Bam­ber­ger Stadt­rat ent­schei­det über Fort­schritt oder Stillstand

Die Ent­schei­dungs­vor­la­ge des Ver­kehrs­ent­wick­lungs­plans war nach 7 Jah­ren Bear­bei­tungs­zeit lan­ge über­fäl­lig. Nun liegt sie vor und es liegt am Stadt­rat dar­über zu ent­schei­den. Ver­traut er sei­ner eige­nen Len­kungs­grup­pe, den Expert*innen von Inge­nieur­bü­ro und Ver­wal­tung, die aus den eige­nen Ana­ly­sen und Ideen sowie den Vor­schlä­gen der Öffent­lich­keits­be­tei­li­gung ein Maß­nah­men­pa­ket zur Erfül­lung der ein­stim­mig beschlos­se­nen Zie­le erar­bei­tet haben? Die Ant­wort muss „Ja“ lau­ten. Eine Ableh­nung durch den Stadt­rat wäre eine Bla­ma­ge für die Nein- Sager und eine gro­ße Hür­de für eine posi­ti­ve Ent­wick­lung der Mobi­li­tät in Bamberg.

Der Umfang des Ent­schei­dungs­vor­schlags macht die Kom­ple­xi­tät des Ver­kehrs­ent­wick­lungs­plans klar. Hier wur­den offen­sicht­lich nicht nur Ein­zel­maß­nah­men anein­an­der­ge­reiht, son­dern die Gesamt­wir­kung der Maß­nah­men im Paket bewer­tet. Gleich­zei­tig führt dies zur Erkennt­nis, dass ein­zel­ne Maß­nah­men nicht leicht­fer­tig geän­dert wer­den kön­nen, ohne die Zie­le der Ver­kehrs­ent­wick­lung in Fra­ge zu stel­len. Den Beschluss­vor­schlag der Ver­wal­tung, der die Aus­ar­bei­tung der Maß­nah­men als Ziel gleich mit ent­hält, hal­ten wir für schlüs­sig und vor allem auch erfor­der­lich. Die Detail­prü­fung der Maß­nah­men wird sicher noch Her­aus­for­de­run­gen offen­ba­ren, die hof­fent­lich auch in Betei­li­gungs­ver­fah­ren bewäl­tigt wer­den kön­nen. Lei­der fehlt noch eine grö­ße­re Ver­bind­lich­keit zum Umset­zungs­zeit­plan. Eben­so sieht es mit den Mess­grö­ßen aus. Gut, dass es einen Ent­wurf dafür gibt, schlecht, dass kei­ne Ziel­wer­te dar­in ste­hen. Die For­mu­lie­rung die­ser Zie­le und ihr Moni­to­ring müs­sen die näch­sten Schrit­te sein, um die knap­pen Res­sour­cen der Stadt ziel­ori­en­tiert ein­set­zen zu können.

„Wie läuft’s in Bam­berg?“ wird im Bericht für unter­schied­li­che Per­so­nen­grup­pen gefragt. Bei den Ant­wor­ten fällt auf, dass ein­zig bei der Nut­zung des Autos durch­gän­gig ein allen­falls gerin­ger Hand­lungs­be­darf besteht. Alle ande­ren Ver­kehrs­ar­ten haben bis hin zu erheb­li­chem Hand­lungs­be­darf. Dies ver­deut­licht, dass nach jahr­zehn­te­lan­ger För­de­rung der Auto­mo­bi­li­tät nun der Umwelt­ver­bund im Fokus der Ent­wick­lung ste­hen muss. Bar­rie­re­freie, siche­re Fuß­we­ge ohne Umwe­ge, Fahr­rad­we­ge, die das Rad­ver­kehrs­auf­kom­men auch zuver­läs­sig tra­gen kön­nen, Bus­ver­bin­dun­gen mit deut­lich kür­ze­ren Fahr­zei­ten zu mehr Zie­len in der Stadt.

Ange­sichts der aktu­ell stark stei­gen­den Mobi­li­täts­ko­sten wird ein wei­te­rer Man­gel in der Stra­te­gie offen­sicht­lich: Die Aus­wir­kun­gen auf die Mobi­li­täts­ko­sten pri­va­ter Haus­hal­te wer­den an kei­ner Stel­le als ent­schei­dungs­re­le­vant berück­sich­tigt. Dies kann leicht zu sozia­ler Aus­gren­zung füh­ren, wenn Fahrt­zie­le nicht mehr ver­nünf­tig (schnell und bezahl­bar) mit dem Umwelt­ver­bund erreich­bar sind, son­dern nur mit dem Auto – wenn man es sich lei­sten kann.

Basie­rend auf die­ser ersten schnel­len Ana­ly­se ist zu begrü­ßen, dass der Ver­kehrs­ent­wick­lungs­plan mit solch detail­liert erar­bei­te­ten Maß­nah­men ver­füg­bar ist. Wich­tig ist nun, dass der Stadt­rat die vor­lie­gen­den Ergeb­nis­se aner­kennt und mit sei­nem Beschluss end­lich den Weg für die Umset­zung frei macht. Es blei­ben nur noch 8 Jahre.