Sonn­tags­ge­dan­ken: Die Anderen

Symbolbild Religion

Lie­be Freunde,

Rein­hard Mey sang ein­mal in einem sei­ner Lie­der: „Selig die Abge­bro­che­nen, die Ver­wirr­ten, die in sich Ver­kro­che­nen, die Aus­ge­grenz­ten, die Gebück­ten, die an die Wand Gedrück­ten, selig sind die Verrückten.“

In die­sem Lied nimmt Mey end­lich ein­mal die in den Blick, die anders sind, die abge­schrie­ben sind, die gemie­den wer­den und ver­ges­sen sind. Da ist end­lich mal einer, der sie wie­der ins Bewusst­sein ruft, die „Ver­ges­se­nen“.

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfar­rer Klaus Weig­and (rechts) mit Urmel …

Vor über zwei­tau­send Jah­ren da hat auch jemand die in den Blick genom­men, die vie­le abge­schrie­ben hat­ten, die ver­ges­sen waren, die anders waren, denn er sag­te: „Selig, die arm sind, die hung­rig sind und trau­rig, selig, die kei­ne Gewalt anwen­den und die barm­her­zig sind.“

Ja, da ist end­lich mal jemand, der sagt: „Selig, die arm sind und hun­gern“ und nicht: „Selig die, die sich alles lei­sten können“.

Da ist end­lich mal einer, der sagt: „Selig, die Frie­den stif­ten“ und nicht: „Selig die, sich immer durch­set­zen, die mit den Ellen­bo­gen durch die Welt gehen und sich auf Kosten ande­rer bereichern“.

End­lich sagt ein­mal einer: „Selig, die Frie­den stif­ten“ und nicht: „Selig die, die ein­fach nur ihren Wil­len durch­set­zen, koste es, was es wolle“.

Ist es nicht gut, dass Er gera­de die selig preist, die ver­ges­sen sind, die anders sind und sich anders ver­hal­ten, die im Gegen­satz zur übri­gen Gesell­schaft „ver – rückt“, also anders sind? Dadurch sagt er doch, wor­auf es wirk­lich ankommt:

Es kommt doch nicht auf mei­nen Besitz an, nicht nur auf Lei­stung und Aner­ken­nung und schon gar nicht auf Titel.

Es kommt nur auf eines an: auf die Liebe.

Das kann uns allen doch Mut machen: Nicht auf das Äußer­li­che kommt es an, son­dern auf die inne­ren Werte.

Wäre es nicht an der Zeit, sel­ber ein wenig „ver – rückt“ zu sein und anfan­gen die in den Blick zu neh­men, die anders sind: die „Ver – rück­ten“? Wäre es nicht an der Zeit, sel­ber ein wenig „ver – rückt“ zu sein und den Men­schen als sol­ches in den Blick zu neh­men und nicht nur auf das, was er lei­stet und besitzt?

Wäre es nicht an der Zeit, den Men­schen als Men­schen zu sehen und zu wür­di­gen und ihn nicht danach zu beur­tei­len, ob er homo­se­xu­ell ist oder les­bisch oder sonst etwas?

Ist es nicht an der Zeit, sich auch der Opfer der Miss­brauchs­fäl­le anzu­neh­men, ihnen wie­der auf­zu­hel­fen, ihnen zu glau­ben und sich bewusst auf ihre Sei­te zu stellen.

Dar­auf kommt es an: auf die Lie­be, auf den Men­schen, der vor mir steht. Und gera­de wir als Chri­sten müs­sen den Anfang machen. Da müs­sen wir auch als Kir­che uns an die eige­ne Nase fas­sen. Wir soll­ten kei­nen ein­zi­gen Men­schen abschrei­ben oder ver­ur­tei­len. Des­we­gen fin­de ich es so mutig von den­je­ni­gen, die sich inner­halb der Kir­che geoutet haben. Was ist denn dabei?

Mit wel­chem Recht ver­ur­tei­len wir sie, wenn es Chri­stus auch nicht getan hat? Chri­stus hat sie alle selig­ge­prie­sen. Und das alles fängt bei mir an, Ich bin auf­ge­for­dert, es auch zu tun. Aber dazu muss ich sel­ber ein wenig „ver­rückt“ sein, denn bei vie­len zäh­len eben nur das was ich machen und begrei­fen kann und nicht Lie­be, Ver­trau­en und Menschlichkeit.

Ich wün­sche Ihnen, dass Sie immer als das gese­hen wer­den, was Sie sind: ein genia­ler Gedan­ke Got­tes, ein­ma­lig und wert­voll und dass Sie nie an Äußer­lich­kei­ten fest­ge­macht werden.

Und bit­te, sei­en sie ruhig auch ein wenig „ver – rückt“ denn es kommt ein­zig und allein auf das eine an: auf die Lie­be, die wir ein­an­der schenken.

Klaus Weig­and


Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Infos zu Pfar­rer Klaus Weigand

  • Gebo­ren 1966 in Erlen­bach am Main (Unter­fran­ken)
  • Abitur am The­re­sia­num in Bam­berg 1989
  • Stu­di­um der Kath. Theo­lo­gie in Bam­berg und Wien
  • Prie­ster­wei­he 1998
  • Tätig­kei­ten:
  • Fürth, Christ­kö­nig von 1997 – 2010
  • Bucken­ho­fen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor 2010 – 2015
  • seit 2015 in Herolds­bach und Hausen