Bay­reu­ther Bio­lo­ge ent­deckt unbe­kann­te Orchideen-Art

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Das auf­fäl­lig­ste Merk­mal der neu ent­deck­ten, nur weni­ge Zen­ti­me­ter gro­ßen Orchi­dee sind ihre wei­ßen Blü­ten. Hält man die Orchi­dee gegen das Son­nen­licht, schei­nen die Blü­ten zu glit­zern. Die Blü­ten sind klei­ner, aber zahl­rei­cher als die der nächst­ver­wand­ten Orchi­deen­art „Rhipi­doglossum lee­da­lii“. Der Blü­ten­stand ist deut­lich kom­pak­ter und erin­nert an den eines Mai­glöck­chens. Die Spe­zi­es Rhipi­doglossum pareen­se wächst im Nebel­wald in einer Höhe ober­halb von 1.500 Metern,
wo sie von Dr. Andre­as Hemp bei For­schungs­ar­bei­ten ent­deckt wur­de. Die Bäu­me errei­chen hier nur eine Höhe von zehn Metern und sind dicht mit Moo­sen, Far­nen und Orchi­deen besetzt. Auch _​Rhipidoglossum pareense_​zählt zu die­sen Auf­sit­zer­pflan­zen (Epi­phyten).

„Die jetzt ent­deck­te Orchi­deen­art ver­dankt ihre Exi­stenz ver­mut­lich den sehr unge­wöhn­li­chen kli­ma­ti­schen Bedin­gun­gen. In den Nebel­wäl­dern der Südpa­re-Ber­ge reg­net es zwar oft nur 700 Mil­li­me­ter im Jahr, hin­zu kommt aber der Nebel­nie­der­schlag, der das Zwei- bis Drei­fa­che die­ser Men­ge aus­macht. Die­se Gebirgs­re­gi­on im Nord­osten Tan­sa­ni­as stellt wirk­lich ein bota­ni­sches Eldo­ra­do dar: Vor kur­zem habe ich hier auch eine neue Art von Akan­thus-Gewäch­sen ent­deckt, die taxo­no­mi­sche Beschrei­bung wird dem­nächst ver­öf­fent­licht“, sagt PD Dr. Andre­as Hemp vom Lehr­stuhl für Pflan­zen­sy­ste­ma­tik der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Im Zuge sei­ner Unter­su­chun­gen zur Bio­di­ver­si­tät und Öko­lo­gie afri­ka­ni­scher Wäl­der hat der Bay­reu­ther Bio­lo­ge auf zahl­rei­chen Ber­gen vege­ta­ti­ons­kund­li­che Unter­su­chungs­flä­chen ange­legt. Auf jeder Flä­che hat er die Arten­zu­sam­men­set­zung der Vege­ta­ti­on voll­stän­dig erfasst und doku­men­tiert. Ins­ge­samt umfasst die dar­aus her­vor­ge­gan­ge­ne Daten­bank mitt­ler­wei­le meh­re­re Tau­send Vege­ta­ti­ons­auf­nah­men. Typisch für alle tro­pi­schen Berg­re­gen­wäl­der sind die Epi­phyten, die eine wich­ti­ge Rolle
für den Was­ser­haus­halt und die Arten­viel­falt spie­len. „Beim Auf­fin­den so klei­ner Epi­phyten wie der neu ent­deck­ten Orchi­dee ist viel Glück im Spiel: Hät­te sie nicht zum rech­ten Zeit­punkt geblüht, wäre sie sicher­lich unbe­merkt geblie­ben“, sagt Hemp. In den benach­bar­ten tan­sa­ni­schen Ngu­ru-Ber­gen, die wie die Südpa­re-Ber­ge zur Ket­te der Eastern-Arc-Ber­ge gehö­ren, hat er bei sei­nem jüng­sten For­schungs­auf­ent­halt eine wei­te­re bis­her unbe­kann­te Orchi­deen­art aus der gro­ßen Gat­tung „Poly­stachya“ gefunden.

Inter­na­tio­nal füh­ren­der Spe­zia­list für Orchi­deen in Ost­afri­ka ist Dr. Phil Cribb von den Roy­al Bota­ni­cal Gar­dens in Kew, Lon­don. Er ist Autor der Orchi­deen-Bestim­mungs­bän­de der „Flo­ra of Tro­pi­cal East Afri­ca“. „Nach­dem ich die in den Südpa­re-Ber­gen ent­deck­te Orchi­dee mit die­sen Bän­den nicht ein­deu­tig bestim­men konn­te, habe ich ihn um sei­ne Exper­ti­se gebe­ten. Zusam­men haben wir dann die neue Art beschrie­ben und auch den Namen _​Rhipidoglossum pareense_​gewählt“, berich­tet Hemp. Min­de­stens ein­mal pro Jahr besucht er das Her­bar des bota­ni­schen Gar­tens in Kew. „Das Her­bar in Kew ent­hält die welt­weit umfas­send­ste Sammlung
von Pflan­zen aus Ost­afri­ka. Die lang­jäh­ri­ge Zusam­men­ar­beit mit den dor­ti­gen her­aus­ra­gen­den Ken­nern der afri­ka­ni­schen Flo­ra ist eine wert­vol­le Unter­stüt­zung und immer wie­der auch ein Ansporn für mei­ne eige­ne For­schungs­ar­beit. Sol­che umfas­sen­den Samm­lun­gen, wel­che die Vege­ta­tio­nen aus frü­he­ren Jahr­zehn­ten und Jahr­hun­der­ten doku­men­tie­ren, sind für die aktu­el­le Bio­di­ver­si­täts­for­schung unent­behr­lich“, sagt der Bay­reu­ther Pflanzensystematiker.

VER­ÖF­FENT­LI­CHUNG:

P. J. Cribb, A. Hemp: _​Rhipidoglossum pareense_​(Orchi­daceae: Epi­den­dro­ide­ae), a new spe­ci­es from Tan­z­a­nia. Kew Bul­le­tin (2022). DOI:
https://dx.doi.org/10.1007/S12225-022–10027‑2