Bam­berg: „Mehr gesell­schaft­li­ches Gleich­ge­wicht durch Steu­er­um­ver­tei­lung und Eigen­tum auf Zeit“

„Alle 50 Jahre werden die Eigentumsverhältnisse neu geordnet, so das biblische Zeugnis,“ erklärt Böhm. „Der schöpferische Quellcode würde dann sozusagen auf Null gesetzt werden und die Vermögensverteilung würde von Neuem beginnen.“Bild-Quelle: KAB Bildungswerk Bamberg e.V.

Die Zah­len, die Dr. Man­fred Böhm, Theo­lo­ge und Lei­ter der Arbeit­neh­mer­pa­sto­ral im Erz­bis­tum Bam­berg, nennt, über­stei­gen nahe­zu die Vor­stel­lungs­kraft: Inner­halb der ver­gan­ge­nen zwei Jah­re wuchs das Ver­mö­gen der zehn Reich­sten in Deutsch­land von 144 Mil­li­ar­den auf 256 Mil­li­ar­den an. „Die zwei reich­sten Fami­li­en in Deutsch­land besit­zen so viel, wie die Hälf­te der Bevöl­ke­rung,“ zitiert er Sta­ti­stik­da­ten der Not­hil­fe- und Ent­wick­lungs­or­ga­ni­sa­ti­on „Oxfam“. „Im Gegen­satz dazu sind im glei­chen Zeit­raum 164 Mil­lio­nen Men­schen welt­weit in Armut abge­rutscht,“ macht er deut­lich. Die Gesich­ter der Män­ner und Frau­en, die der Ein­la­dung von KAB Bil­dungs­werk Bam­berg und KAB Kreis­ver­band Bam­berg Stadt zum Vor­trag „Umver­tei­lung über Steu­ern – oder geht das auch anders?“ am ver­gan­ge­nen Diens­tag­abend gefolgt sind, sehen ange­sichts die­ser Aus­ma­ße betrof­fen aus.

Böhm macht die seit Jahr­zehn­ten ent­ste­hen­de Kluft zwi­schen Arm und Reich, die sich wäh­rend der Coro­na­kri­se noch ver­grö­ßert hat, an Bei­spie­len deut­lich: Her­stel­ler­fir­men des Impf­stof­fes gegen Coro­na haben ihre Markt­macht aus­ge­nutzt, indem sie das 24-fache des Pro­duk­ti­ons­prei­ses als Ver­kaufs­preis ver­lan­gen, so Böhm. „80 Pro­zent des Impf­stof­fes lan­den in der ‚Ersten Welt‘.“ Ziel sol­le viel­mehr sein, dass alle Men­schen welt­weit min­de­stens ein­mal geimpft wür­den, meint Böhm. Der Patent­schutz müs­se aus­set­zen, damit Unter­neh­men in der so genann­ten „Drit­ten Welt“ in die Pro­duk­ti­on gehen kön­nen: „130 Fir­men wären sofort fähig, das Patent in Impf­stoff umzusetzen.“

Das Ungleich­ge­wicht zwi­schen Arm und Reich wird auch am Kli­ma­wan­del deut­lich: So spar­te Deutsch­land seit 1990 zwar 25 Pro­zent an CO2-Aus­stoß ein, doch nur „indem die Mit­tel­schicht den Gür­tel enger schnall­te bzw. auch schnel­ler muss­te, da ihr Ein­kom­men sank“. In der Ober­schicht hin­ge­gen erhöh­te sich der CO2-Aus­stoß um 5 Prozent.

Eigen­tums­ver­hält­nis­se sind seit Anbe­ginn der Geschich­te ein Grad­mes­ser für das Gleich­ge­wicht bezie­hungs­wei­se das Ungleich­ge­wicht von Ver­mö­gens­ver­tei­lung und spie­geln seit Men­schen­ge­den­ken das Ver­hält­nis von Armut und Reich­tum in der Gesell­schaft wie­der. Die gei­sti­ge Hal­tung „wer hat, dem wird gege­ben – wer nichts hat, dem wird genom­men“ sei typisch kapi­ta­li­stisch, sie „zemen­tie­re die Unwucht in unse­rer Gesellschaft“.

Als Lösungs­mög­lich­kei­ten iden­ti­fi­ziert Böhm unter ande­rem die Wie­der­ein­füh­rung der pro­gres­si­ven Ein­kom­mens­steu­er, in Anleh­nung an den fran­zö­si­schen Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler Tho­mas Piket­ty, die Ein­füh­rung einer Eigen­tums­steu­er und dar­über hin­aus das Prin­zip „Eigen­tum auf Zeit“: Alle 50 Jah­re erfol­ge laut der Bibel eine Neu­ord­nung der Besitzverhältnisse.

„Die­ser Gedan­ke stammt aus der Bibel, aus dem Buch Levi­ti­kus, Kapi­tel 25, Vers 23: ‚Besitz an Grund und Boden darf nicht end­gül­tig ver­kauft wer­den, weil das Land nicht euer, son­dern mein Eigen­tum ist. Ihr lebt bei mir wie Frem­de oder Gäste, denen das Land nur zur Nut­zung über­las­sen ist.‘“ Böhm bedau­ert, dass nie­mand, der die­ses Prin­zip for­dert, ernst genom­men wird: „Die Befür­wor­ter wer­den baga­tel­li­siert, sprich: sie fin­den kein Gehör, wer­den patho­lo­gi­siert, also als krank bezeich­net, oder kri­mi­na­li­siert, als gefähr­lich ein­ge­stuft.“ Dabei wur­de die­se Idee über die Geschich­te hin­weg immer wie­der auf­ge­grif­fen, unter ande­rem von Tho­mas von Aquin und von Karl Marx in einem sei­ner Haupt­wer­ke „Das Kapital“.

Mehr Gleich­heit von Arm und Reich könn­ten auch Steu­ern bewir­ken: Böhm nennt die Wie­der­ein­füh­rung der pri­va­ten Ver­mö­gens­steu­er, die unter Alt-Bun­des­kanz­ler Hel­mut Kohl 1997 abge­schafft wur­de, die Ver­mö­gens­ab­ga­be und die Finanz­trans­ak­ti­ons­steu­er. „Es gäbe viel zu ver­tei­len. Aber es gibt in Deutsch­land immer Ver­hin­de­rungs­par­tei­en,“ fasst der Theo­lo­ge zusam­men, der bereits als Jugend­li­cher an der Bam­ber­ger Frie­dens­be­we­gung der 80er Jah­re aktiv teil­nahm. „Damals waren wir ganz klar gegen den Ein­satz von Waf­fen.“ Böhm schlägt an die­ser Stel­le die Brücke zum aktu­el­len Kriegs­ge­sche­hen in der Ukrai­ne und in Russ­land: „Selbst die­ser unsäg­li­che Krieg macht Rei­che noch rei­cher, zum Bei­spiel die Waffenindustrie.“

Bild-Unter­schrift: „Alle 50 Jah­re wer­den die Eigen­tums­ver­hält­nis­se neu geord­net, so das bibli­sche Zeug­nis,“ erklärt Böhm. „Der schöp­fe­ri­sche Quell­code wür­de dann sozu­sa­gen auf Null gesetzt wer­den und die Ver­mö­gens­ver­tei­lung wür­de von Neu­em beginnen.“

Bild-Quel­le: KAB Bil­dungs­werk Bam­berg e.V.