Lei­te­rin des Zen­trums Welt­erbe Bam­berg: „Wir wol­len wie­der Men­schen sehen!“

Patricia Alberth © Sonja Seufferth/Stadtarchiv Bamberg
Patricia Alberth © Sonja Seufferth/Stadtarchiv Bamberg

Inter­view mit Patri­cia Alberth

Patri­cia Alberth lei­tet seit fast zehn Jah­ren das Zen­trum Welt­erbe Bam­berg. In die­ser Zeit wur­de ein Manage­ment­plan für das Welt­erbe ent­wickelt und das neue Besuchs­zen­trum auf den Unte­ren Müh­len eröff­net. Außer­dem hat ganz Bam­berg ein beson­de­res Jubi­lä­um gefei­ert: 25 Welt­erbe. Dann kam Corona.

Lie­be Frau Alberth, wie hat sich Ihre Arbeit seit dem Aus­bruch der Pan­de­mie verändert?

Die Mei­len­stei­ne der letz­ten Jah­re haben wir durch digi­ta­le Akti­vi­tä­ten ergänzt, und wir haben unse­re Welt­erbe-Ver­mitt­lungs­an­ge­bo­te ausgebaut.

Vie­le Fach­ver­an­stal­tun­gen fin­den aktu­ell online statt. Dadurch konn­ten wir an mehr natio­na­len und inter­na­tio­na­len Kon­fe­ren­zen teil­neh­men als in den Vor­jah­ren. U.a. durf­te ich auf einer Begleit­ver­an­stal­tung des Cli­ma­te Heri­ta­ge Net­work zur UN Kli­ma­kon­fe­renz im Novem­ber spre­chen. Den­noch fehlt der per­sön­li­che Kon­takt, der meist in den Pau­sen zustan­de kommt und aus dem nicht sel­ten neue Koope­ra­tio­nen entstehen.

Es gibt also wei­ter­hin Arbeit bei Ihnen im Haus?

Ja, natür­lich – zumal wir mit dem Betrieb der Aus­stel­lung eine zusätz­li­che Auf­ga­be haben. Trotz meh­re­rer Lock­downs konn­ten wir seit Eröff­nung vor rund drei Jah­ren bereits über 60.000 Gäste begrü­ßen. Wie ande­re Ein­rich­tun­gen mit Publi­kums­ver­kehr müs­sen auch wir uns an die sich stän­dig ändern­den Coro­na-Regeln anpassen.

Mit dem anhal­ten­den Bau­boom schrei­ben wir vie­le Stel­lung­nah­men. Beim Bahn­aus­bau durch Bam­berg sit­zen wir mit am Tisch, auch wenn die­ser außer­halb des Welt­erbes und sei­ner Puf­fer­zo­ne ver­or­tet ist. Als Welt­erbe­stadt unter­lie­gen wir bei grö­ße­ren Bau­vor­ha­ben einer Berichts­pflicht an die UNESCO. Wir über­set­zen also sei­ten­wei­se „Bahn-Deutsch“ in Welt­erbe-Fach­eng­lisch. Kei­ne beson­ders dank­ba­re Auf­ga­be – muss aber auch erle­digt werden.

Seit über zwei Jah­ren sind wir zudem im Netz­werk „Kul­tur & Genuss in Fran­ken“ aktiv, unter des­sen Dach Muse­en und Aus­stel­lungs­häu­ser zusam­men­ar­bei­ten, die durch die The­men Kuli­na­rik, Hand­werk und Anbau­kul­tur ver­bun­den sind.

Bam­berg zählt seit rund 29 Jah­ren zum Welt­erbe der UNESCO. Wie haben sich die Anfor­de­run­gen an das Welt­erbe-Manage­ment seit­dem verändert?

Die Kla­via­tur, die das Welt­erbe-Manage­ment laut der Richt­li­ni­en zur Umset­zung der UNESCO-Welt­erbe­kon­ven­ti­on zu bespie­len hat, hat sich über die Jahr­zehn­te erheb­lich ver­brei­tert. Welt­erbe ist ein Quer­schnitts­the­ma, das viel­fäl­ti­ge Berei­che des städ­ti­schen Lebens und Han­delns betrifft. The­men wie Nach­hal­tig­keit, Kli­ma­schutz und Bür­ger­be­tei­li­gung wer­den immer wich­ti­ger. Die­se Kom­ple­xi­tät spie­gelt sich in unse­rem zen­tra­len Pla­nungs­in­stru­ment, dem Welt­erbe-Manage­ment­plan wieder.

Sie sind sehr gut ver­netzt. Wie pro­fi­tiert Bam­berg davon?

Das Zen­trum Welt­erbe Bam­berg ist in zahl­rei­che natio­na­le und inter­na­tio­na­le Netz­wer­ke wie den deut­schen Welt­erbe­stät­ten­ver­ein und das UNESCO World Heri­ta­ge City Lab ein­ge­bun­den. Oft beschäf­ti­gen uns ähn­li­che Fra­ge­stel­lun­gen: Wie kön­nen wir mehr Grün in histo­ri­sche Alt­städ­te brin­gen? Wie gehen wir mit Anträ­gen auf Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen im Welt­erbe um? Wie begei­stern wir jun­ge Men­schen für ihr kul­tu­rel­les Erbe? Hier kön­nen wir von­ein­an­der ler­nen. Auch Bam­bergs Sicht­bar­keit als Stadt, die ihr kul­tu­rel­les Erbe als Motor für eine zukunfts­fä­hi­ge Ent­wick­lung nutzt, gewinnt dadurch.

Und wann müss­ten wir uns in Bam­ber­ger Sor­gen um unse­ren Welt­erbe­sta­tus machen?

Bam­bergs Erhal­tungs­zu­stand stand noch nie auf der Tages­ord­nung des Welt­erbe­ko­mi­tees. Unser Welt­erbe­sta­tus war also noch nie ernst­haft gefähr­det, auch wenn es beim Quar­tier an den Stadt­mau­ern jah­re­lang einen Brief­wech­sel mit der UNESCO zur Aus­ge­stal­tung und Dimen­sio­nie­rung des Quar­tiers gab. Eini­ge der UNESCO-Brie­fe an Bam­berg habe ich, als ich noch in Paris tätig war, sogar selbst auf­ge­setzt. Bei grö­ße­ren Bau­vor­ha­ben stellt sich grund­sätz­lich die Fra­ge, ob sie sich im Welt­erbe befin­den oder histo­risch gewach­se­ne Sicht­be­zie­hun­gen stö­ren. Dann ist aus Welt­erbe­sicht Vor­sicht geboten.

Was ist das Beson­de­re am Welt­erbe „Alt­stadt von Bamberg“?

Das Bam­ber­ger Welt­erbe ist mit den drei histo­ri­schen Stadt­tei­len Berg‑, Insel- und Gärt­ner­stadt über­aus facet­ten­reich und wird von einem brei­ten gesell­schaft­li­chen Enga­ge­ment getra­gen. Mit dem Erwerbs­gar­ten­bau und der Bau­hüt­ten­tra­di­ti­on haben wir in Bam­berg zudem eine star­ke Ver­knüp­fung zwi­schen Welt­erbe und imma­te­ri­el­lem Kulturerbe.

Wor­an arbei­ten Sie aktu­ell? Wor­auf dür­fen sich die Bam­ber­ge­rin­nen und Bam­berg die­ses Jahr freuen?

Wir wol­len wie­der Men­schen sehen! Live und in Far­be. Des­halb wer­den wir als Erstes die Öff­nungs­zei­ten unser Aus­stel­lung wie­der aus­wei­ten und haben zahl­rei­che Ver­an­stal­tun­gen wie den UNESCO-Welt­erbe­tag geplant. Dar­über hin­aus sind wir in das inter­na­tio­na­le For­schungs­pro­jekt der RWTH Aachen zum The­ma „Urban Agri­cul­tu­ral Heri­ta­ge“ invol­viert, des­sen Auf­takt­ver­an­stal­tung bei uns statt­fin­den wird.

Und mit Blick auf Smart City Bam­berg soll es für den Bereich der Karo­li­nen­stra­ße bis zum Herbst einen digi­ta­len Zwil­ling geben, der die unter­schied­li­chen Funk­tio­nen des Pro­jekts ver­an­schau­licht. Ich den­ke da zum Bei­spiel an die Ein­bet­tung von Zeit­zeu­gen­in­ter­views und 3D-Visua­li­sie­run­gen von histo­ri­schen Innenräumen.

Da dür­fen wir uns auf ein span­nen­des Welt­erbe-Jahr freu­en! Vie­len Dank für Ihre Zeit, Frau Alberth, und wei­ter­hin viel Erfolg.

Das Inter­view führ­te Anna Lienhardt.

Die­se Ver­an­stal­tun­gen sind geplant:

  • 24. April 2022 „Tag der offe­nen Gärtnereien“
  • 20. Mai 2022 Kin­der­le­sung „Aben­teu­er Welterbe“
  • 3. Juni 2022 Fach­ge­spräch mit Bot­schaf­ter a.D. Micha­el Worbs
  • 4. Juni 2022 UNESCO-Welterbetag