Bamberg: Jüdische Feste und Feiertage – das Befreiungsfest Pessach (15.-23. April 2022)

In christlichen Familien und darüber hinaus gehören gekochte und bemalte Eier fest zu Ostern. Jedes Jahr feiern Juden seit dem Auszug des jüdischen Volkes unter der Führung von Gott aus Ägypten Pessach in der Nacht des ersten Frühjahrsvollmondes – mit dabei ungesäuertes Mazzebrot, bittere Kräuter, Wein und: gekochte Eier. „Doch welche Bedeutung haben Eier für Juden zu Pessach?“, wurde einst ein Rabbiner gefragt. Wie Juden, die Knechtschaft, Verfolgungen und Unterdrückung seit Jahrtausenden durchleiden mussten, werden Eier immer härter, je mehr sie verbrannt oder gekocht werden.
Bis zur Selbstbefreiung der Unterdrückten mit der Durchquerung des durch Gott geteilten Roten Meeres durchlebte das Volk Israel schwere Not. Erst nach 10 großen Plagen ließ Pharaoh sie endlich aus Ägypten in die Heimat ihrer Ahnen ziehen. Mehr noch als viele andere jüdische Feste ist Pessach ein besonderes Fest der Familie, an dem jedes Mitglied sich an die Tränen der Vorfahren, mehr noch aber an die rettende Befreiung erinnert. So werden die geschälten Eier in Salzwasser getaucht und ausschließlich ungesäuerte Speisen gegessen. Denn auch die 600.000 aus Ägypten Ziehenden hatten damals keine Zeit, den Brotteig durch Gärung sauer werden zu lassen, sondern buken den Teig aus Mehl und Wasser direkt nach der Vermengung. Bittere Kräuter erinnern zudem an die Verbitterung der Ägypter durch die Plagen und das Ertrinken der ägyptischen Verfolger im Roten Meer.

Auf diese Art machen sich Juden bis heute die Geschichte ihres Volkes, ihre Identität und den Zusammenhalt des Judentums selbst in größter Not und Verfolgung bewusst und geben dies von Generation zu Generation weiter. Es ist jedoch kein Trauerfest, sondern wie gesagt ein Fest der Freude – und Wein ist im Judentum ein Symbol der Freude: „Und der Wein wird im Herzen des Menschen jubeln und das Gesicht jubeln lassen.“ (Ps. 104, 15).

Doch zuvor bedarf es einiger aufwändigerer Vorbereitungen, spätestens in der Woche vor Pessach. So muss alles Chamez (dt. Gesäuertes) an Speisen und Getränken verbraucht, verschenkt oder verkauft werden: kein Krümel darf mehr im Haus sein! Auch die ganze Woche von Pessach über (vom 15. morgens bis 23. April 2022) darf weiterhin kein Chamez gegessen werden noch sich im Haus befinden. Alles nicht für die Pessachzeit zulässige Geschirr muss im Schrank oder im Keller verschlossen und das geeignete Geschirr besonders gereinigt werden. Und natürlich muss man sich um genug Mazzen und Wein kümmern, häufig als gemeinsame Bestellung in der jüdischen Gemeinde.

Am Seder, in diesem Jahr dem Abend des 15. April (Erew Pessach), beginnt das Pessachfest mit einem Gottesdienst in der Synagoge und dem anschließenden großen Festmahl, auf das man sich ja beherzt vorbereitet hat. In einer ganz bestimmten Reihenfolge werden die einzelnen Speisen gemeinsam verzehrt, während deren symbolische Bedeutung aus der Tora und der Haggada laut erläutert wird. Für die 4 göttlichen Verheißungen an das Volk Israel, es aus Ägypten zu führen, zu erretten, zu erlösen und als eigenes Volk anzunehmen, werden in bestimmten Abständen insgesamt 4 Gläser Wein getrunken sowie Lieder des Lobes und des Dankes gesungen. Ein besonderes Glas Wein wird auf den Tisch des den Sederabend Leitenden gestellt. Es ist der Koß Elijahu, der Becher des Elijahu. Der Erzählung zufolge kommt der Prophet Elijahu unerkannt mit den Gästen zur Sedertafel. Und wenn er da war, dann ist meistens auch der becher dann leer (bzw. es findet sich später noch ein Abnehmer dafür). Wurde der Seder korrekt ausgeführt, sprechen alle gemeinsam: „Leschana haba’ah bi’Jeruschalajim – Nächstes Jahr in Jerusalem.“