Blick über den Zaun: ICE-Instand­hal­tungs­werk Nürn­berg nach recht­li­cher Prü­fung nicht raumverträglich

Umfang­rei­che Ein­wen­dun­gen eingereicht

Die Würz­bur­ger Rechts­an­walts­kanz­lei Bau­mann hat im Auf­trag der Bür­ger­initia­ti­ve Reichs­wald-bleibt e.V. aus Röthen­bach bei St. Wolf­gang die Aus­le­gungs­un­ter­la­gen der DB Fern­ver­kehr AG geprüft und umfang­rei­che Ein­wen­dun­gen gegen das Vor­ha­ben eingereicht.

In einer Pres­se­mit­tei­lung der Kanz­lei heißt es dazu:

Die Kanz­lei Bau­mann Rechts­an­wäl­te Part­ner­schafts­ge­sell­schaft mbB hat im Auf­trag der Bür­ger­initia­ti­ve Reichs­wald-bleibt e.V. die Aus­le­gungs­un­ter­la­gen der DB Fern­ver­kehr AG geprüft und am heu­ti­gen Tage umfang­rei­che Ein­wen­dun­gen gegen das Vor­ha­ben eingereicht.

Die DB Fern­ver­kehr AG kann ihr geplan­tes ICE-Werk nach recht­li­cher Bewer­tung der Kanz­lei Bau­mann Rechts­an­wäl­te Part­ner­schafts­ge­sell­schaft mbB an kei­nem ihrer vor­ge­schla­ge­nen Stand­or­te im Vogel­schutz­ge­biet Nürn­ber­ger Reichs­wald rea­li­sie­ren. Dem Vor­ha­ben ste­hen zwin­gen­de Vor­ga­ben des Wasser‑, Natur- und Habi­tat­schutz­rechts ent­ge­gen. Es ist an den Stand­or­ten zudem unver­ein­bar mit dem Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gramm Bay­ern 2020 und den Regio­nal­plä­nen Nürn­berg und Regens­burg. Will die DB Fern­ver­kehr AG an ihrer Pla­nung fest­hal­ten, muss sie von ihren Wunsch-Stand­or­ten abse­hen und auf alter­na­ti­ve Stand­or­te zurückgreifen.

Die DB Fern­ver­kehr AG beab­sich­tigt bereits seit meh­re­ren Jah­ren die Errich­tung und den Betrieb eines neu­en ICE-Instand­hal­tungs­werks, in dem „Züge gewar­tet, gerei­nigt und repa­riert wer­den kön­nen.“ Als stra­te­gi­scher Ziel­ort wur­de die Regi­on Nürn­berg von der Vor­ha­ben­trä­ge­rin aus­ge­wählt. Das Vor­ha­ben nimmt vor­aus­sicht­lich ca. 35 bis 45 ha an Flä­che in Anspruch und ist daher auf­grund sei­ner Raum­be­deut­sam­keit von der Regie­rung von Mit­tel­fran­ken in einem ersten Ver­fah­rens­schritt auf sei­ne Raum­ver­träg­lich­keit hin zu bewer­ten (§ 15 Abs. 1 S. 1 Raumordnungsgesetz).

Die Kanz­lei Bau­mann Rechts­an­wäl­te Part­ner­schafts­ge­sell­schaft mbB hat im Auf­trag der Bür­ger­initia­ti­ve Reichs­wald-bleibt e.V. die Aus­le­gungs­un­ter­la­gen der DB Fern­ver­kehr AG geprüft und am heu­ti­gen Tage umfang­rei­che Ein­wen­dun­gen gegen das Vor­ha­ben ein­ge­reicht. Nach recht­li­cher Prü­fung der Kanz­lei kann kei­ner der von der Vor­ha­ben­trä­ge­rin in das Raum­ord­nungs­ver­fah­ren ein­ge­brach­ten drei Stand­or­te (Stand­ort B: Allersberg/​Pyrbaum, Stand­ort F: Ehe­ma­li­ges Muni­ti­ons­la­ger Feucht, Stand­ort G: Süd­lich ehe­ma­li­ges Muni­ti­ons­la­ger Feucht) als raum­ver­träg­lich beur­teilt wer­den: Dem Vor­ha­ben fehlt es bereits an der erfor­der­li­chen Plan­recht­fer­ti­gung. Weder ergibt sich ein Bedarf für das Vor­ha­ben aus dem Gesetz, noch hat die Vor­ha­ben­trä­ge­rin aus­ge­hend von den Zie­len des Fach­pla­nungs­rechts einen sol­chen Bedarf nach­voll­zieh­bar begründet.

Das Vor­ha­ben ist auch mit den Zie­len und Grund­sät­zen der Raum­ord­nung unver­ein­bar. Die Vor­ha­ben­trä­ge­rin teilt bereits die Auf­fas­sung, dass eine erheb­li­che Anzahl an raum­ord­ne­ri­schen Kon­flik­ten durch das Vor­ha­ben an den drei Stand­or­ten her­vor­ge­ru­fen werden.

Rechts­an­walt Phil­ipp Amon beur­teilt die raum­ord­ne­ri­schen Belan­ge des Vor­ha­bens wie folgt:

„Bei sach­ge­rech­ter Abwä­gung der wider­strei­ten­den raum­ord­ne­ri­schen Belan­ge ist das Vor­ha­ben als raum­un­ver­träg­lich zu beur­tei­len. Auf­grund der beson­de­ren Wer­tig­keit des Vor­ha­ben­ge­bie­tes für die regio­na­len und über­re­gio­na­len Belan­ge, ins­be­son­de­re die Belan­ge des Landschafts‑, Umwelt- und Natur­schut­zes, kann eine Ver­ein­bar­keit des Vor­ha­bens mit den Vor­ga­ben des Lan­des­ent­wick­lungs­pro­gramm (LEP) Bay­ern 2020 und den Regio­nal­plä­nen Nürn­berg und Regens­burg nicht erzielt werden.“

Die von der DB Fern­ver­kehr AG vor­ge­leg­te Umwelt­ver­träg­lich­keits­stu­die ist lücken­haft und in wei­ten Berei­chen fach­lich und metho­disch nicht nach­voll­zieh­bar. Sie ist daher nicht geeig­net, die Umwelt­ver­träg­lich­keit des Vor­ha­bens zu beschei­ni­gen, so dass im behörd­li­chen Abwä­gungs­pro­zess einer Raum­ver­träg­lich­keit des Vor­ha­bens die erheb­li­chen und zahl­rei­chen Beein­träch­ti­gun­gen von Umwelt­be­lan­gen ent­ge­gen­ste­hen. Zu nen­nen sind hier ein dau­er­haf­ter Ver­lust von Wald mit­samt sei­nen Erho­lungs- und Kli­ma­funk­tio­nen für die Regi­on Nürn­berg, sowie von sen­si­blen Lebens­räu­men für Tier- und Pflan­zen­ar­ten im Umfang von 35 bis 45 ha (dies ent­spricht einer Grö­ße von ca. 50 bis 60 Fußballfeldern).

Auch die Natu­ra-2000-Ver­träg­lich­keits­prü­fung ist nicht geeig­net, die Ver­träg­lich­keit des Vor­ha­bens im Sin­ne von § 34 Bun­des­na­tur­schutz­ge­setz (BNatSchG) fest­zu­stel­len. Hier ist bereits der Aus­wahl­pro­zess der DB Fern­ver­kehr AG für die Stand­ort­su­che zu bean­stan­den. Denn die drei Stand­or­te im Raum­ord­nungs­ver­fah­ren lie­gen alle­samt im Vogel­schutz­ge­biet Nürn­ber­ger Reichs­wald. Für alle drei Stand­or­te ist daher mit erheb­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen von Erhal­tungs­zie­len des Vogel­schutz­ge­bie­tes Nürn­ber­ger Reichs­wald zu rech­nen. Alter­na­ti­ven hat die DB Fern­ver­kehr AG unter Umwelt­ge­sichts­punk­ten jedoch nicht geprüft. Inso­weit ist das Vor­ha­ben an den drei Stand­or­ten auch aus arten­schutz­recht­li­chen Grün­den nicht zulas­sungs­fä­hig, da die Aus­nah­me­vor­aus­set­zun­gen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG von den Zugriffs­ver­bo­ten des § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht vorliegen.

Das Vor­ha­ben wider­spricht fer­ner zwin­gen­den was­ser­recht­li­chen Nor­men. Dies gilt sowohl in Bezug auf die betrof­fe­nen Ober­flä­chen­was­ser­kör­per, als auch in Bezug auf die Grund­was­ser­kör­per (§§ 27, 28 und 47 Was­ser­haus­halts­ge­setz) als natio­na­le Umset­zung der Vor­ga­ben der Was­ser­rah­men­richt­li­nie. Dabei fehlt in den Unter­la­gen der Vor­ha­ben­trä­ge­rin bereits voll­stän­dig ein not­wen­di­ger Fach­bei­trag zur Was­ser­rah­men­richt­li­nie (WRRL), der sich mit die­sen Belan­gen aus­führ­lich und dif­fe­ren­ziert auseinandersetzt.

Wei­te­re Män­gel sind die unzu­rei­chen­de Betrach­tung von Lärm- und Licht­im­mis­sio­nen sowie Erschüt­te­run­gen, die das Vor­ha­ben im bean­spruch­ten Gebiet hervorruft.

Eben­so wur­den die Aus­wir­kun­gen des ver­an­schlag­ten zusätz­li­chen Kfz-Ver­kehrs von täg­lich 2.300 Kfz weder ermit­telt noch bewer­tet. Eine Ver­kehrs­pro­gno­se fehlt in den Unter­la­gen vollständig.

Als größ­ter Kri­tik­punkt gilt schließ­lich die Stand­ort­aus­wahl. Einer rein stra­te­gi­schen Ent­schei­dung für den Stand­ort Nürn­berg folg­te ein mehr­stu­fi­ger Ite­ra­ti­ons­pro­zess der Vor­ha­ben­trä­ge­rin. In die­sem redu­zier­te sie die ursprüng­lich 76 iden­ti­fi­zier­ten Stand­or­te auf die drei im Raum­ord­nungs­ver­fah­ren ver­blie­be­nen Stand­or­te allein auf­grund bahn­be­trieb­li­cher Fest­le­gun­gen und „Wün­sche“. Weder zwin­gen­des Recht, noch Umwelt­be­lan­ge hat die DB Fern­ver­kehr AG in die­sem Pro­zess als ent­schei­dungs­er­heb­lich angesehen.

Dies beur­tei­len die Rechts­bei­stän­de der Bür­ger­initia­ti­ve als gro­ben recht­li­chen Mangel:

„Die­se Her­an­ge­hens­wei­se der Abschich­tung im Zuge eines Alter­na­ti­venver­glei­ches ist ange­sichts der zwin­gen­den gesetz­li­chen Vor­ga­ben z.B. im Arten­schutz­recht, Was­ser­recht und Habi­tat­schutz­recht unzu­läs­sig. Gera­de weil die drei Stand­or­te im Vogel­schutz­ge­biet Nürn­ber­ger Reichs­wald lie­gen und nur dann im Wege einer Aus­nah­me nach § 34 Abs. 3 und § 45 Abs. 7 BNatSchG zulas­sungs­fä­hig sind, wenn kei­ner­lei Alter­na­ti­ven bestehen, die einen gerin­ge­ren Ein­griff in Natu­ra-2000-Gebie­te und Popu­la­tio­nen von Arten her­vor­ru­fen, kön­nen und dür­fen zahl­rei­che abge­schich­te­te Alter­na­tiv­stand­or­te nicht aus der Betrach­tung aus­ge­schlos­sen werden.“

(Rechts­an­walt Dr. Eric Wei­ser-Sau­lin von der Kanz­lei Bau­mann Rechtsanwälte)

Nach Ein­schät­zung der Rechts­an­wäl­te ist bereits auf Ebe­ne der Raum­ord­nung abseh­bar, dass kei­ner der drei im Ver­fah­ren befind­li­chen Stand­or­te zulas­sungs­fä­hig ist. Im Ergeb­nis bedeu­tet die feh­len­de Raum­ver­träg­lich­keit der drei Stand­or­te, dass die DB Fern­ver­kehr AG – will sie an dem Vor­ha­ben fest­hal­ten – auf eine erwei­ter­te Stand­ort­su­che zurück­ver­wie­sen wer­den muss. Sie hat ins­be­son­de­re Stand­or­te in den Blick zu neh­men, die mög­li­cher­wei­se aus bahn­be­trieb­li­chen Grün­den schlech­ter geeig­net sind, im Gegen­zug aber Umwelt­be­lan­ge und zwin­gen­de Vor­ga­ben des Wasser‑, Natur- und Habi­tat­schutz­rechts berücksichtigen.

1 Antwort

  1. Hans Hief sagt:

    Dies ist die Mei­nung (einer dafür bezahl­ten) Kanz­lei (… des­sen Brot ich ess‘ des­sen Lied ich sing). Nur wenn der Weg weg vom Indi­vi­du­al­ver­kehr hin zur Bahn erfol­gen soll, müs­sen die Züge auch irgend­wo gewar­tet wer­den. Die ent­spre­chen­den Flä­chen bekommt man dann ja zurück, wenn Auto­werk­stät­ten schlie­ßen. (Ich bin ganz sicher kein „Grü­ner“; aber hier scheint das St. Flo­ri­ans-Prin­zip Anwen­dung zu fin­den. Und Nah­erho­lung ist im muni­ti­ons­ver­seu­chen Gebiet der „Muna“ auch nicht wirk­lich toll; dafür ent­ste­hen 450 Arbeitsplätze.)