Bay­reuth: Neue Stu­die unter­sucht Mikro­pla­stik­be­la­stung in einer Rhein­aue bei Köln

Logo der Universität Bayreuth

Wenn Mikro­pla­stik über Flüs­se in Rich­tung Meer trans­por­tiert wird, kön­nen sich die Par­ti­kel nicht nur in Fluss-Sedi­men­ten, son­dern auch in den Ufer­be­rei­chen ablagern.

Das For­schungs­team aus Bay­reuth und Köln unter­such­te in der regel­mä­ßig über­flu­te­ten Rhein­aue Lan­gel-Mer­kenich, ob auf häu­fi­ger über­schwemm­ten Flä­chen auch eine grö­ße­re Anzahl von Mikro­pla­stik ver­bleibt. Beson­ders inter­es­sier­ten sich die Wissenschaftler*innen dafür, wie sich Mikro­pla­stik in den über­schwemm­ten Böden ver­teilt und ob es in tie­fe­re Berei­che des Bodens gelangt. Daher sam­mel­ten sie, mit zuneh­men­dem Abstand vom Fluss, Boden­pro­ben in zwei ver­schie­de­nen Tie­fen­be­rei­chen: von der
Boden­ober­flä­che bis zu einer Tie­fe von fünf Zen­ti­me­tern sowie in einer Tie­fe zwi­schen fünf und 20 Zen­ti­me­tern. Die Häu­fig­keit von Mikro­pla­stik­par­ti­keln und ihre Grö­ße wur­de nach einer auf­wän­di­gen Auf­rei­ni­gung in den Labo­ra­to­ri­en der Uni­ver­si­tät Bay­reuth mit Hil­fe der Mikro-Fou­rier-Trans­for­ma­ti­ons-Infra­rot-Spek­tro­sko­pie (mikroF­TIR
Spek­tro­sko­pie) gemessen.

„Die mikroF­TIR Spek­tro­sko­pie ist ein tech­nisch anspruchs­vol­les Ver­fah­ren, mit dem die che­mi­sche Zusam­men­set­zung jedes ein­zel­nen Mikro­pla­stik­par­ti­kels, der grö­ßer als zehn Mikro­me­ter ist, in einer Pro­be cha­rak­te­ri­siert wer­den kann. Selbst wenn ein Par­ti­kel so win­zig ist wie ein Zehn­tel des Durch­mes­sers eines mensch­li­chen Haars, kön­nen wir den­noch ein­deu­tig bestim­men, wel­cher Pla­stik­sor­te er zuzu­ord­nen ist. Die Metho­dik, die wir für Boden­pro­ben ent­wickelt haben, ermög­licht zudem die Ana­ly­se von recht gro­ßen und damit reprä­sen­ta­ti­ven Pro­ben­men­gen,“ sagt Dr. Mar­tin Löder, Lei­ter der For­schungs­ar­bei­ten an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Ins­ge­samt zeig­ten die Mes­sun­gen im Rah­men der Stu­die, dass die Anzahl der Mikro­pla­stik­par­ti­kel in den Boden­pro­ben deut­lich schwank­te: In einer Tie­fe bis zu fünf Zen­ti­me­ter lie­ßen sich
zwi­schen 25.502 und 51.119 Par­ti­keln pro Kilo­gramm trocke­nen Bodens nach­wei­sen; in einer Tie­fe zwi­schen fünf und 20 Zen­ti­me­tern waren es zwi­schen 25.616 und 84.824 Par­ti­kel. Unge­fähr 75 Pro­zent der Par­ti­kel waren klei­ner als 150 Mikrometer.

Die Forscher*innen fan­den auch her­aus, wes­halb die Mikro­pla­stik­par­ti­kel in den unter­such­ten Böden der Rhein­au­en sehr ungleich­mä­ßig ver­teilt sind. Vor allem in den Sen­ken kön­nen sich im Lau­fe der Über­schwem­mun­gen Mikro­pla­stik­par­ti­kel anrei­chern. An Stel­len, die durch Grasbe­wuchs vor Ero­si­on geschützt sind und eine ver­gleichs­wei­se gro­ße Akti­vi­tät von Regen­wür­mern auf­wie­sen, hat­ten sich beson­ders zahl­rei­che Par­ti­kel in tie­fe­re Schich­ten des Bodens ver­la­gert. „Die Mechanismen,
die den Trans­port von Mikro­pla­stik zwi­schen ver­schie­de­nen Umwelt­kom­par­ti­men­ten bedin­gen, sind unglaub­lich kom­plex. Mit unse­rer in Bay­reuth ent­wickel­ten Metho­de konn­ten wir auch klein­ste Mikro­pla­stik­par­ti­kel im Auen­bo­den nach­wei­sen und zei­gen, wel­che Fak­to­ren bei der Ver­la­ge­rung in tie­fe­re Boden­schich­ten eine Rol­le spielen,“
sagt die Bay­reu­ther Dok­to­ran­din und Mit­au­torin Julia Möl­ler M.Sc., die sich auf die Erfor­schung von Mikro­pla­stik­par­ti­keln in Böden spe­zia­li­siert hat.

Pro­fes­so­rin Dr. Chri­sti­na Bogner hat die For­schungs­ar­bei­ten am Geo­gra­phi­schen Insti­tut der Uni­ver­si­tät zu Köln koor­di­niert und betont den Pilot­cha­rak­ter der Stu­die: „Unser inter­dis­zi­pli­nä­rer Ansatz kann auch auf ande­re Über­schwem­mungs­ge­bie­te über­tra­gen wer­den, um die ent­spre­chen­den Pro­zes­se auf­zu­klä­ren. Infor­ma­tio­nen aus sol­chen Unter­su­chun­gen sind sowohl für die Loka­li­sie­rung poten­zi­el­ler Mikro­pla­stik­sen­ken für Pro­be­nah­me­plä­ne als auch für die Iden­ti­fi­zie­rung von Gebie­ten mit erhöh­ter Bio­ver­füg­bar­keit von Mikro­pla­stik für eine ange­mes­se­ne öko­lo­gi­sche Risi­ko­be­wer­tung von wesent­li­cher Bedeutung.“

VER­ÖF­FENT­LI­CHUNG:

Mar­kus Rolf, Han­nes Laer­manns, Lukas Kienz­ler, Chri­sti­an Pohl, Julia N.
Möl­ler, Chri­sti­an Laforsch, Mar­tin G. J. Löder, Chri­sti­na Bogner:
Floo­ding fre­quen­cy and flood­plain topo­gra­phy deter­mi­ne abun­dance of
micro­pla­stics in an allu­vi­al Rhi­ne soil. Sci­ence of The Total
Envi­ron­ment (2022), DOI: https://​doi​.org/​1​0​.​1​0​1​6​/​j​.​s​c​i​t​o​t​e​n​v​.​2​0​2​2​.​1​5​5​141