem er z. B. Hilfs­mit­tel wie das Schwarz­pul­ver ein­setz­te und so die Gewin­ne rasch ver­dop­peln konn­te. Das ver­lieh dem Gold­berg­bau in Fran­ken zwar noch ein­mal einen gro­ßen Schub, konn­te des­sen Unter­gang aber nicht auf­hal­ten. Auf­trit­te Hum­boldts in preu­ßi­scher Berg­manns­uni­form wäh­rend sei­ner Mit­tel­ame­ri­ka­rei­se zei­gen, dass er stolz war auf sei­ne frän­ki­sche Zeit und sich ger­ne als preu­ßi­scher Berg­mann im Aus­land präsentierte.

Dr. Ingo Schwarz, lang­jäh­ri­ger Lei­ter der Hum­boldt-For­schungs­stel­le der Ber­lin-Bran­den­bur­gi­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten refe­rier­te zum The­ma „Alex­an­der von Hum­boldts spä­te­res Wir­ken für die Wis­sen­schaf­ten in Bay­ern“. Der Ein­fluss Hum­boldts auf den Wis­sen­schafts­stand­ort Bay­ern war enorm. Auf dem Wand­fres­ko von Engel­bert Sei­bertz im Aka­de­mie­saal des Maxi­mi­lia­ne­ums lässt sich – wenn auch nur fik­tiv – erken­nen, dass er mit nahe­zu allen renom­mier­ten Wis­sen­schaft­lern und Künst­lern bekannt war, sie för­der­te und auch als Bera­ter des Königs Maxi­mi­li­an II. emp­fahl. Alex­an­der von Hum­boldt konn­te sich eines sel­te­nen Pri­vi­legs rüh­men: er durf­te sich per­sön­lich an den Baye­ri­schen König wen­den, den er schon als Kron­prinz ken­nen gelernt hat­te und mit dem ihn eine gegen­sei­ti­ge Wert­schät­zung ver­band. Eine ganz ande­re Beson­der­heit ver­band den Baye­ri­schen König mit Hum­boldt: ein Papa­gei, genau­er gesagt ein schwar­zer Vasa-Papa­gei aus Mada­gas­kar, der den Weg von König Maxi­mi­li­an II über Groß­her­zog Carl August von Sach­sen-Wei­mar-Eisen­ach zu Hum­boldt fand. Sei­ne drei­ßig letz­ten Lebens­jah­re ver­brach­te er mit dem geleh­ri­gen Vogel in Ber­lin, der die Besu­cher im Haus Hum­boldt oft mit dem Satz „Viel Zucker, viel Kaf­fee, Herr Sei­fert!“ unter­brach. Sei­fert war der treue lang­jäh­ri­ge Die­ner, bei dem Hum­boldt sei­nen Kaf­fee bestellte.

Auch die Refe­ren­ten der Auf­takt­ver­an­stal­tung der „Frän­ki­schen Alex­an­der von Hum­boldt-Aka­de­mie“ des Hum­boldt-Kul­tur­fo­rums wur­den mit dem „Geist Hum­boldts“ und Schrif­ten des Hum­boldt-Kul­tur­fo­rums bedacht.

Das Tages­se­mi­nar, bei dem die Teil­neh­mer in den Pau­sen eif­rig mit den Refe­ren­ten dis­ku­tier­ten konn­ten, beschloss Ver­eins­vor­sit­zen­der Hart­mut Koschyk mit dem Hin­weis, dass das Hum­boldt- Kul­tur­fo­rum in abseh­ba­rer Zeit einen ent­spre­chen­den Tagungs­band her­aus­ge­ben werde.