Im Fall der Miss­brauchs­vor­wür­fe gegen den frü­he­ren Pfar­rer von Wal­len­fels – Erz­bis­tum Bam­berg ruft erneut Betrof­fe­ne auf, sich zu melden

Miss­brauchs­vor­wür­fe gegen ehe­ma­li­gen Pfar­rer von Wal­len­fels gab es seit 1963

Erz­bis­tum Bam­berg will die Sach­la­ge gänz­lich erfor­schen und öffent­lich machen und den Betrof­fe­nen Hil­fe zukom­men zu lassen

Das Erz­bis­tum Bam­berg teilt nach erneu­ter Durch­sicht der im Archiv vor­han­de­nen Per­so­nal­un­ter­la­gen mit, dass es bereits 1963 Miss­brauchs­vor­wür­fe gegen den lang­jäh­ri­gen Pfar­rer von Wal­len­fels, Die­ter Scholz, gab. Betrof­fe­ne hat­ten dem dama­li­gen Weih­bi­schof Johan­nes Len­hardt von sexu­el­len Annä­he­rungs­ver­su­chen des Prie­sters wäh­rend sei­ner Kaplanszeit berich­tet. Er wur­de dar­auf­hin aus dem Dienst genom­men. Zugleich wur­de ange­ord­net, dass er sich zur Besin­nung und Umkehr zuerst ins Klo­ster Nie­der­al­t­eich und dann in die Abtei Mün­ster­schwarz­ach bege­ben müsse.

Für sei­ne Ver­ge­hen in die­ser Zeit schrieb Scholz zwei Ent­schul­di­gungs­brie­fe an Erz­bi­schof Josef Schnei­der und Weih­bi­schof Len­hardt. 1964 wur­de der Bit­te von Scholz ent­spro­chen, als Seel­sor­ger nach Boli­vi­en zu wech­seln. Er war im Apo­sto­li­schen Vika­ri­at Ñuf­lo de Chá­vez tätig. 1969 kehr­te er ins Erz­bis­tum Bam­berg zurück und war zuerst in den Pfar­rei­en Wei­sen­dorf und Kirch­eh­ren­bach tätig, bevor er 1970 zum Kaplan in Wal­len­fels ernannt wur­de, wo er anschlie­ßend von 1972 bis 1995 Pfar­rer war. 1995 wur­de er zum Pfar­rer in Uffen­heim ernannt.

Am 22. Okto­ber 1996 ver­ließ Scholz abrupt, ohne Mit­tei­lung, die Pfar­rei wegen Unstim­mig­kei­ten mit dem Pfarr­ge­mein­de­rat und hin­ter­ließ einen Abschieds­brief. Weni­ge Mona­te spä­ter mel­de­te er sich aus Boli­vi­en und wur­de im Vika­ri­at Ñuf­lo de Chá­vez tätig.

Im Jahr 1999 gab es erneut einen Vor­wurf des sexu­el­len Miss­brauchs. Die Über­prü­fung des Vor­wurfs war schwie­rig, weil er nicht von einem Opfer kam und sich Pfar­rer Scholz in Boli­vi­en auf­hielt. Zwi­schen 1964 und 1999 sind kei­ne Miss­brauchs­vor­wür­fe in den Akten des Bis­tums doku­men­tiert. Die genann­ten Infor­ma­tio­nen sind auch in die bun­des­wei­te MHG-Stu­die, die von 2014 bis 2018 aus den Per­so­nal­ak­ten der Jah­re 1949 bis 2014 ange­fer­tigt wur­de, ein­ge­flos­sen. Im April 2022 wur­den aus Pri­vat­be­sitz Nach­lass­ak­ten des Prie­sters dem Diö­ze­san­ar­chiv über­ge­ben. In die­sen fin­den sich Tage­buch­auf­zeich­nun­gen, aus denen Miss­brauch von Jugend­li­chen hervorgeht.

2003 ver­setz­te Erz­bi­schof Schick den inzwi­schen 70-Jäh­ri­gen regu­lär in den Ruhe­stand. Bis zu sei­nem Tod am 8. Mai 2005 hielt Scholz sich erneut in Wal­len­fels auf.

Erz­bi­schof Schick teilt mit, dass er erst nach dem Tod von Die­ter Scholz von den Vor­wür­fen gehört habe. Er stellt fest, dass es nach den heu­ti­gen Richt­li­ni­en schwe­re Ver­säum­nis­se der Bis­tums­lei­tung gab. Auch wenn den Akten kei­ne Hin­wei­se auf straf­recht­li­che Schrit­te zu ent­neh­men sind, sei es aus heu­ti­ger Sicht unvor­stell­bar, dass ein Prie­ster, dem sol­che Vor­wür­fe gemacht wur­den, nicht aus dem Dienst genom­men und zumin­dest kir­chen­recht­lich bestraft wür­de. Er hät­te nach 1963 nicht mehr als Kaplan und Gemein­de­pfar­rer ein­ge­setzt wer­den dür­fen, beton­te Schick. Sein Mit­ge­fühl gel­te den Betrof­fe­nen. Er habe auch schon per­sön­li­che Gesprä­che geführt.

Zusätz­lich zu den bis­her fünf dem Erz­bis­tum bekann­ten Betrof­fe­nen haben sich nach dem ersten Auf­ruf ver­gan­ge­ne Woche inzwi­schen drei wei­te­re Betrof­fe­ne gemel­det. Das Erz­bis­tum erneu­er­te sei­nen Auf­ruf an Betrof­fe­ne aus allen Ein­satz­or­ten von Pfar­rer Scholz (Ober­kot­z­au 1960, Hers­bruck 1960/61, Nürn­berg St. Georg 1962–64, Main­roth 1964, Wei­sen­dorf 1969, Kirch­eh­ren­bach 1970, Wal­len­fels 1970–1995, Uffen­heim 1995–1996), sich zu mel­den bei der Miss­brauchs­be­auf­trag­ten des Erz­bis­tums Bam­berg, Rechts­an­wäl­tin Eva Hasten­teu­fel-Knörr, Tele­fon 0951/40735525, E‑Mail eva.​hastenteufel@​kanzlei-​hastenteufel.​de. Wei­te­rer Ansprech­part­ner ist der frü­he­re Ober­staats­an­walt Joseph Düsel, Tele­fon 0951/15337, E‑Mail j.​duesel@​web.​de.

Der Betrof­fe­nen­bei­rat ist über die Home­page www​.bb​-bam​berg​.de erreich­bar. Auch an die bei­den Diö­ze­sen in Boli­vi­en wird Mit­tei­lung gemacht und wer­den Anfra­gen gerich­tet. Erz­bi­schof Lud­wig Schick steht allen Betrof­fe­nen zu Gesprä­chen zur Verfügung.