Sonn­tags­ge­dan­ken: Leh­re uns beten

Symbolbild Religion

Lie­be Freunde,

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfar­rer Klaus Weig­and (rechts) mit Urmel …

„Herr, leh­re uns beten!“, so haben die Jün­ger Jesus gebe­ten. Er soll­te sie anlei­ten, rich­tig zu beten. Ich glau­be, dass uns das heu­te auch gut­tun wür­de. Denn vie­le mei­nen, mit vie­len Gebe­ten, viel zu errei­chen, und eben­so krei­sen vie­le in ihrem Beten nur um sich, sie beten nur für sich sel­ber, oder mei­nen, mit Gott in Ver­hand­lun­gen tre­ten zu kön­nen. Aber Gott ist kein Markt­händ­ler, und das Beten möch­te viel mehr sein als nur ein Krei­sen um sich sel­ber. Beten möch­te Gott und den Näch­sten in den Blick neh­men. Und das Gebet, das Jesus den Jün­gern mit auf den Weg gibt, ist weit mehr als ein Gebet, das man ein­fach nur so betet. Des­we­gen fra­ge ich mich so oft beim Beten des „Vater unsers“, ob uns das eigent­lich wirk­lich bewusst ist.
Ich möch­te es mit Ihnen heu­te ein­mal durch­ge­hen und Ihnen eini­ge Gedan­ken dazu mitgeben:

Vater unser im Him­mel: Die­se Wor­te sind sozu­sa­gen das Ein­gangs­tor zu einem Gespräch mit Gott. Mein Blick geht auf ihn, ich spre­che ihn an und weiß, dass er bei mir ist und ich ihm mei­ne Bit­ten vor­tra­gen kann. Er ist da und ich kann und darf ein­fach mit ihm sprechen.

Dein Name wer­de gehei­ligt: Das bedeu­tet doch, dass Er uns hei­lig, also wich­tig ist, dass aber auch alles, was Er geschaf­fen hat, für uns hei­lig ist: die gan­ze Schöp­fung, alle Men­schen, alle Tie­re und alle Pflan­zen. Ob das für mich wirk­lich so stimmt, muss ich jeweils sel­ber ent­schei­den, wenn ich die­ses Gebet spreche.

Dein Wil­le gesche­he, wie im Him­mel, so auf Erden: Wirk­lich? Ist es für mich nicht viel­mehr so, dass mein Wil­le gesche­hen soll? Es ist Sein Wil­le, dass wir das Leben haben und es in Fül­le haben. Sein Wil­le ist sei­ne Lie­be zu allen Men­schen, die sich durch uns zei­gen soll. Sein Wil­le ist die Frei­heit für alle. Des­we­gen müs­sen auch wir uns dafür ein­set­zen und für­ein­an­der da sein.

Dein Reich kom­me: Mit Chri­stus ist die­ses Reich, ein Reich der Gerech­tig­keit, des Frie­dens und der Lie­be, ange­bro­chen. Wenn sein Wil­le durch uns geschieht, wird es wei­ter­ge­hen. Die­ses Reich fängt also bei mir sel­ber an.

Unser täg­li­ches Brot gibt uns heu­te: Die­se Bit­te meint, dass Gott uns immer das gebe, was wir heu­te zum Leben brau­chen. War­um muss ich dann immer so viel anhäu­feln? War­um leben so vie­le Men­schen auf Kosten ande­rer? Die­se Bit­te beinhal­tet, dass ich den Blick wie­der mehr auf den ande­ren rich­te, damit auch er leben kann. Wenn wir die Güter der Erde gerecht ver­teil­ten, dann könn­ten alle Men­schen wie­der leben.

Und ver­gib uns unse­re Schuld: Das tut er auf jeden Fall. Ich brau­che nichts anders zu tun, als sei­ne Ver­ge­bung anzu­neh­men. Er schenkt sie immer, immer und immer wie­der. Die Fra­ge ist nur, ob ich mir sei­ne Ver­ge­bung auch wirk­lich zu Teil wer­den las­sen möch­te, ob ich sie mir schen­ken las­sen möch­te. Denn wer will heu­te schon etwas geschenkt?

Wie auch wir ver­ge­ben unse­ren Schul­di­gern: Für mich ist das die schwer­ste Bit­te des gan­zen „Vater unsers“. Man könn­te mei­nen, dass es die Bedin­gung ist, dass er uns ver­gibt. Weit gefehlt! Er hat uns ver­ge­ben und wir sind durch Jesus ein für alle Mal erlöst. Aber die­se Bit­te sagt mir, dass ich auch dem ande­ren ver­ge­ben soll. Auch wenn mir das nicht sofort gelingt, ich darf es immer wie­der ver­su­chen. Es ist die logi­sche Kon­se­quenz Sei­ner Vergebung.

Und füh­re uns nicht in Ver­su­chung: Die­se Bit­te meint: „Füh­re du uns in der Ver­su­chung.“ Das bedeu­tet: „Sei bei mir, wenn ich mei­ne, dich zu ver­lie­ren. Sei bei mir, wenn ich in der Gefahr schwe­be, mich sel­ber zu verlieren.“

Son­dern erlö­se uns von dem Bösen: Mit die­ser Bit­te ist kei­nes­wegs gemeint, dass Gott uns vor jedem Unfall bewahrt. Er ist kein Ver­si­che­rungs­agent. Mit die­ser Bit­te drücke ich aus, dass ich sel­ber mit sei­ner Hil­fe auf mich ach­ten soll. Aber sie meint auch, dass, wenn „das Kind in den Brun­nen gefal­len ist“, ich die Kraft habe, nicht auf­zu­ge­ben; also alles mir mög­li­che dafür zu tun, damit es mir wie­der gut gehen kann, und dazu gehört auch, Hil­fe von außen anzunehmen.

Dies sind nur mei­ne Gedan­ken zu einem Gebet, das wir oft ein­fach so acht­los beten, weil es für uns zu selbst­ver­ständ­lich gewor­den ist.

So lade ich Sie mit die­sen Gedan­ken ein, das Gebet des „Vater unsers“ ein­mal anders zu spre­chen, dar­über nach­zu­den­ken, was wir beten und danach zu handeln.

Pas­sen Sie gut auf sich auf!

Klaus Weig­and


Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Infos zu Pfar­rer Klaus Weigand

  • Gebo­ren 1966 in Erlen­bach am Main (Unter­fran­ken)
  • Abitur am The­re­sia­num in Bam­berg 1989
  • Stu­di­um der Kath. Theo­lo­gie in Bam­berg und Wien
  • Prie­ster­wei­he 1998
  • Tätig­kei­ten:
  • Fürth, Christ­kö­nig von 1997 – 2010
  • Bucken­ho­fen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor 2010 – 2015
  • seit 2015 in Herolds­bach und Hausen