Peg­nitz: Johan­nes­pas­si­on von Johann Seba­sti­an Bach in der St. Bartholomäuskirche

Ein bewe­gen­des Bekenntnis

Ein beson­de­res kir­chen­mu­si­ka­li­sches Ereig­nis fin­det am Sonn­tag, 3. April um 17 Uhr in der St. Bar­tho­lo­mä­us­kir­che in Peg­nitz statt. Unter der Lei­tung von Jörg Fuhr sin­gen und spie­len die Kan­to­rei St. Bar­tho­lo­mä­us, die Neue Nürn­ber­ger Rats­mu­sik und Soli­sten eines der bewe­gend­sten Wer­ke Johann Seba­sti­an Bachs – die Johannespassion.

Das berühm­te Werk erklang erst­mals 1724 in der Leip­zi­ger Niko­lai­kir­che und ist Bachs erstes Werk in die­sem Gen­re. Auch wenn die Johan­nes­pas­si­on auf­grund der Wie­der­ent­deckung und Auf­füh­rung der Mat­thä­us­pas­si­on durch Men­dels­sohn-Bar­thol­dy 1829 immer etwas im Schat­ten des monu­men­ta­le­ren Stückes stand, ist sie doch dra­ma­ti­scher und als ver­ton­ter Bericht vom Lei­den und Ster­ben Jesu emo­tio­nal unmit­tel­bar berührend.

Neben der Bericht des Pas­si­ons­ge­sche­hens ent­hält die ora­to­ri­sche Pas­si­on zu Bachs Zeit die Ele­men­te des Gemein­de­be­kennt­nis­ses in Gestalt der Cho­rä­le und der Aus­le­gung des Bibel­tex­tes in frei­er Dich­tung. Für Bachs Johan­nes-Pas­si­on dient als bibli­sche Text­grund­la­ge der Pas­si­ons­be­richt des Johan­nes, der durch zwei Text­stel­len aus dem Mat­thä­us­evan­ge­li­um ergänzt wird, näm­lich die Reue des Petrus und die dra­ma­ti­schen Vor­gän­ge unmit­tel­bar nach Jesu Tod.

Die freie Dich­tung in den Ari­en, die Bach über­wie­gend einem zeit­ge­nös­si­schen Pas­si­ons­or­a­to­ri­um ent­nahm sowie die Kir­chen­lied­stro­phen zei­gen die zwei zen­tra­len Grund­sät­ze in der Pas­si­ons­auf­fas­sung des Johan­nes­evan­ge­li­ums: die Ein­heit des Got­tes­soh­nes mit dem Vater von jeher und die Dar­stel­lung der Hoheit Chri­sti, der auch im Lei­den nicht als der Schmer­zens­mann, son­dern als Voll­strecker des väter­li­chen Wil­lens beschrie­ben ist.

Der macht­vol­le Ein­gang­s­chor, der die Anre­de an Jesus und nicht an die gläu­bi­ge Gemein­de rich­tet, was in Bachs Zeit außer­ge­wöhn­lich ist, prä­sen­tiert das Grund­the­ma der Johan­nes-Pas­si­on: „Herr, unser Herr­scher, des­sen Ruhm in allen Lan­den herr­lich ist! Zeig uns durch dei­ne Pas­si­on, dass du, der wah­re Got­tes­sohn, zu aller Zeit, auch in der größ­ten Nied­rig­keit, ver­herr­licht wor­den bist!“

Den Bibel­text kom­po­nier­te Bach in nur vom Con­ti­nuo beglei­te­ten Rezi­ta­ti­ven für den Evan­ge­li­sten und die Ein­zel­per­so­nen Jesus, Petrus und Pila­tus. Durch unge­wöhn­li­che, küh­ne Har­mo­nik, wei­te Inter­val­le und kon­trast­rei­che Noten­wer­te ver­lieh er ihnen gleich­wohl höch­ste dra­ma­ti­sche Inten­si­tät. Ihnen gegen­über ste­hen die Tur­ba­chö­re, die Reden des Volks, der Prie­ster und der Sol­da­ten. Zwölf die­ser vier­zehn Chö­re sind durch musi­ka­li­sche Kor­re­spon­den­zen mit­ein­an­der ver­knüpft: den kur­zen Chö­ren „Jesum von Naza­reth“, „Nicht die­sen, son­dern Bar­rabam“ und „Wir haben kei­nen König, denn den Kai­ser“ liegt ein stets bei­be­hal­te­nes vier­tak­ti­ges Instru­men­tal­mo­dell zugrun­de. Dar­über hin­aus kom­po­nier­te Bach im Mit­tel­teil drei Chor­satz­paa­re auf­grund text­li­cher Über­ein­stim­mun­gen: „Sei gegrü­ßet, lie­ber Juden­kö­nig“ und „Schrei­be nicht, der Juden König“; die bei­den „Kreuzige“-Chöre sowie „Wir haben ein Gesetz“ und „Läs­sest du die­sen los“, die die glei­che Syn­tax auf­wei­sen. Zwei wei­te­re Chor­sät­ze glie­der­te Bach nicht in die­ses musi­ka­li­sche Ver­knüp­fungs­netz ein; er gestal­tet sie ton­ma­le­risch: Wäh­rend in „Bist du nicht sei­ner Jün­ger einer“ der dich­te Stim­men­ein­satz den Ein­druck bedrän­gen­den Befra­gens erweckt, sind in „Las­set uns den nicht zer­tei­len“ sowohl das Schüt­teln der Wür­fel als auch das Zer­tei­len des Gewan­des und die Ent­schei­dung pla­stisch vertont.

Die Aus­le­gung des Pas­si­ons­be­rich­tes geschieht in den Cho­rä­len in erster Linie durch Har­mo­nik und Gestal­tung der Gegen­stim­men, in den Ari­en und im Schluss­chor dazu noch mit­tels musi­ka­lisch-rhe­to­ri­scher Figu­ren. Dies sind zum Bei­spiel die fugier­ten Läu­fe in den Ari­en „Ich fol­ge dir gleich­falls“ und „Eilt, ihr ange­focht­nen See­len“. Zudem wird durch die Struk­tur der Ari­en, ihre Moti­vik und die Instru­men­ta­ti­on die Aus­sa­ge der Tex­te pla­stisch hör­bar. Nach dem aus­la­den­den Schluss­chor „Ruht wohl, ihr hei­li­gen Gebei­ne“ beschließt Bach das Werk mit der Cho­ral­stro­phe „Ach Herr, lass dein lieb‘ Enge­lein“, die durch die Anru­fung Got­tes und den hym­ni­schen Schluss „Ich will dich prei­sen ewig­lich“ an das Grund­the­ma der Ver­herr­li­chung aus dem Ein­gang­s­chor anknüpft.

Aus­füh­ren­de sind die Kan­to­rei St. Bar­tho­lo­mä­us und der Chor der Pfarr­kir­che St. Johan­nes der Täu­fer, Schlüs­sel­feld beglei­tet von der Neu­en Nürn­ber­ger Rats­mu­sik auf histo­ri­schen Instru­men­ten sowie Manue­la Falk, Sopran; Bar­ba­ra Buffy, Alt; Ste­fan Schnei­der, Tenor; Tobi­as Freund, Bass (Jesus-Wor­te) und Mar­tin Popp, Bass. Die Gesamt­lei­tung hat Jörg Fuhr.

Ein­tritts­kar­ten zu die­sem Kon­zert sind im Schreib­wa­ren­ge­schäft Wöckel-Löhr, Tele­fon 09241–5571 und an der Kon­zert­kas­se in der Kir­che am Sonn­tag ab 16.15 Uhr erhältlich.