Die Cobur­ger Wan­der­fal­ken haben die­ses Jahr drei Küken

Coburger Falken-Cam

Web­cam bie­tet Blick ins Nest

Drei wei­ße Flausch­ku­geln lie­gen eng gedrängt anein­an­der geku­schelt und zucken im Schlaf immer wie­der ganz über­ra­schend zusam­men. Ein müdes Auge lugt unter schwe­ren Lidern her­vor, die sich schnell wie­der schlie­ßen. Das klei­ne Schnä­bel­chen gähnt aus­gie­big und kuschelt sich dann wie­der ins Gefie­der sei­ner Geschwi­ster. Mama und Papa Wan­der­fal­ke sind gera­de aus­ge­flo­gen, und so sind die drei Flausch­ku­geln, die dies­jäh­ri­gen Wan­der­fal­ken-Küken, gera­de ganz allei­ne zuhau­se in ihrem Nist­ka­sten im Moriz­kirch­turm weit über den Dächern Coburgs. Am 23. April haben sie sich nach rund fünf­ein­halb Wochen Brut­zeit aus den Ei-Scha­len her­aus­ge­kämpft. Bald kom­men die Eltern wie­der mit Fut­ter zurück, und dann sper­ren die Klei­nen ihre Schnä­bel­chen ganz weit auf. Die drei Nach­wuchs­fal­ken wer­den nun in regel­mä­ßi­gen Abstän­den von Mama und Papa gefüt­tert und dazwi­schen immer wie­der gehu­dert, das heißt unter dem Gefie­der der Alt­vö­gel gewärmt.

Für Natur­in­ter­es­sier­te sind es bewe­gen­de Sze­nen, die man der­zeit in der Wan­der­fal­ken-Web­cam des LBVs zu sehen bekommt. Seit 2021 kön­nen die Cobur­ger live im Leben der sel­te­nen Wild­vö­gel dabei sein und – dank der vom LBV in Zusam­men­ar­beit mit Stadt und SÜC instal­lier­ten Web­cams – alle Pha­sen von Brut und Auf­zucht mitverfolgen.

Das Web­cam-Ange­bot wird auch 2022 wie­der sehr rege genutzt. „Der LBV ver­zeich­ne­te schon in der Brut­pha­se, von Mit­te März bis Mit­te April 60.000 Zugrif­fe auf den Live­stream der bei­den Kame­ras, seit am 23. April das erste Küken geschlüpft ist, ist die Anzahl der Auf­ru­fe auf 5.000 bis 6.000 am Tag gestie­gen“, sagt Bernd Leuthäu­sser, der die Web­cam ehren­amt­lich für den LBV betreut. „Es sind tol­le Sze­nen zu beob­ach­ten, und der Blick lohnt sich!“

Die Wan­der­fal­ken-Web­cam ist über die Inter­net­sei­ten www​.natur​fo​to​.lbv​-coburg​.de oder www​.coburg​.lbv​.de zu erreichen.

Der LBV Coburg, der als gemein­nüt­zi­ger Natur­schutz­ver­ein die Instal­la­ti­on sowie die lau­fen­den Kosten der Web­cam bis­her allein trägt, bit­tet wei­ter­hin um Spen­den und sucht noch Spon­so­ren, um die Web­cam lang­fri­stig zu ermög­li­chen. „Wir freu­en uns über jede finan­zi­el­le Unter­stüt­zung für die Web­cams“, sagt Frank Rei­ßen­we­ber, erster Vor­sit­zen­der des LBV Coburg.

Zur Geschich­te des Wan­der­fal­ken im Cobur­ger Land

Als sich der Wan­der­fal­ke 2016 das erste Mal nach 132 Jah­ren im Cobur­ger Land nie­der­ließ, war das wirk­lich eine Sen­sa­ti­on für Vogel­lieb­ha­ber. Die Wan­der­fal­ken waren in den 70er Jah­ren in Bay­ern näm­lich außer­halb der Alpen aus­ge­stor­ben, vor allem wegen des gefähr­li­chen Insek­ten­gifts DDT, das damals nach lan­gem Kampf der Natur­schutz­ver­tre­ter in der Land­wirt­schaft ver­bo­ten wur­de. Durch kon­se­quen­ten Schutz und künst­li­che Nist­hil­fen in hohen Gebäu­den besie­delt der Wan­der­fal­ke jetzt wie­der fast ganz Bay­ern – jedoch lan­ge nicht bei uns, denn man­gels Natur­fel­sen ist das Cobur­ger Land kein erst­klas­si­ges Wan­der­fal­ken­ge­biet. 1884 hat­ten Wan­der­fal­ken das letz­te Mal bei Fürth am Berg gebrü­tet, danach rei­sten sie nur noch durch unse­re Regi­on hin­durch. Es gab zwar schon immer wie­der Brut­ver­su­che, sie ver­lie­fen aber nie erfolg­reich. Um den Wan­der­fal­ken im Cobur­ger Land wie­der fest anzu­sie­deln, hat­te der LBV bereits vor eini­gen Jah­ren an der Veste Coburg und am Müll­heiz­kraft­werk Wan­der­fal­ken­kä­sten ange­bracht, die­se wur­den aber bis­her nicht ange­nom­men. Der Nist­ka­sten in der Moriz­kir­che wur­de vor 20 Jah­ren instal­liert, die Vogel­schüt­zer muss­ten sich aber bis 2016 gedul­den, bis er von den Wan­der­fal­ken end­lich gefun­den und ange­nom­men wur­de. Die Kirch­turm­spit­ze ist opti­ma­ler Platz für den Wan­der­fal­ken. Der Nist­ka­sten ist opti­mal geschützt vor Fress­fein­den und die Umge­bung mit den vie­len Dächern und Tür­men bie­tet den Jung­vö­geln opti­ma­le Bedin­gun­gen für die ersten Flug­ta­ge. Hier, ganz in der Spit­ze des Moriz­kirch­turms, brü­ten die Wan­der­fal­ken in die­sem Jahr schon zum sech­sten Mal in Folge.

Mit tat­kräf­ti­ger Unter­stüt­zung der Fir­ma Dacor und des Hoch­bau­am­tes der Stadt hat der LBV Coburg dann 2021 im Nist­ka­sten zwei Beob­ach­tungs­ka­me­ras instal­lie­ren las­sen, mit denen sich jetzt das Brut­ge­sche­hen und die Auf­zucht des Nach­wuch­ses live ver­fol­gen las­sen. Die bei­den Hik­vi­si­on-Kame­ras mit 4 Mega­pi­xel Auf­lö­sung lie­fern einen Stream in HD-Qua­li­tät. Die Tag- und Nacht-Funk­ti­on gibt die Mög­lich­keit zur 24 Stun­den-Vogel­be­ob­ach­tung. Auch hören kann man, was im Wan­der­fal­ken-Nest vor sich geht. Dank Infra­rot-Funk­ti­on kann man die Vögel auch im Dun­keln noch beob­ach­ten. Nach heu­ti­gem Wis­sens­stand ist dies für die Tie­re kaum wahr­nehm­bar und somit nicht schädlich.

Wan­der­fal­ken-Film

Mit enor­mem Zeit­auf­wand hat Olaf Pilz ehren­amt­lich für den LBV Coburg einen kurz­wei­li­gen und lie­be­vol­len 24-minü­ti­gen Doku­men­tar­film über den Cobur­ger Wan­der­fal­ken-Nach­wuchs zusam­men­ge­stellt. „Die Nist­ka­sten-Sto­ries aus 62 Meter Höhe“ ste­hen lang­fri­stig im You­tube-Kanal als kosten­lo­ses Umwelt­bil­dungs­an­ge­bot zur Ver­fü­gung. Der Film ist auch über www​.coburg​.lbv​.de zu finden.


Zum LBV Coburg:

Im Cobur­ger Land ist der LBV beson­ders aktiv: Bei uns hat der gemein­nüt­zi­ge Natur­schutz­ver­band LBV aktu­ell über 3500 Mit­glie­der, davon mehr als 100 Mit­glie­der im akti­ven Ehren­amt, die sich nicht nur um die Belan­ge von Vögeln küm­mern, son­dern um alle bedroh­ten Tie­re und Pflan­zen im Land­kreis. Die Kreis­grup­pe Coburg betreut über 250 Fle­der­maus­kel­ler, über 400 Eulen­nist­kä­sten und rund ein Dut­zend Stor­chen­hor­ste. Außer­dem betreibt sie eine Greif­vo­gel­auf­fang­sta­ti­on und eine Fle­der­maus­an­lauf­stel­le. Um Men­schen für die Natur zu begei­stern, ist die Kreis­grup­pe sehr aktiv inder Umwelt­bil­dung und bie­tet jähr­lich mehr als 50 Natur­ver­an­stal­tun­gen an. Durch eine Viel­zahl an Spe­zia­li­sten ist es dem LBV Coburg mög­lich, die Tier- und Pflan­zen­welt im Cobur­ger Land zu erfor­schen und zu för­dern. Der LBV Coburg setzt für ein „Grü­nes Band“ an der ehe­ma­li­gen Gren­ze zur DDR ein. In den mehr als 20 Arbeits­grup­pen, unter ande­rem Orni­tho­lo­gie, Fle­der­mäu­se, Her­pe­to­lo­gie, Bio­top­pfle­ge, Insek­ten, Bota­nik, Wild­vo­gel­hil­fe und natur­na­hes Gärt­nern, führt der gemein­nüt­zi­ge Natur­schutz­ver­ein regel­mä­ßig Wan­de­run­gen, Kar­tie­run­gen, Zäh­lun­gen und Ähn­li­ches durch. Wei­ter­hin wer­den Nist­hil­fen gebaut, Vögel gesund gepflegt, Fle­der­maus­quar­tie­re inspi­ziert, Bio­to­pe art­ge­recht gestal­tet, „Insek­ten­ho­tels“ errich­tet, mit Schu­len zusam­men­ge­ar­bei­tet und es wird Öffent­lich­keits­ar­beit betrie­ben. Die Arbeits­grup­pe Natur­fo­to­gra­fie bringt jähr­lich in einem Wett­be­werb einen Foto­ka­lender mit den schön­sten Natur­auf­nah­men des Cobur­ger Lan­des her­aus, der zum guten Zweck ver­kauft wird. Außer­dem betreut die Arbeits­grup­pe eine Wan­der­fal­ken­Web­cam. Auch poli­tisch Inter­es­sier­te kom­men in der Arbeits­grup­pe Natur­schutz­de­mon­stra­tio­nen auf ihre Kosten. Beson­de­re Auf­merk­sam­keit legt die Grup­pe auf die Nach­wuchs­ar­beit. In vier Kin­der­grup­pen erfor­schen auch schon die Klei­nen vom Ver­eins­häus­chen aus flei­ßig die Natur. In einer Hoch­schul­grup­pe enga­gie­ren sich Stu­den­ten für mehr Natur­schutz. 1909 gegrün­det ist der LBV der älte­ste Natur­schutz­ver­band in Bay­ern und zählt im Frei­staat aktu­ell über 110.000 Unter­stüt­zer, 265 loka­le Grup­pen und 17 Umweltbildungseinrichtungen.