IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth: Preis­spi­ra­le setzt Wirt­schaft unter Druck

IHK für Oberfranken Bayreuth: Preisspirale setzt Wirtschaft unter Druck August 2022
Dr. Michael Waasner von der IHK für Oberfranken Bayreuth: "Aktuell muss alles getan werden, um die Märkte zu stabilisieren. Das letzte, was die Wirtschaft braucht, sind weitere Preissteigerungen." Foto: ochsenfoto.de

Wirt­schaft hat mit rekord­ver­däch­ti­gen Preis­stei­ge­run­gen zu kämpfen

„Immer mehr Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer aus immer mehr Bran­chen kla­gen über die schlech­te Ver­füg­bar­keit von Roh­stof­fen und Pro­duk­ten und über stark gestie­ge­ne Prei­se“, so Dr. Micha­el Waas­ner, Prä­si­dent der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

„Die Ursa­chen dafür sind viel­schich­tig“, macht Dr. Waas­ner deut­lich. „Nicht nur der Krieg in der Ukrai­ne lässt vie­le Prei­se nach oben schnel­len und führt zu einer schlech­ten Ver­füg­bar­keit zahl­rei­cher Pro­duk­te. Hin­zu kom­men auch wei­ter­hin erheb­li­che Pro­ble­me bei den Lie­fer­ket­ten, etwa durch die Schlie­ßung chi­ne­si­scher Häfen auf­grund von Coro­na-Aus­brü­chen, erheb­li­che Kapa­zi­täts­eng­päs­se an den deut­schen Häfen, der Wirt­schafts­krieg vor allem mit Russ­land und neu­er­dings auch der Tai­wan- Konflikt.

Teil­wei­se Ver­dop­pe­lung der Preise

Die Preis­stei­ge­run­gen betref­fen nicht nur Erd­gas, Strom und Erd­öl, son­dern auch vie­le ande­re Roh­stof­fe und Pro­duk­te. Bei weit über 1.000 Pro­duk­ten erfasst das Sta­ti­sti­sche Bun­des­amt (desta­tis) jeden Monat die Erzeu­ger­prei­se für gewerb­li­che Pro­duk­te. Im Juni 2022 lagen die Prei­se bei 29 beob­ach­te­ten Pro­duk­ten in Deutsch­land dop­pelt so hoch wie 2019, also dem Jahr vor Coro­na. Bei wei­te­ren 88 Pro­duk­ten leg­ten die Prei­se um wenig­stens die Hälf­te zu, bei über 200 Pro­duk­ten um mehr als ein Vier­tel. Beson­ders hoch sind die Preis­sprün­ge dabei in den mei­sten Fäl­len von 2021 auf 2022. Dr. Waas­ner: „Das bleibt nicht ohne Aus­wir­kun­gen auf die hei­mi­sche Wirt­schaft“. Exor­bi­tant gestie­gen sind aber auch Prei­se, die von desta­tis nicht erfasst wer­den, etwa für Chips und Halb­lei­ter, zum Teil um das Hundertfache.

Die Coro­na-Pan­de­mie hat­te bei vie­len Pro­duk­ten auf­grund der nach­las­sen­den Nach­fra­ge zunächst dazu geführt, dass viel­fach die Prei­se etwas nach­ga­ben oder zumin­dest sta­bil geblie­ben sind. „Bei den mei­sten Preis­in­di­ces lässt sich beob­ach­ten, dass Preis­stei­ge­run­gen bereits zur Jah­res­mit­te 2021 ein­setz­ten und dann viel­fach durch den Krieg in der Ukrai­ne deut­lich befeu­ert wur­den“, so Dr. Waas­ner. Die Palet­te der betrof­fe­nen Roh­pro­duk­te ist dabei groß, sie reicht von pflanz­li­chen Ölen über Holz‑, Papier- und Metall­pro­duk­te bis hin zu Sal­pe­ter­säu­re oder Ammoniak.

Preis­sprün­ge wegen Preis­stei­ge­run­gen und feh­len­den Verfügbarkeiten

Oft han­delt es sich bei den Pro­duk­ten, die in den ver­gan­ge­nen Mona­ten enor­men Preis­stei­ge­run­gen aus­ge­setzt waren, um Waren, ohne die eine Her­stel­lung ande­rer Erzeug­nis­se nicht mög­lich ist. So wird etwa Sal­pe­ter­säu­re (+124 Pro­zent zwi­schen Juni 2019 und Juni 2022) zur Her­stel­lung von Stick­stoff­dün­ge­mit­teln ver­wen­det und ist ein Aus­gangs­stoff für die Syn­the­se von Kunst­stof­fen und Che­mie­fa­sern ein­ge­setzt oder auch zum Bei­zen von Metal­len. Ammo­ni­ak (+164 Pro­zent) wie­der­um dient als Aus­gangs­stoff für die Syn­the­se zahl­rei­cher Ver­bin­dun­gen und wird auch zur Pro­duk­ti­on von Kunst­stof­fen ein­ge­setzt. Die Kunst­stoff­ver­ar­bei­ten­de Indu­strie ist in Ober­fran­ken nach dem Maschi­nen­bau, gemes­sen an den Beschäf­tig­ten­zah­len, die wich­tig­ste Industriebranche.

Erd­gas mit den höch­sten Preissteigerungen

Nicht über­ra­schend, dass die stärk­sten Preis­an­stie­ge bei der Ener­gie zu beob­ach­ten sind. Bör­sen­no­tier­tes Erd­gas war im Juni 2022 acht­mal so teu­er wie noch im Juni 2019 und sogar sech­zehn­mal so teu­er, wie im Juni 2020. Haus­hal­te zahl­ten für Erd­gas im Juni 2022 rund zwei Drit­tel mehr als im Vor­jah­res­mo­nat. Der Bör­sen­preis für Strom ist um 476 Pro­zent gestie­gen, für End­ver­brau­cher je nach Abga­be­men­ge um zehn bis 27 Pro­zent, für Son­der­ver­trags­kun­den, also Groß­ab­neh­mer, um über 70 Pro­zent. Aber auch Was­ser­stoff, Ener­gie­trä­ger der Zukunft, ver­zeich­net einen Preis­an­stieg von 160 Pro­zent; Koks aus Stein- oder Braun­koh­le ist 80 Pro­zent teu­rer als vor drei Jahren.

„Die­se extre­men Preis­sprün­ge zei­gen deut­lich, wie ver­letz­lich der Stand­ort Deutsch­land ist und wie wich­tig eine Wie­der­her­stel­lung der Lie­fer­ket­ten“, so der IHK-Prä­si­dent. Die­se Preis­ent­wick­lung schlägt sich über die Infla­ti­ons­ra­te auch beim End­ver­brau­cher nie­der. Die nach­las­sen­de Kon­sum­lau­ne bekom­men längst auch Ein­zel­han­del und Tou­ris­mus zu spüren.

Dr. Waas­ner: „Aktu­ell muss alles getan wer­den, um die Märk­te zu sta­bi­li­sie­ren. Das letz­te, was die Wirt­schaft braucht, sind wei­te­re Preissteigerungen.“