Bay­reu­ther Regio­nal­bi­schö­fin Dr. Grei­ner zur Wie­der­ein­wei­hung der Kir­che St. Jako­bus in Creußen

Symbolbild Religion

Rede­ma­nu­skript von Frau Dr. Grei­ner. Es gilt das gespro­che­ne Wort.

Pre­digt zur Wie­der­ein­wei­hung der Jako­bus­kir­che in Creu­ßen am 24. Juli 2022

Lie­be Gemeinde,

Die Bibli­sche Geschich­te, die wir gera­de gehört haben, fin­den wir über uns hier im Kir­chen­raum in den Fres­ken abge­bil­det. Franz Fersch hat die Fres­ken bei die­ser Restau­rie­rung neu zum Leuch­ten gebracht. Gestal­tet wur­den sie ursprüng­lich von Gabri­el Schrey­er. Sie sind eine gemal­te Predigt.

Jakob schläft in der bibli­schen Geschich­te – wie im Gemäl­de. Er träumt und hört die Stim­me Got­tes – auch das zeigt Gabri­el Schrey­er: Er malt Gott in beson­de­rer Wei­se: Über Jakob erschei­nen Vater, Sohn und Hei­li­ger Geist. Obwohl Jakob wohl mehr als 1000 Jah­re vor Chri­sti Geburt gelebt hat, malt er den auf­er­stan­de­nen Jesus mit Kreuz hinein.

Gabri­el Schrey­er pre­digt gut. Denn Gott war auch bei Jakob schon so, wie er sich uns in Jesus gezeigt hat.

Das Neue Testa­ment sagt uns ja zu Beginn des Johan­nes­evan­ge­li­ums sehr ein­drück­lich: Jesus war vor Anfang der Welt schon beim Vater im Him­mel als Wort, das dann Fleisch wurde.

Bei Jakob ver­hielt sich der Vater im Him­mel so, wie Jesus sich ver­hal­ten hät­te. Ver­ge­bend und gnä­dig! Erin­nern Sie sich? Jesus hing am Kreuz und bat sogar für sei­ne Fol­te­rer: „Vater ver­gib Ihnen, denn Sie wis­sen nicht was sie tun“. So ver­ge­bungs­be­reit ist nur einer: Gott selbst.

Und bei Jakob muss­te Gott schon sehr ver­ge­bungs­be­reit sein. Denn Jakob hat­te sei­nen Vater Isaak betro­gen. Er – als der zweit­ge­bo­re­ne Zwil­ling – hat­te sich den Segen, den immer der erst­ge­bo­re­ne Sohn bekam, erschli­chen. Er hat­te sich sei­ne Haut mit auf­ge­tra­ge­nen Haa­ren einer jun­gen Zie­ge so rauh gemacht, dass der blin­de Vater Isaak glaub­te, sein älte­rer Sohn Esau knie vor ihm. So seg­ne­te er Jakob und setz­te ihn damit als Stam­mes­ober­haupt ein.

Als der älte­re, erst­ge­bo­re­ne Esau das erfährt, will er Jakob töten. Jakob flieht, muss weg von sei­ner gelieb­ten Mut­ter, sei­nen Freu­den. Auf der Flucht schläft er schutz­los unter frei­em Him­mel. Er kennt sei­ne Schuld, sei­nem Betrug. Im Schlaf hat einen Traum, den er sein Leben lang nicht ver­ges­sen wird.

In die­sem Traum sagt Gott nicht: Du bist schul­dig und schlecht, Jakob. Son­dern er seg­net ihn und ver­spricht: Ich will mit Dir sein und Dich behü­ten und wie­der her­brin­gen an die­sen Ort.

Welch ein Gott, der so gütig ist, so gnä­dig, so ver­gibt, so sehr ein Leben hei­len kann! So ist Gott auch zu uns. Auch zu Dir ist er so gütig, so gnä­dig und heilt Dein Leben. Ver­traue ihm Dein Leben ganz an.

Creu­ßen hat eine der schön­sten Mark­gra­fen-kir­chen. Lang haben wir alle ihre Ein­wei­hung ersehnt, beson­ders Ihr, lie­be Creu­ße­ner. Dan­ke an alle, die sich in Pla­nung und Bau enga­giert haben; allen vor­an Pfar­rer Achim Peter.

Ich freue mich mit und für Sie alle, dass Sie wie­der in Ihre Kir­che kön­nen – auch dass Tou­ri­sten, die hier mit dem Radl oder zu Fuß her­kom­men, in die­se wun­der­ba­re Kir­che hin­ein kön­nen. Ich bin dem Kir­chen­vor­stand, dem Ehe­paar Peter und allen, die unter­stüt­zen, so dank­bar, dass die­se Kir­che offen gehal­ten wird.

Sie alle als Got­tes­dienst­ge­mein­de und auch all die Tou­ris, emp­fan­gen hier so viel gestal­te­te Bot­schaft des Evangeliums:

Ganz typisch für die Mark­gra­fen­kir­chen ist der offe­ne Him­mel über den Men­schen. Über­all in Mark­gra­fen­kir­chen, die ein Decken­fres­ko haben, sehen wir einen gemal­ten offe­nen Himmel.

Und hier ist er sogar drei­fach offen: Bei der Geburt Jesus sehen wir den offe­nen Him­mel, bei der Him­mel­fahrt Jesus und eben bei Jakob. Dabei ist der irdi­sche Him­mel in blau gehal­ten und der Him­mel Got­tes gelb-oran­ge; eben voll Licht.

Der offe­ne Him­mel Got­tes gilt Ihnen, die Sie hier im Kir­chen­raum sind. Die­ser Kir­chen­raum mit sei­nen Decken­fes­ken ver­kün­digt eine gro­ße Wahr­heit: Über Dir steht der Him­mel offen. Durch die­sen ver­ge­ben­den Chri­stus in der Mit­te steht Dir auch am Ende Dei­nes Lebens­we­ges der Him­mel offen. Hal­te Dich an ver­ge­ben­den leben­di­gen Jesus Christus.

Wir fin­den also im mitt­le­ren Decken­fres­ko die Geschich­te des Jakob als gemal­te Pre­digt. Aber die Kir­che heißt nicht Jakobs­kir­che, son­dern sie ist eine Jako­bus­kir­che. Sie ist benannt nach Jako­bus dem Älte­ren, einem der 12 Jün­ger Jesu.

Die Kunst hier im Raum spielt bewusst mit der Namens­ähn­lich­keit, spielt mit bei­den wich­ti­gen bibli­schen Figu­ren und bin­det sie zusam­men; wir wer­den gleich noch ent­decken, wie.

Der Name unse­rer Kir­che St. Jako­bus ist ein Hin­weis dar­auf, dass hier ein alter Kir­chen­ort ist. Im Mit­tel­al­ter lag Creu­ßen an der via impe­rii. Und die Pil­ger nach Sant­ia­go de Com­po­stel­la – zum Hei­li­gen Jako­bus von Com­po­stel­la – nut­zen die­se alte Han­dels­stra­ße und hiel­ten selbst­ver­ständ­lich in den Kir­chen unter­wegs inne.

Luther war ja bekannt­lich ein Geg­ner des Pil­gerns. Denn die dama­li­ge kirch­li­che Leh­re lau­te­te, dass wir uns mit guten Wer­ken – wie etwa dem Pil­gern – den Him­mel erar­bei­ten kön­nen. Das ist Irrglaube.

Luthe­ra­ner und Katho­li­ken bekann­ten im Jahr 1999 in Augs­burg gemein­sam: Der Him­mel steht uns offen aus rei­ner Gna­de Got­tes, allein durch die Ver­ge­bung, allein durch Christus.

Seit dies klar ist, kön­nen wir in öku­me­ni­scher Gemein­schaft gut und ger­ne pil­gern. Wir besu­chen dann die Jako­bus­kir­chen nicht, um uns den Him­mel zu erar­bei­ten, son­dern um zu ler­nen, mit Gott auf dem Weg zu sein. Wir wol­len ler­nen der Zusa­ge zu ver­trau­en, die Gott Jakob gab und uns gibt: „Ich wer­de mit Dir sein.“

Ich habe schon ange­deu­tet, dass unse­re Kir­che Jakob und den Jün­ger Jako­bus, den Namens­pa­tron der Kir­che, mit­ein­an­der ver­bin­den. Wie?
Jako­bus ist ja auch vor­ne am Altar dar­ge­stellt. Jako­bus hat ein Sym­bol, an dem wir ihn in Kir­chen immer erken­nen: die Muschel. Man muss ein biss­chen suchen, um bei unse­rem Jako­bus die Muschel zu fin­den. Sie sitzt vor­ne auf dem Hut, den er abge­nom­men hat.

Und nun schau­en Sie mal hoch zu den von Ber­na­do Qua­dri gestal­te­ten Stuckatu­ren: In allen vier Him­mels­rich­tun­gen an den Außen­rän­dern des Fres­kos, das den Träu­men­den Jakob dar­stellt, fin­den Sie die Muschel, das Sym­bol des Jako­bus. Mit dem Muschel­sym­bol bin­det Ber­na­do Qua­dri alle Decken­fres­ken und damit eben auch Jakob und Jako­bus zusammen.

Der alt­te­sta­ment­li­che Jakob und der neu­te­sta­ment­li­che Jün­ger Jako­bus sind ja auch geist­lich ver­wandt – und wir mit ihnen. Die bei­den und wir ler­nen in unse­rem Leben mit Gott auf dem Weg zu sein.

Jakob war auf der Flucht. Viel­leicht ist auch in unse­rem Leben – wie bei Jakob – etwas, das nicht gut war; sagen wir es Gott. Bit­ten wir ihn um Ver­ge­bung. Er ver­gibt und heilt Dein Leben.

Jako­bus war aus ande­rem Grund unter­wegs. Er war von Jesus in die Welt gesandt, die fro­he Bot­schaft weiterzusagen.

Jesus will uns wie Jako­bus sen­den, damit auch wir ande­ren von ihm erzäh­len. Sucht nach Gele­gen­hei­ten in der Fami­lie, wo dies mög­lich ist. Gott ist mit Euch und wird Euch dabei helfen.

Was auch immer Euren Weg gera­de kenn­zeich­net – viel­leicht auch eine Krank­heit oder eine bela­sten­de Situa­ti­on in der Fami­lie oder eine gro­ße Auf­ga­be. Nur eines ist wirk­lich wich­tig: Gott ist mit Dir unter­wegs. Er wird Dich so füh­ren, sodass Du sei­ne Güte und Gna­de erfah­ren wirst – und an die­sen Ort wie­der­kom­men und ihn loben wirst.

Wir kön­nen Gott über­all begeg­nen – sogar im Traum, aber auch in der Küche, auf dem stil­len Ört­chen, im Klas­sen­zim­mer, ins­be­son­de­re wenn wir mit ihm inner­lich spre­chen. Er ist über­all mit uns.

Und doch gibt es beson­de­re Orte, die uns gut­tun und an denen uns Gott in beson­de­rer Wei­se gut­tut – uns mit Ver­trau­en, Freu­de, Frie­den erfüllt. Hier ist solch ein Ort. Dar­um kommt wie­der – zum Got­tes­dienst und auch zu ande­ren Zei­ten. Sucht auch gele­gent­lich hin­ten den Schmer­zens­mann auf, der Euch sagt: Ich tra­ge Eure Schmer­zen mit.

Die Zukunft ist für uns ähn­lich unge­wiss wie für Jakob. Jakob flieht zu sei­nem Onkel Laban. Wird er dort ankom­men? Wird Laban ihn auf­neh­men? Jakob weiß nichts. Es gab noch kein han­dy für Vor­ab­spra­chen. Er geht ohne zu wis­sen, wie es sein wird. Er weiß aber eines nach die­ser Nacht: Gott wird mit ihm sein, wird ihn seg­nen und behü­ten. Und er wird wie­der­kom­men an die­sen Ort.

Auch wir wis­sen nicht, was die Zukunft bringt. Wir wis­sen nicht, wie Herbst und Win­ter wer­den mit Coro­na und der Ener­gie­kri­se. Wenn das Gas aus Russ­land nur gedros­selt fließt, könn­te kalt wer­den in man­chen Häu­sern und man­che Fir­ma – auch hier in Ober­fran­ken – muss Tei­le der Pro­duk­ti­on ein­stel­len. Was das für Men­schen in Deutsch­land bedeu­tet, ist nicht auszumalen.

Viel­leicht fließt aber auch genug rus­si­sches Gas den gan­zen Win­ter über. Wie auch immer – schon in den letz­ten Mona­ten hat die Armut vie­ler Men­schen zuge­nom­men. Unse­re Gemein­den und die Dia­ko­nie mer­ken schon jetzt, wie sie gebraucht wer­den zur Lin­de­rung der Not durch Essens­aus­ga­be oder ande­re Hilfen.

Wir wis­sen nicht, wie die Zukunft wird. Jakob wuss­te es nicht, mut­ter­see­len­al­lein auf der Flucht. Wir wis­sen aber wie er: Gott ist ein Gott, der mit­geht, der uns nicht ver­lässt. Wir sind unter­wegs mit Gott. Das ist der eigent­li­che Grund, mit Zuver­sicht in die Zukunft zu gehen.

Ein letz­tes: Die­se Kir­che wird auch Engel­kir­che genannt, weil in ihr unzäh­li­ge Engel dar­ge­stellt sind. Allein schon an den Säu­len fin­den wir 21 von Eli­as Räntz gestal­te­te – und in den Fres­ken wirk­lich unzäh­li­ge gemal­te. Die ech­ten Engel Got­tes sehen wir frei­lich sehr selten.

Jakob sah sie auch nicht. Erst im Traum. In der Geschich­te heißt es bewusst: Die Engel Got­tes stie­gen: „auf und nie­der“. Das bedeu­tet: Sie waren schon lan­ge bei Jakob, haben ihn beglei­tet. Jakob hat sie nur nicht gese­hen. Auch wir sehen die Engel nicht, die uns umge­ben. Aber sie sind da, auch hier neben und über uns.

Sie beglei­ten uns nach Hause.

Kom­men Sie ruhig ein­mal in näch­ster Zeit allein in die­se Kir­che. Wenn Sie hier sind und beten, wer­den Sie viel­leicht sogar spü­ren, dass Sie nicht allein sind, son­dern, dass Gott mit sei­nen Engeln Ihnen nah ist. Und er wird mit Ihnen gehen in die Zukunft.

Amen.