Sonn­tags­ge­dan­ken: Steine

Symbolbild Religion

Lie­be Freunde,

als ich am The­re­sia­num kurz vor mei­ner Grae­cum-Prü­fung stand, frag­te ich unse­ren Grie­chisch­leh­rer, wie ich mich noch bes­ser auf die Prü­fung vor­be­rei­ten könn­te. Er mein­te: „Lesen Sie das neue Testament!“

Mein Text in die­ser Prü­fung war die Stei­ni­gung des Ste­pha­nus. Das ist das eine, was mich bis heu­te mit die­sem Text ver­bin­det. Aber es gibt noch etwas, was mich immer wie­der beschäf­tigt: Es sind die Steine.

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfar­rer Klaus Weig­and (rechts) mit Urmel …

Die Stei­ne näm­lich, die den Ste­pha­nus getrof­fen haben, die flie­gen auch heu­te. Gut, es sind nicht mehr die har­ten, kal­ten Stei­ne, die die Men­schen vom Boden auf­ge­sam­melt haben, um sie auf Ste­pha­nus zu wer­fen. Aber auch heu­te flie­gen Stei­ne, die hart und kalt in ihrer Wir­kung sind.

Es sind die Stei­ne der unacht­sa­men und oft lieb­lo­sen Bemer­kun­gen und die Stei­ne der oft bös­ar­ti­gen Wor­te, die heu­te Men­schen ent­ge­gen­ge­schleu­dert wer­den, um sie zu tref­fen oder sie zumin­dest einzuschüchtern.

Es sind die Beschimp­fun­gen und üblen Nach­re­den, die Men­schen heu­te ver­let­zen und ein­schüch­tern, es sind die Dro­hun­gen, die Men­schen den Kopf ein­zie­hen lassen.
Nein, wir sam­meln kei­ne Stei­ne mehr vom Boden auf, aber wir wer­fen den­noch immer wie­der Stei­ne auf ande­re und das manch­mal nur, weil die eine ande­re Mei­nung haben, anders aus­se­hen oder sich anders ver­hal­ten: weil die ein­fach nicht in unser Sche­ma passen.

Nein: Doch über­le­gen wir doch einmal:

Habe ich nicht auch schon schlecht über ande­re hin­ter ihrem Rücken dahergeredet?

Habe ich nicht schon ande­re ver­ur­teilt, ohne dass ich den genau­en Grund ihres Han­delns kannte?

Habe ich nicht sel­ber schon ande­re beschimpft, ohne ver­nünf­tig mit ihnen gere­det zu haben, weil ein­schüch­tern oft so ein­fach ist?

Lie­be Freu­de, Gott sei Dank gab und gibt es Men­schen, die sich nicht ein­schüch­tern lie­ßen. Es sind Men­schen wie du und ich, Men­schen wie Bon­hoef­fer und Dom Hel­der Cama­ra: Men­schen, die sich für ande­re ohne Furcht ein­ge­setzt haben. So gese­hen wird auch eine gute Mut­ter sich immer für ihre Kin­der ein­set­zen und sich nicht ein­schüch­tern las­sen, wenn es um die Kin­der geht.

Sol­che Men­schen machen mir Mut. Auch wenn ich selbst schon oft ver­letzt wor­den bin, waren und sind die­se Muti­gen mir stets ein Vor­bild, dass auch ich auf­recht zu mei­ner guten Sache stehe.

Schließ­lich kann ich dann getrost in den Spie­gel schau­en; ohne schlech­tes Gewis­sen. Aber ob die­je­ni­gen, die immer wie­der die­se Stei­ne auf ande­re wer­fen, die sich stän­dig über ande­re erhe­ben und ihre Mit­men­schen nur ein­schüch­tern wol­len, ob die­se das auch guten Gewis­sens tun kön­nen, das müs­sen sie sel­ber ent­schei­den und verantworten.

Aber Ihnen allen wün­sche ich, dass Sie Men­schen begeg­nen, die Sie auf­rich­ten und zu Ihnen ste­hen, die Sie nicht im Stich las­sen, wie das ja mitt­ler­wei­le oft wohl die Regel ist; sowohl in der Gesell­schaft als aber auch in unse­ren Kirchen.

Las­sen Sie sich nicht ver­bie­gen und einschüchtern!

Klaus Weig­and


Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Infos zu Pfar­rer Klaus Weigand

  • Gebo­ren 1966 in Erlen­bach am Main (Unter­fran­ken)
  • Abitur am The­re­sia­num in Bam­berg 1989
  • Stu­di­um der Kath. Theo­lo­gie in Bam­berg und Wien
  • Prie­ster­wei­he 1998
  • Tätig­kei­ten:
  • Fürth, Christ­kö­nig von 1997 – 2010
  • Bucken­ho­fen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor 2010 – 2015
  • seit 2015 in Herolds­bach und Hausen