Im Land­kreis Coburg wur­den zahl­rei­che ver­gif­te­te Greif­vö­gel und Köder gefunden

LBV und GLUS war­nen Spa­zier­gän­ger und Hun­de­hal­ter im Land­kreis Coburg – Natur­schüt­zer stel­len Strafanzeige

Im Land­kreis Coburg sind zahl­rei­che ver­gif­te­te Greif­vö­gel und Köder in unmit­tel­ba­rer Nähe zuein­an­der gefun­den wor­den. Der Täter hat dabei das für Kin­der und Hun­de beson­ders gefähr­li­che und ver­bo­te­ne Kon­takt­gift E605 ver­wen­det. „Zur eige­nen Sicher­heit rufen wir zu erhöh­ter Vor­sicht bei Spa­zier­gän­gern und Hun­de­hal­tern in der Gegend auf“, sagt Dr. Andre­as von Lind­ei­ner, LBV-Lan­des­fach­be­auf­trag­ter für Natur­schutz. Da die Tötung geschütz­ter Vogel­ar­ten eine Straf­tat dar­stellt, haben die Natur­schüt­zer Straf­an­zei­ge gestellt.

Am 22. April fan­den zufäl­lig zwei Akti­ve des LBV Coburg bei Frei­land­ar­bei­ten in der Gemein­de Mee­der auf einem Acker zwi­schen Oet­tings­hau­sen, Otto­wind und Groß­wal­bur eine tote Rohr­wei­he. Als dann am näch­sten Tag der zustän­di­ge Jagd­päch­ter dem LBV für den fast glei­chen Ort vier wei­te­re tote Rohr­wei­hen und ein totes Huhn mel­de­te, des­sen Gefie­der mit einer blau­en Sub­stanz ein­ge­färbt war, wur­de vom gemein­nüt­zi­gen Cobur­ger Natur­schutz­ver­ein umge­hend die ört­li­che Poli­zei ver­stän­digt und Straf­an­zei­ge gestellt. „Die blaue Sub­stanz deu­te­te dar­auf hin, dass die Hen­ne mit dem längst ver­bo­te­nen Gift E605 als Köder prä­pa­riert wur­de, denn die­ses ver­bo­te­ne Gift, eigent­lich ein Insek­ti­zid, war mit einer blau­en Warn­far­be ver­setzt“, sagt Frank Rei­ßen­we­ber, Erster Vor­sit­zen­der des LBV Coburg.

Die Poli­zei, die den Tat­ort unter­such­te, fand eine wei­te­re tote Hen­ne mit der ver­däch­ti­gen blau­en Sub­stanz, in der Nähe noch eine tote Raben­krä­he und eine wei­te­re Rohr­wei­he. Zir­ka drei Kilo­me­ter ent­fernt in einem ande­ren Orts­teil der Gemein­de Mee­der wur­de zeit­gleich außer­dem noch ein toter Rot­mi­lan auf­ge­fun­den. Es wur­den also ins­ge­samt sechs tote Rohr­wei­hen, eine Raben­krä­he, ein Rot­mi­lan und zwei prä­pa­rier­te Hüh­ner­kö­der gefun­den. „Im Schna­bel zwei­er Tie­re befan­den sich noch Reste des Köder­huhns. Das Gift kann bin­nen Sekun­den über die Schleim­häu­te auf­ge­nom­men wer­den und zum Tod füh­ren“, sagt Juli­an Hau­schild, ehren­amt­li­cher Beauf­trag­ter des LBV Coburg für Naturschutzkriminalität.

Die ver­en­de­ten Vögel wur­den zur patho­lo­gi­schen Unter­su­chung ans Lan­des­amt für Lebens­mit­tel­si­cher­heit und Gesund­heit nach Erlan­gen ein­ge­schickt und von dort aus zur toxi­ko­lo­gi­schen Ana­ly­se an die LMU wei­ter­ge­lei­tet. Ergeb­nis: Der Ver­dacht, dass das in der EU seit 2001 ver­bo­te­ne Ner­ven­gift E605 die streng geschütz­ten Wild­vö­gel über die ver­gif­te­ten Köder­hen­nen umge­bracht hat­te, bestä­tig­te sich.

Die Ermitt­lun­gen der Poli­zei dau­ern an, der Täter konn­te bis­lang nicht ermit­telt wer­den. „Mei­ne Ein­schät­zung ist, dass ein Hüh­ner­hal­ter aus der Regi­on mit den prä­pa­rier­ten Hen­nen einen Fuchs los­wer­den woll­te“, so mut­maßt Frank Rei­ßen­we­ber. „Aber unter wel­chen Umstän­den die Straf­tat auch ver­übt wur­de: Die­ser Fall zeigt ein­drück­lich, wel­che Aus­wir­kun­gen ein­zel­ne ver­gif­te­te Tie­re haben kön­nen. In der Natur wird Aas von vie­len Tie­ren wei­ter ver­wer­tet. Das Gift kann so über die Nah­rungs­ket­te wei­te­ren Tie­ren scha­den“, sagt Frank Rei­ßen­we­ber. Ganz in der Nähe, wo die toten Rohr­wei­hen gefun­den wur­den, gab es 2020 einen – glück­li­cher­wei­se erfolg­lo­sen – Gift­an­schlag eben­falls mit dem ver­bo­te­nen Gift E605 auf den dor­ti­gen Biber. Auch damals war kein Täter zu ermitteln.

Der LBV und die Gre­gor Loui­so­der Umwelt­stif­tung (GLUS) appel­lie­ren an alle Eltern im Land­kreis Coburg, ihre Kin­der kei­ne her­um­lie­gen­den toten Tie­re oder ande­res Ver­däch­ti­ges anfas­sen zu las­sen. Alle Hun­de­hal­ter vor Ort soll­ten ihre Tie­re an die Lei­ne neh­men. „In den ver­gan­ge­nen Jah­ren wur­de bei der­ar­ti­gen Fäl­len immer wie­der das hoch­to­xi­sche und in Deutsch­land ver­bo­te­ne Gift Car­bof­uran ein­ge­setzt, das bereits bei Haut­kon­takt wirkt und selbst in gerin­gen Dosen zu Krämp­fen führt. Sowohl der Schutz der Öffent­lich­keit als auch die Auf­klä­rung der Ver­gif­tungs­fäl­le sind uns ein zen­tra­les Anlie­gen“, sagt Fran­zis­ka Baur, GLUS-Fach­re­fe­ren­tin für Natur­schutz. „Wir wer­den nicht wei­ter­zu­se­hen, wie lang­jäh­ri­gen Schutz­be­mü­hun­gen um ein­hei­mi­sche Tier­ar­ten durch ille­ga­le Tötung mit qual­vol­len Metho­den – wie Ver­gif­tung – zunich­te­ge­macht wer­den und dafür sor­gen, dass sol­che Straf­ta­ten in Bay­ern künf­tig strik­ter ver­folgt werden.“

Die Auf­klä­rung sol­cher ille­ga­ler Wild­tier­tö­tun­gen ist schwie­rig, des­halb hof­fen der baye­ri­sche Natur­schutz­ver­band LBV und die Umwelt­stif­tung auf Hin­wei­se aus der Bevöl­ke­rung. „Spa­zier­gän­ger, die im betrof­fe­nen Raum oder andern­orts einen toten Wild­vo­gel oder Köder an Wegen, auf einer Wie­se oder im Feld fin­den, soll­ten dies der Cobur­ger Poli­zei unter 09561/6450 und LBV und GLUS unter www​.tat​ort​-natur​.de mel­den“, erklärt von Lindeiner.


Gemein­sa­mes Pro­jekt: „Natur­schutz­kri­mi­na­li­tät doku­men­tie­ren und stoppen!“

Ein Groß­teil der Fäl­le von Natur­schutz­kri­mi­na­li­tät bleibt unge­klärt und für die Täter fol­gen­los, was sich drin­gend ändern muss. LBV und GLUS star­ten des­halb 2019 das gemein­sa­me Pro­jekt „Natur­schutz­kri­mi­na­li­tät doku­men­tie­ren und stop­pen!“. In einer bay­ern­wei­ten Daten­bank sol­len alle (Verdachts-)Fälle von Natur­schutz­kri­mi­na­li­tät gespei­chert wer­den. Als erste Anlauf­stel­le für betrof­fe­ne Behör­den und die Öffent­lich­keit soll die Daten­bank fach­li­che Unter­stüt­zung bie­ten und als Mel­de- und Infor­ma­ti­ons­platt­form die­nen. Mit ihrer Hil­fe soll außer­dem die lang­fri­sti­ge Wei­ter­ver­fol­gung ein­zel­ner Fäl­le sicher­ge­stellt wer­den. Mit dem Pro­jekt soll auch die Öffent­lich­keits­ar­beit ver­stärkt und Fort­bil­dungs­an­ge­bo­te bereit­ge­stellt wer­den. Pro­jekt­lei­ter und Ansprech­part­ner sind die Bio­lo­gen Fran­zis­ka Baur (GLUS) und Dr. Andre­as von Lind­ei­ner (LBV). Fäl­le ille­ga­ler Ver­fol­gung von Vögeln doku­men­tiert der LBV seit die­sem Jahr im Auf­trag des LfU/​staatliche Vogelschutzwarte.

Wei­te­re Informationen:

Mehr Infos zum The­ma „Natur­schutz­kri­mi­na­li­tät“ und eine Check­li­ste zum rich­ti­gen Ver­hal­ten bei einem Tot­fund mit Ver­dacht auf ille­ga­le Tötung kön­nen auf der Sei­te www​.tat​ort​-natur​.de her­un­ter­ge­la­den wer­den. Dort kön­nen auch Fäl­le oder Ver­dachts­fäl­le von Natur­schutz­kri­mi­na­li­tät gemel­det werden.