Die Geschich­te des Göß­wein­stei­ner Pfarrhauses

Geschichte Gößweinstein Pfarrhaus Juli 2022
Das Pfarrhaus in Gößweinstein und die Basilika. Text + Foto: Thomas Weichert

Georg Schäff­ner: „Wir haben die Pflicht es zu erhal­ten und wie­der mit Leben zu erfüllen“

Das in den Jah­ren 1747 bis 1748 erbau­te katho­li­sche Pfarr­haus mit­ten am Markt­platz ist nach der dane­ben­ste­hen­den Basil­ka und der Burg das impo­san­te­ste und histo­risch­te Gebäu­de in Göß­wein­stein. Nun soll das Rat­haus des Mark­tes in das Pfarr­haus ein­zie­hen. Auf die­se Idee kam der pen­sio­nier­te Regio­nal­kan­tor Georg Schäff­ner, der auch aus­ge­wie­se­ner Ken­ner der Göß­wein­stei­ner Kir­chen­ge­schich­te ist. Eine Inter­es­sen­ge­mein­schaft mit Fer­di­nand Hasel­mei­er an der Spit­zer will die­sem Plan jedoch mit einem Bür­ger­be­geh­ren einen Strich durch die Rech­nung machen. Wir berich­te­ten mehr­mals ausführlich.

Seit der Erbau­ung nach den Plä­nen von Johann Jakob Micha­el Küchel gab es bis heu­te kei­ne wesent­li­chen Ver­än­de­run­gen des unter Denk­mal­schutz ste­hen­den Pracht­bau­es. Geko­stet hat der Pfarr­haus­bau damals rund 11 000 Gul­den, was umge­rech­net in heu­ti­ger Wäh­rung rund 110 000 Euro wären. Aller­dings waren damals Mate­ri­al und Löh­ne wesent­lich gün­sti­ger und zahl­rei­che Göß­wein­stei­ner lei­ste­ten ehren­amt­li­che Hand- und Spann­dien­ste, wie schon beim Bau der Basi­li­ka. Wür­de man heu­te die­sen Pfarr­hof­bau neu erstel­len, müss­te man sicher­lich mit meh­re­ren Mil­lio­nen Euro rech­nen. Die Erbau­ungs­jah­re 1747 bis 1748 ste­hen im Zusam­men­hang mit dem Groß­brand in Göß­wein­stein am 5. August 1746, der als „Schmalz­kü­bel­brand“ in die Orts­ge­schich­te ein­ging und auch das zuvor erbau­te, erst 40 Jah­re alte Pfarr­haus, in Schutt und Asche leg­te. Den Flam­men zum Opfer fie­len auch ein Groß­teil der Wohn­häu­ser, Scheu­nen, sowie das Schul­haus. Auch die sie­ben Jah­re zuvor ein­ge­weih­te Wall­fahrts­kir­che war stark in Mit­lei­den­schaft gezo­gen wor­den. Die Turm­hel­me, der Dach­stuhl und die Glocken wur­den ein Raub der Flam­men. Glück­li­cher­wei­se hielt das Kir­chen­ge­wöl­be, was die völ­li­ge Zer­stö­rung des neu­en Got­tes­hau­ses verhinderte.

Einer kur­ze Zeit nach dem Brand statt gefun­de­nen Zusam­men­kunft mit dem dama­li­gen Pfar­rer Adam Peter Vogl, einem Ver­tre­ter des Fürst­bis­tums Bam­berg sowie meh­re­rer Hand­werks­mei­stern ist in einem Bericht davon die Rede, dass bereits vor dem Groß­feu­er Bal­tha­sar Neu­mann einen Plan zu dem zer­stör­ten Pfarr­haus erstell­te. Der Plan selbst gilt als ver­schol­len. Jeden­falls wur­de für den Pfarr­haus­neu­bau der Mit­ar­bei­ter von Neu­mann am fürst­bi­schöf­li­chen Hof, Johann Jakob Micha­el Küchel, mit der Neu­fas­sung des Plans betraut. Histo­ri­ker gehen davon aus, dass in dem Küchel‚schen Kon­zept typi­sche bau­li­che Ele­men­te Neu­manns inte­griert wor­den sind.

Neben Küchel – der Archi­tekt von Kir­chen, Adels­sit­zen wie Schloss Thurn bei Herolds­bach und klei­ne­rer Resi­den­zen – waren an der bau­li­chen Ver­wirk­li­chung Hof­zim­me­rer­mei­ster Joseph Gru­ber aus Bam­berg und Polier Arnold Weiß, der die Auf­sicht über die Mau­rer inne hat­te haupt­ver­ant­wort­lich. Beim Bau waren unge­zähl­te Män­ner am Werk, die viel­fäl­tig­ste Tätig­kei­ten zu ver­rich­ten hat­ten. Begin­nend mit dem Stein­ebre­chen in den Brü­chen bei Pop­pen­dorf im Ahorn­tal, der Baum­fäl­lung in den Wäl­dern bei Bronn, Träg­weis, Aller­s­dorf, dem Kalk­bren­nen in Tüchers­feld und Bärn­fels. Das Haupt­ma­te­ri­al des Mau­er­werks sind gebrann­te Zie­gel- und Back­stei­ne, die vor allem aus den Zie­ge­lei­en Beh­rin­gers­müh­le, Kugel­au und Trockau stam­men. Dar­über hin­aus sind zahl­rei­che aus Göß­wein­stein und der umlie­gen­den Regi­on täti­gen Hand­werks­be­trie­be in den Bau­rech­nungs­ak­ten ver­merkt. Eigens ver­merkt fin­det sich auch der Ein­trag, wonach das Holen des für den zu benö­ti­gen­den Was­sers die Frau­en zustän­dig waren. Das Wap­pen des regie­ren­den Fürst­bi­schofs Johann Phil­ipp Anton von Fran­ken­stein, das über dem Ein­gangs­por­tal ange­bracht ist, gestal­te­te der Bild­hau­er Mat­thi­as Schaf­fer von Trockau.

Über die­sem Por­tal liegt das Für­sten­zim­mer mit Stuck­decke, vor­nehm aus­ge­stat­tet mit Gemäl­den Bam­ber­ger Bischö­fe und einer Uhr mit Kru­zi­fix die mit 925 Edel- und Halb­edel­stei­nen besitzt ist. 1956 wur­de das Pfarr­haus unter dem dama­li­gen Pfar­rer Fried­rich Nie­ser innen und außen letz­ma­lig glück­lich restau­riert. 1827 woll­ten könig­li­che Beam­te in Pot­ten­stein, die Göß­wein­stein um sei­nen Pfarr­hof benei­de­ten, dem Pfarr­haus hab­haft wer­den, um das Pot­ten­stei­ner Land­ge­richt nach Göß­wein­stein zu ver­le­gen. Der wei­te­re Plan war, die Klo­ster­kir­che dann zum Pfarr­haus umzu­bau­en. Der Gerichts­die­ner soll­te eine Woh­nung im Fran­zis­ka­ner­klo­ster bekommen.

Dem rast­lo­sen Bemü­hen des dama­li­gen Dechants Chri­stoph Hell­dor­fer in Pot­ten­stein ist es jedoch gelun­gen, die­se Plä­ne zu durch­kreu­zen indem er dar­auf hin­wies, das Pfarr­haus und Klo­ster­kir­che nicht Staats­ei­gen­tum, son­dern Stif­tungs­be­sitz sind. Die Gemein­de Göß­wein­stein sah sich in einen argen Zwie­spalt gedrängt, denn man woll­te das herr­li­che Pfarr­haus als Abstei­ge­quar­tier der Bischö­fe und ande­rer hoher Per­sön­lich­kei­ten und die alt­ehr­wür­di­ge Klo­ster­kir­che nicht preis­ge­ben, hät­te aber ande­rer­seits durch die Ver­le­gung des Land­ge­richts nach Göß­wein­stein bedeu­tend an Anse­hen gewon­nen. „Man weiß heu­te nicht mehr, wie nahe man damals einer teil­wei­sen Säku­la­ri­sie­rung des hei­li­gen Bezirks war“, schreibt Lud­wig Hell­dor­fer in sei­ner Göß­wein­stein-Chro­nik, die 1974 erschie­nen ist. „Es soll­te unse­rer jet­zi­gen und künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen eine Ehren­pflicht sein, die­ses vor knapp drei­hun­dert Jah­ren und unter größ­ten Mühen erbau­tes Bau­werk zu erhal­ten und wie­der mit Leben zu erfül­len“, sagt Schäffner.