Forchheim: „Fallstricke bei der Praxisabgabe“ – UGeF Ärztenetz bietet Beratung

Dr. med. Joachim Mörsdorf ist in einer komfortablen Lage: Die Übergabe seiner Hausarztpraxis in Pretzfeld mit den Schwerpunkten Phlebologie und Lymphologie an seine Tochter, Dr. med. Anne Mörsdorf, ist bereits fest geplant. Aber: „Es gibt niedergelassene Kolleginnen und Kollegen im Landkreis Forchheim, bei denen es Schwierigkeiten gab oder gibt einen Nachfolger zu finden.“ Selbst wenn sich schon ein Mediziner gefunden habe, der eine Praxis übernehmen möchte, sei es nicht selbstverständlich, dass dieser auch die Zulassung vom Zulassungsausschuss (Gremium der kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen) erhalte, so Mörsdorf. Die abzugebende Praxis wird bundesweit ausgeschrieben und letztendlich entscheidet der Zulassungsausschuss, wer die Praxis übernimmt, nicht der abgebende Arzt.

UGeF Ärztenetz bietet Beratung

Hier setzt das regionale Ärztenetz UGeF mit rund 40 assoziierten Ärzten in und um Forchheim an und organisierte im Rahmen eine Fortbildungstags einen Vortrag von Dr. jur.Lars Lindenau aus Erlangen von ETL-Rechtsanwälte, der sich auf die Rechtsberatung insbesondere von Ärzten spezialisiert hat. Mit Forchheim verbindet ihn die Geburt seiner beiden Töchter. Er zeigte die juristischen und steuerrechtlichen Fallstricke bei der Praxisabgabe auf. Wie jedes andere Gut kann eine Praxis verkauft oder verschenkt werden.

Der Preis setzt sich aus materiellen Werten – wie der Ausstattung, Geräte, Mobiliar – und immateriellen Werten – wie insbesondere dem Patientenstamm – zusammen. Die kassenärztliche Zulassung ist nicht Gegenstand der zivilrechtlichen Übertragung, sondern wird durch den Zulassungsausschuss nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften erteilt. Für den Erwerber ist die Übernahme eines funktionstüchtigen Mitarbeiterteams besonders wichtig und eines soliden Patientenstammes, wobei Privatpatienten in der Regel nicht höher bewertet werden als Kassenpatienten. Lindenau betont: „Hinterlassen Sie ihrem Nachfolger ein gut eingespieltes Team und klären Sie komplizierte Arbeitsverhältnisse im Vorfeld! Kündigen Sie eventuell demjenigen, der sowieso gehen möchte.“ Dr. Mörsdorf stimmt zu:„Wenn jemand Neues die Praxis übernimmt, ist es ein Unsicherheitsfaktor sowohl für das Personal als auch für die Patienten, die sich fragen, wie die Praxis weiterläuft.“ Daher empfiehlt Rechtsanwalt Dr. Lindenau die Mitarbeiter zu beruhigen und die mögliche Nachfolgerin frühzeitig in die Praxis einzuführen, z.B. als Assistenz. Er zeigt Variationen der Praxisübergabe auf: Job-sharing mit einem gedeckelten Leistungsvolumen, Praxis-Teilverkäufe, Kaufpreisfestlegungen über den sog. „Earn-out“. Von der Bildung einer Übergangs-Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) für Zwecke der Praxisübergabe rät er eher ab. „Es menschelt hier gewaltig“, so Lindenau. „Der Neue kann es nicht erwarten, die Praxis nach seinen Vorstellungen zu prägen und der Abgeber ist noch mit Loslassen beschäftigt“. Vorteilhafter sei ein bestimmter Stichtag, zu dem die Praxisübergabe erfolgt. Dann sind die Gedanken sortiert und es gibt keinen Streit darüber, wer den Ton angibt.

Die teuersten Fehler

Weiterhin erläuterte Dr. Lindenau die Hitliste der zehn teuersten Fehler im BAG-Vertrag, also das, was schiefgehen kann, wenn Ärzte zusammenarbeiten. Sie wird angeführt von dem Fall der sog. „strafbaren Gesellschafter“, wenn mehrere Gesellschafter eine Praxis betreiben und durch ihr Verhalten strafbar werden. Dabei können die Ärzte einen Schaden von einer Million Euro und mehr verursachen. Als Beispiel nennt der Rechtsanwalt eine Augenarztpraxis mit drei Gesellschaftern, die Graue-Star-Operationen durchführen und die zuweisenden Ärzte dafür entlohnen (Zuweisung gegen Entgelt). Der Gesetzgeber spricht ab drei beteiligten Personen strafrechtlich von einer „Bande“ und im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung wird die Zulassung bei allen beteiligten Ärzten zwingend entzogen.

Kompliziert wird es auch wenn der scheidungswillige Ehepartner beim Praxisgesellschafter Zugewinnausgleichsansprüche aus dem Eherecht geltend macht. „Das kann sehr schnell sechsstellig werden“, warnt Dr. Lindenau, da der Wert des Patientenstamms und damit ein Teil des möglichen Zugewinns deutlich gestiegen ist. Unerfreulich für die übrigen Gesellschafter sei auch der ‚Ich bin dann mal weg‘-Gesellschafter, der seine Arztkollegen mit einem Personalüberschuss, zu viel Praxisfläche bzw. Geräte und einem deutlich geringeren Abrechnungsvolumen zurücklässt. Dieses Fluchtverhalten kann Ansprüche in Höhe von 80.000 Euro für Honorar- und Praxisschaden nach sich ziehen. Die beiden letzten Fälle lassen sich durch entsprechende Regelungen in den BAG-Verträgen „einfangen“.

Frühzeitige Suche nach Nachfolger

Dr. Mörsdorf rät seinen niedergelassenen Kollegen sich mindestens drei Jahre vor Übergabe mit der Planung zu befassen und sich rechtzeitig steuerrechtlich und juristisch beraten zu lassen. Man müsse seine Praxis schon früh für Nachfolger interessant machen, indem man Medizinstudenten Plätze für Praktikum und für das Praktische Jahr anbietet und indem man bereit ist, Ärzte in Weiterbildung zu beschäftigen.

Breites Themenspektrum beim Fortbildungstag

Neben den rechtlichen Aspekten einer Praxisübergabe bot das UGeF-Ärztenetz in den Räumen des Hauptsponsors, der Sparkasse Forchheim, weitere Möglichkeiten der Fortbildung für Ärzte und medizinisches Personal – So sprach Beate Zschieschang-Fachtherapeutin Wunde ICW an der Hautklinik des Erlanger Universitätsklinikums über das ABC der Wundversorgung bei Ulcus cruris und Prof. Dr. med. Thomas Kühlein.