Der Neu­ro­lo­ge und Buch­au­tor Prof. Dr. Vol­ker Busch sprach beim 20. Unter­neh­mer­fo­rum der Spar­kas­se Forchheim

Der Neurologe und Buchautor Prof. Dr. Volker Busch sprach beim 20. Unternehmerforum der Sparkasse Forchheim Oktober 2022
Vor vollen Reihen hielt der renommierte Wissenschaftler und Redner Prof. Dr. Volker Busch einen inspirierenden Vortrag zum Thema „Kopf oder Bauch?“ beim 20. Unternehmerforum in der Hauptstelle der Sparkasse Forchheim. Foto: Sparkasse Forchheim

Spar­kas­se Forch­heim – Unter­neh­mer­fo­rum 2022

Der Neurologe und Buchautor Prof. Dr. Volker Busch sprach beim 20. Unternehmerforum der Sparkasse Forchheim Oktober 2022

Im Anschluss an den inspi­rie­ren­den Vor­trag von Prof. Dr. Vol­ker Busch (mi.) folg­ten ange­reg­te Unter­hal­tun­gen zusam­men mit Dr. Ewald Mai­er, Vor­stands­vor­sit­zen­der der Spar­kas­se Forch­heim (li.), und den Besu­chern des 20. Unter­neh­mer­fo­rums. Foto: Spar­kas­se Forchheim

Wie trifft man die rich­ti­ge Ent­schei­dung? Mit Kopf oder Bauch? Für rund 150 Besu­cher des inzwi­schen 20. Unter­neh­mer­fo­rums der Spar­kas­se Forch­heim im Okto­ber 2022 hat der Neu­ro­lo­ge und Buch­au­tor Prof. Dr. Vol­ker Busch aus Regens­burg Rat­schlä­ge. Es wird ein inspi­rie­ren­der, kurz­wei­li­ger und fas­zi­nie­ren­der Abend mit Schim­pan­sen als Akti­en-Exper­ten, Eski­mos, die sich ver­lau­fen und Zoll­be­am­ten, die eine Näs­chen für Dro­gen­schmugg­ler haben.

Tau­sen­de Male ist Juan Manu­el Fan­gio den Rund­kurs in Mon­te Car­lo schon gefah­ren. An die­sem 21. Mai 1950 ist etwas anders. Irgend­et­was kommt dem fünf­fa­chen Welt­mei­ster spa­nisch vor. Er weiß nicht war­um, aber der For­mel 1‑Pilot bremst sei­nen Renn­wa­gen sofort ab. Das ret­tet ihn vor einem Zusam­men­stoß und schlim­men Fol­gen. Dabei hat er den Unfall vor sich auf der Strecke gar nicht mit­be­kom­men. Ein Tun­nel hat den Blick ver­sperrt. Die Intui­ti­on aber hat ihn nicht im Stich gelas­sen. Es dau­ert vie­le Stun­den, bis der Argen­ti­ni­er nach sei­nem Grand Prix-Sieg end­lich weiß, was ihn gewarnt hat. Unter­be­wusst hat er wahr­ge­nom­men, dass das Publi­kum in eine ganz ande­re Rich­tung geblickt hat als sonst. Das hat ihn blitz­schnell reagie­ren lassen.

Mit sol­chen anschau­li­chen Bei­spie­len weiß Vol­ker Busch sein Publi­kum zu fes­seln. Von wegen „Ich bin Pro­fes­sor. Ich kann lang­wei­li­ge Reden hal­ten“. Schließ­lich prä­gen mehr als 100.000 Ent­schei­dun­gen täg­lich unser Leben. „Dabei geht es nicht, immer die rich­ti­ge Ent­schei­dung zu tref­fen, son­dern die, die mit der wir leben kön­nen“. Die unver­meid­li­chen Feh­ler sei­en dazu da, aus ihnen zu ler­nen und immer bes­ser zu wer­den. In sei­ner kli­ni­schen Pra­xis hat der Fach­arzt für Neu­ro­lo­gie immer öfter auch mit Men­schen zu tun, die sich von Künst­li­cher Intel­li­genz bedroht füh­len. „Sie haben Angst, dass ihre beruf­li­che Tätig­keit von Algo­rith­men über­nom­men wer­den könn­te“. Tat­säch­lich sind Com­pu­ter­pro­gram­me auf einer Stu­fe mit mit­tel­mä­ßi­gen Radio­lo­gen, wenn es um die Aus­wer­tung von Rönt­gen­bil­dern geht.

Vol­ker Busch hat frei­lich eine tröst­li­che Bot­schaft. Auch wenn Maschi­nen bestimm­te Din­ge bes­ser könn­ten als das mensch­li­che Gehirn, etwa die Ver­ar­bei­tung gro­ßer Daten­men­gen; die klei­nen grau­en Zel­len kön­nen dafür einen Sinn in den Din­gen erken­nen. Intel­li­genz bedeu­tet über­setzt nicht ohne Grund: Zwi­schen den Zei­len-Lesen. „Das mit dem Kon­text ist unse­re Stär­ke. Das kann die Maschi­ne nicht“. Ein erschrecken­des Bei­spiel ist ein Goog­le-Bil­der­ken­nungs-Pro­gramm, das dun­kel­häu­ti­ge Men­schen für Goril­las gehal­ten hat. Die Algo­rith­men sind offen­bar über­for­dert. „Dass das Men­schen sind, erkennt sogar ein zwei­jäh­ri­ges Kind“.

Um gute Ent­schei­dun­gen tref­fen zu kön­nen, benö­tigt man gar nicht so vie­le Infor­ma­tio­nen. „Brau­chen Sie beim Restau­rant­be­such unbe­dingt eine Spei­se­kar­te mit 200 Gerich­ten wie beim Inder?“ Oder über­for­dert solch eine unge­heu­re Aus­wahl nicht eher. Wie bei zahl­lo­sen Ange­bo­ten im Fern­se­hen und bei Strea­ming-Dien­sten. „Über­all guckt man, ob es nicht noch etwas Bes­se­res gibt“. Am Ende habe man dann die Zeit mit Trai­lern ver­geu­det. „Das nennt der Fach­mann Ent­schei­dungs-Melan­cho­lie“. Infor­ma­tio­nen sei­en über­le­bens­wich­tig, aber ein zuviel verwirre.

Wenn man Vol­ker Busch folgt, braucht es nur weni­ge, aber die rich­ti­gen Infor­ma­tio­nen. Und es braucht den guten alten Imma­nu­el Kant und sei­ne Maxi­me, sich sei­nes eige­nen Ver­stan­des zu bedie­nen. „Nach­den­ken, zwei­feln, kri­ti­sche Fra­gen stel­len hilft uns, Feh­ler zu ver­mei­den“. Wer sich nur noch blind auf die Tech­nik ver­las­se, der bekom­me Pro­ble­me. Wie ein Pil­ze­samm­ler, der einer App ver­traut und des­halb ver­se­hent­lich gif­ti­ge Pil­ze isst. Wie ein Inu­it, der den GPS-Daten folgt und sich bei einem Aus­fall des Signals in der Eis­wü­ste ver­irrt. Wie ein Inter­nist, der nur auf die Kern­spin-Bil­der und nicht auf den Pati­en­ten schaut.

Der Arzt und Autor zeigt, dass man sich bei der Ent­schei­dungs­fin­dung durch­aus auf sein Bauch­ge­fühl ver­las­sen kann. Aber nur wenn man über genü­gend Erfah­rung ver­fügt, einer Sache die nöti­ge Auf­merk­sam­keit wid­met und ein gutes Erin­ne­rungs­ver­mö­gen besitzt. Wie die legen­dä­re „Schwe­ster Agnes“, die er auf einer Inten­siv­sta­ti­on für Früh­ge­bo­re­ne erlebt hat. Sie hat­te nicht sein enzy­klo­pä­di­sches Bücher­wis­sen. Dafür aber jahr­zehn­te­lan­ge Pra­xis und durch die­se Ver­wur­ze­lung im Leben ein Gespür dafür, wenn es einem Kind nicht gut ging. „Sie hat­te mit ihrer Intui­ti­on fast immer recht, auch wenn sie es nicht erklä­ren konn­te“. Das mag auch damit zusam­men­hän­gen, dass die Kran­ken­schwe­ster ihr Tun immer wie­der kri­tisch über­prüft hat. Das rät Vol­ker Busch den Unter­neh­me­rin­nen und Fir­men­chefs. Ein­fach abends hin­set­zen, aus dem Fen­ster schau­en und nach­den­ken über die wich­ti­gen Ent­schei­dun­gen des ver­gan­ge­nen Tages. „Die­se Kopf frei-Momen­te und das Feed­back mit uns selbst macht uns bes­ser“. Am Ende plä­diert der Neu­ro­wis­sen­schaft­ler und Psy­cho­lo­ge dafür, bei Ent­schei­dun­gen Kopf und Bauch glei­cher­ma­ßen zu folgen.