Bad Ber­neck: Feri­en­zeit, Biki­ni­zeit – Zeit, den Bauch einzuziehen?

Ana Herrmannsdörfer

Ana Herr­manns­dör­fer ist Phy­sio­the­ra­peu­tin und führt mit ihrem Mann das The­ra­pie­L­oft Fich­tel­ge­bir­ge. Foto: Ana Herrmannsdörfer

Der Som­mer ist in vol­lem Gan­ge, mit eng anlie­gen­der Klei­dung, Bade­an­zü­gen, bauch­frei­en Tops – und einer Ange­wohn­heit, die gegen vie­les hel­fen soll, es aber nicht tut. Die Rede ist vom Bauch ein­zie­hen. Es sind mei­stens Frau­en, die dadurch für einen fla­chen Bauch sor­gen möch­ten und auch der Mei­nung sind, es sei gut für die Sta­tur und Mus­ku­la­tur. Ein Mythos, mit dem unbe­dingt auf­ge­räumt wer­den sollte.

„Es geht schon mal mit dem Schön­heits­ide­al los, das uns in den Medi­en ver­mit­telt wird“, erklärt Ana Herr­manns­dör­fer, war­um vie­le Frau­en sich nahe­zu dazu gezwun­gen sehen, ihren Bauch ein­zu­zie­hen, sobald sie enge­re Klei­dung anha­ben. „Bauch rein, Brust raus, so soll frau durch den All­tag gehen.“ Gegen das Hohl­kreuz soll es auch hel­fen, und die Mus­ku­la­tur an der Len­den­wir­bel­säu­le unter­stüt­zen – also gesund sein. Ana Herr­manns­dör­fer ist Phy­sio­the­ra­peu­tin und führt mit ihrem Mann das The­ra­pie­L­oft Fich­tel­ge­bir­ge. In ihrem eige­nen Pra­xis­be­reich, der „Mit­te der Kraft“, setzt sie ihr Wis­sen als Becken­bo­den-Spe­zia­li­stin und Sexu­al­päd­ago­gin ein.

Hin­zu kom­men unbe­wuss­te Grün­de, die tief in der weib­li­chen See­le ver­an­kert sind. Ana Herr­manns­dör­fer beschäf­tigt sich im Rah­men ihrer Arbeit mit dem Zusam­men­spiel von äuße­ren Umstän­den, der bio­psy­cho­so­zia­len Kom­po­nen­te und deren Aus­wir­kung auf unser psy­chi­sches und phy­si­sches Wohl­be­fin­den. „Da sind die alten Vor­stel­lun­gen, dass wir Frau­en schlank, per­fekt und nicht ‚zu viel‘ sein dür­fen.“ Posi­ti­ve Rol­len­bil­der fehl­ten noch, die zei­gen wür­den, dass frau sich in ihrem Kör­per gut füh­len soll­te, unab­hän­gig davon, ob er die gesell­schaft­li­chen Nor­men erfüllt.

Das füh­re dazu, dass vie­le Frau­en ihren Bauch schon auto­ma­tisch ein­zie­hen, sobald jemand in ihrer Nähe ist. Das habe aber zum Teil schwer­wie­gen­de Fol­gen. „Wenn wir stän­dig unter Span­nung ste­hen – und nichts ande­res ist das Bauch ein­zie­hen –, dann wirkt sich das nega­tiv auf unse­re Funk­tio­nen, Emo­tio­nen und auch auf unse­re Sexua­li­tät aus“, gibt Ana Herr­manns­dör­fer zu beden­ken. „Und das betrifft übri­gens nicht nur Frau­en, son­dern auch Män­ner, die eben­falls in unse­rer Pra­xis herz­lichst will­kom­men sind.“

Die inne­ren Orga­ne wer­den unnö­tig zusam­men­ge­drückt, was wie­der­um zu Schmer­zen im Bauch- und Becken­bo­den­be­reich, Druck­ge­fühl und sogar Inkon­ti­nenz füh­ren kann. Die Ver­dau­ung, die Atmung und auch der Lymph­fluss wer­den behin­dert. Kie­fer und Rücken ver­span­nen sich, und auch dem Hohl­kreuz hilft das Ein­zie­hen trotz gegen­tei­li­ger Mei­nun­gen nicht – das Sta­bi­li­sa­ti­ons­sy­stem der Wir­bel­säu­le soll­te reak­tiv arbei­ten, was mit ein­ge­zo­ge­nem Bauch nicht mög­lich ist. Last but not least: der Becken­bo­den, der zwar stark, aber nicht ange­spannt sein soll­te, son­dern ganz im Gegen­teil elastisch.

Unter dem Druck lei­det auch die Psy­che: Wer stän­dig den Bauch ein­zieht, steht unter Dau­er­an­span­nung, trifft Ent­schei­dun­gen impul­siv statt über­legt und fühlt sich schnell über­for­dert, da Res­sour­cen unnö­tig ver­schwen­det werden.

Im sozia­len Bereich hat die Phy­sio­the­ra­peu­tin eben­falls nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen iden­ti­fi­ziert: „Beim Bauch­ein­zie­hen haben wir weni­ger Luft und weni­ger Stim­me – und wer­den so weni­ger gehört, was wie­der­um eigent­lich zu weni­ger statt mehr Selbst­be­wusst­sein und Kraft führt“, erklärt sie. Die Lust und die Sexua­li­tät lei­den zusätz­lich unter die­ser stän­di­gen Anspan­nung, da sich die Frau­en nicht voll­ends ent­span­nen können.

Ein­fach auf­zu­hö­ren, den Bauch ein­zu­zie­hen, sei zwar grund­sätz­lich ziel­füh­rend. Ana Herr­manns­dör­fer rät aber, sich inten­siv mit sich selbst und dem eige­nen Kör­per aus­ein­an­der­zu­set­zen, auch um sich schließ­lich selbst so zu akzep­tie­ren wie man ist. Frau­en, die die­sen Weg gehen möch­ten, beglei­tet die Phy­sio- und Sexu­al­the­ra­peu­tin in ihrer Pra­xis im The­ra­pie­L­oft. „Wir ler­nen, wie Bauch­mus­keln, Becken­bo­den, Atmung und Ner­ven­sy­stem zusam­men­ar­bei­ten. Wir iden­ti­fi­zie­ren Stres­so­ren, die bei jeder Frau indi­vi­du­ell sind, schu­len die Wahr­neh­mung des eige­nen Kör­pers und ler­nen zu entspannen.“

Auch Funk­ti­ons­trai­ning und Übun­gen der ela­sti­schen Auf­rich­tung wer­den im Rah­men der The­ra­pie ange­bo­ten genau­so wie klas­si­sche Rück­bil­dungs­kur­se nach der Geburt und Becken­bo­den­kur­se für Frau­en jeden Alters, denn „es ist nie zu spät, unse­re Mit­te zu stärken“.

Wer mit sei­nem Bäuch­lein aber wirk­lich unzu­frie­den ist, der kann natür­lich auch auf die bekann­ten Maß­nah­men set­zen: gesun­de Ernäh­rung und Sport mit geziel­ten Übun­gen zum Gewichts­ver­lust und Stär­kung der Bauch- und Becken­bo­den­mus­keln. So stellt Phy­sio­the­ra­peu­tin Nadi­ne Leicht ein Bin­de­glied zwi­schen dem The­ra­pie­L­oft und der Mit­te der Kraft her – nach einem inten­si­ven Check-up durch Ana Herr­manns­dör­fer ent­wickelt sie indi­vi­du­el­le Trai­nings­plä­ne für frisch gebacke­ne Müt­ter und Frau­en jeden Alters, die ihren Bauch und Becken­bo­den stär­ken möchten.

„Mein Ziel ist es, dass Frau­en und auch Män­ner mit mir gemein­sam ler­nen, sich stark und selbst­be­wusst zu füh­len – in jeder Lebens­la­ge und mit jeder Figur. Wir soll­ten ler­nen, uns den Raum zu geben, den wir benö­ti­gen, im über­tra­ge­nen und auch im wahr­sten Sinne.“

Im „The­ra­pie­L­oft Fich­tel­ge­bir­ge“ wird modern­ste The­ra­pie- und Trai­nings­me­tho­dik aus dem Spit­zen­sport für jeder­mann zur Anwen­dung gebracht. „Mit­te der Kraft“ ist ein Teil des The­ra­pie­L­ofts, in dem Ana Herr­manns­dör­fer sich mit ihrem Team auf den Becken­bo­den und sei­nen Ein­fluss auf den Men­schen, phy­sisch wie psy­chisch, spe­zia­li­siert hat. Dazu gehört neben der Bera­tung und dar­auf basie­ren­der Phy­sio­the­ra­pie auch Sexu­al- und Paar­be­ra­tung. Das „The­ra­pie­L­oft Fich­tel­ge­bir­ge“ in Bad Ber­neck ist seit Anfang Mai 2021 geöffnet.