Tot­schlag an einem Neu­ge­bo­re­nen in Hein­ers­reuth: Urteils­ver­kün­dung im Strafverfahren

Symbolbild Justiz

Die 1. Gro­ße Jugend­kam­mer des Land­ge­richts Bay­reuth hat die Ange­klag­te am 12. April 2022 wegen Tot­schlags ihres neu­ge­bo­re­nen Kin­des zu einer Jugend­stra­fe von 5 Jah­ren und 9 Mona­ten verurteilt.

Zur Über­zeu­gung der Kam­mer steht fest, dass die im Tat­zeit­punkt 19-jäh­ri­ge Ange­klag­te, die durch das mehr­mo­na­ti­ge Aus­blei­ben ihrer Monats­blu­tung, die Gewichts­zu­nah­me und durch häu­fi­ger wer­den­de Fra­gen nach einer bestehen­den Schwan­ger­schaft aus ihrem gesam­ten Umfeld von ihrer Schwan­ger­schaft wuss­te, am Abend des 17. Juli 2021 ein lebens­fä­hi­ges und nach der Geburt selbst­stän­dig atmen­des Mäd­chen, das sie kurz zuvor im Bade­zim­mer der Hein­ers­reu­ther Woh­nung eines Bekann­ten zur Welt gebracht hat­te, getö­tet hat.

Ihrem Tat­plan fol­gend, das Kind unmit­tel­bar nach der Geburt zu töten und zu ent­sor­gen, um unent­deckt zu blei­ben, leg­te die Ange­klag­te nach Auf­fas­sung der Kam­mer ihr Kind nach Durch­tren­nung der Nabel­schnur in eine Toi­let­ten­pa­pier­pla­stik­ver­packung. Auch die Pla­zen­ta und das Toi­let­ten­pa­pier, das sie zum Auf­wi­schen des Blu­tes im Bade­zim­mer benutzt hat­te, leg­te die Ange­klag­te zu dem Kind in die Pla­stik­ver­packung. Anschlie­ßend gab sie die Toi­let­ten­pa­pier­ver­packung in einen blick­dich­ten Müll­sack. Das Kind ver­starb inner­halb kur­zer Zeit durch Ersticken.

Noch in der­sel­ben Nacht ent­sorg­te ein Bekann­ter der Ange­klag­ten, in des­sen Woh­nung sie eini­ge Tage ver­bracht hat­te und der von den Vor­gän­gen nichts mit­be­kom­men hat­te, auf Bit­ten der Ange­klag­ten den grau­en Müll­sack mit der dar­in befind­li­chen Baby­lei­che in einer Müll­ton­ne des Anwe­sens in Heinersreuth.

Nach Ein­schät­zung der Jugend­kam­mer woll­te die Ange­klag­te, die aus einem zer­rüt­te­ten Eltern­haus stammt und unter gerin­gem Selbst­wert­ge­fühl und gro­ßen Ver­lust­äng­sten lei­det, dass alles so bleibt, wie es ist und dass ihr Leben ohne Kind wei­ter­ge­hen soll, da sie ihre aktu­el­le Lebens­si­tua­ti­on als glück­lich emp­fun­den hatte.

Des­halb soll sich die nicht vor­ge­ahn­de­te Ange­klag­te, die in gro­ßen Tei­len gestän­dig war, nach Über­zeu­gung der Kam­mer ent­schlos­sen haben, Schwan­ger­schaft und Geburt zu verheimlichen.

Im Rah­men des am 25. März 2022 begon­ne­nen auf­wän­di­gen, ins­ge­samt 7 Haupt­ver­hand­lungs­ter­mi­ne umfas­sen­den Straf­ver­fah­rens, wel­ches durch die der­zei­ti­ge Coro­na-Pan­de­mie geprägt war, wur­den ins­ge­samt 19 Zeu­gen ver­nom­men, zahl­rei­che Gut­ach­ten aus­ge­wer­tet und ins­ge­samt vier Sach­ver­stän­di­ge aus den Berei­chen Gynä­ko­lo­gie, Foren­si­sche Toxi­ko­lo­gie, Foren­si­sche Psych­ia­trie und Rechts­me­di­zin angehört.

Das Urteil im Ver­fah­ren mit dem Akten­zei­chen 1 KLs 111 Js 7440/21 jug ist rechtskräftig.