Sonn­tags­ge­dan­ken

Symbolbild Religion

Sie trie­ben ihn an den Abhang des Ber­ges, auf dem ihre Stadt gebaut war und woll­ten ihn hin­ab­stür­zen. Er aber schritt mit­ten durch die Men­ge und ging weg.

Umbrin­gen woll­ten sie ihn, aber kurz vor­her waren sie noch begei­stert. Doch sei­ne Wor­te tra­fen sie, die Obe­ren, die das Sagen hat­ten, sein Wor­te, die ihnen sag­ten: „Gott will das Heil für alle, nicht nur für Israel.“

Das konn­te nicht sein, das ging doch nicht. Er wur­de ver­ur­teilt, weil er der Unter­drückung ein Ende machen wollte.

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfar­rer Klaus Weig­and (rechts) mit Urmel …

Auch heu­te ver­ur­teilt unse­re Kir­che, und im Moment schä­me ich mich für sie, weil sie ver­ur­teilt, weil sie mit dem Fin­ger auf ande­re zeigt, weil sie nicht ver­gibt und nicht um Ver­zei­hung bit­tet. Ich schä­me mich, weil mei­ne Kir­che, die mir so lieb und teu­er ist, die Wür­de von Got­tes Eben­bil­dern mit den Füssen tritt und miss­ach­tet und das Gan­ze ver­tuscht oder abtut; mit Beten für die Opfer. Damit wird aber mit kei­nem Wort Reue gezeigt.

Den­noch ist mir Kir­che sehr wich­tig! Ich mag mei­ne Kirche!

Des­we­gen habe ich noch Hoff­nung und träume

  • von einer Kir­che, in der wirk­lich die Star­ken die Schwa­chen beschüt­zen und nicht missbrauchen.
  • von einer Kir­che, in der jeder Mensch geach­tet wird und die Wür­de jedes ein­zel­nen nicht mit Füßen getre­ten wird.
  • von einer Kir­che, in der trau­ma­ti­sier­te Men­schen ernst genom­men wer­den, in der ihnen Glau­be geschenkt wird und die sich ganz bewusst auf deren Sei­te stellt.
  • von einer Kir­che, in der auf­ein­an­der geach­tet wird und Men­schen Unter­stüt­zung erfah­ren, die sich gegen Unrecht auf­leh­nen und so den vie­len, die schwei­gen oder schwei­gen müs­sen, wie­der eine Stim­me geben.
  • Ich träu­me von einer Kir­che, in der gera­de die, die ein Amt aus­üben und Feh­ler gemacht haben, zu Ihren Feh­lern ste­hen und sich ent­schul­di­gen und nicht mit dem Fin­ger auf ande­re zei­gen und immer wie­der ande­ren die Schuld zuweisen.
  • von einer Kir­che, der die Wahr­heit immer wich­tig ist und nicht das Ver­tu­schen von Wahr­hei­ten, und in der die Schul­di­gen auch die Kon­se­quen­zen ihres Han­delns tragen.
  • von einer Kir­che, in der die unter­schied­li­chen Men­schen ihren Platz haben und will­kom­men sind, in der die­se Men­schen nicht aus­ge­schlos­sen, son­dern auf­ge­nom­men wer­den, ganz gleich wer oder wie sie auch immer sind.
  • von einer Kir­che, in der ande­re Mei­nun­gen akzep­tiert wer­den und sich kei­ner mehr ver­bie­gen und Angst haben muss.
  • von einer Kir­che, in der Macht und Arro­ganz kei­nen Platz haben, son­dern Men­schen sich gegen­sei­tig anneh­men, hel­fen und unter­stüt­zen: in der alle gleich sind.
  • von einer Kir­che, die eine „Kir­che vor Ort“ ist, in der Men­schen mit ihren unter­schied­li­chen Fähig­kei­ten alle mit­ein­an­der Kir­che sind, so wie es in den Urge­mein­den noch gewe­sen ist.

Ich träu­me, ja, ich bin ein Träu­mer, aber ohne die­sen Traum stirbt mei­ne Hoff­nung, dass er sich erfül­len wird.

Lei­der ist es nur ein Traum, aber ich will ihn träu­men und die Hoff­nung nicht auf­ge­ben. Denn ich weiß: Wenn einer allei­ne träumt, ist es nur ein Traum, aber wenn vie­le gemein­sam träu­men, dann ist das der Beginn einer neu­en Wirk­lich­keit: einer neu­en Kirche.

„Herr, gib mir den Mut, immer in dei­nen Spu­ren zu gehen, dei­ne Bot­schaft mutig den Men­schen zu ver­kün­den, selbst wenn sich Wider­stän­de auf­tun: Dann, Herr, steh mir bei und gib mir Kraft.

Herr, gib mir den Mut, mei­ne Stim­me zu erhe­ben, gegen Unrecht und Unge­rech­tig­keit, selbst dann, wenn ich der ein­zi­ge bin, weil du es auch getan hast.

Herr, gib mir den Mut immer wie­der neu zu ver­su­chen, eine Kir­che zu ver­kün­den und zu leben, die in dei­nem Sin­ne ist, selbst dann, wenn kei­ner mit­ma­chen will, weil ich dei­ne Kir­che schät­ze und liebe.

Und Herr, bit­te gib auch ande­ren Mut, denn nur wenn vie­le gemein­sam träu­men und han­deln, wird dei­ne Kir­che wie­der neu.“

Klaus Weig­and


Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Infos zu Pfar­rer Klaus Weigand

  • Gebo­ren 1966 in Erlen­bach am Main (Unter­fran­ken)
  • Abitur am The­re­sia­num in Bam­berg 1989
  • Stu­di­um der Kath. Theo­lo­gie in Bam­berg und Wien
  • Prie­ster­wei­he 1998
  • Tätig­kei­ten:
  • Fürth, Christ­kö­nig von 1997 – 2010
  • Bucken­ho­fen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor 2010 – 2015
  • seit 2015 in Herolds­bach und Hausen

1 Antwort

  1. Ferenc sagt:

    Lie­ber Herr Pfar­rer Weigand!

    Es gibt sie, die Kir­che, von der Sie träu­men. Denn Kir­che ist nicht nur die Insti­tu­ti­on, die durch (zu vie­le) „amt­li­che“ Reprä­sen­tan­ten in Ver­ruf gera­ten ist. Kir­che sind wir alle, die wir unter dem Dach die­ser Insti­tu­ti­on ver­su­chen, unse­ren Glau­ben wahr­haft zu leben. Und ich bin geneigt, auch die zur Kir­che zu zäh­len, die der Insti­tu­ti­on aus Ent­täu­schung über unglaub­li­ches Fehl­ver­hal­ten, die Ver­su­che der Ver­tu­schung, aber auch die Bei­spie­le offi­zi­ell gezeig­ter Into­le­ranz, Kalt­her­zig­keit und Aus­gren­zung den Rücken gekehrt, ihren Glau­ben selbst aber nicht ver­lo­ren haben.

    Es gibt die Kir­che als Gemein­schaft der gläu­bi­gen Chri­sten, die im Rah­men ihrer Fähig­kei­ten und Mög­lich­kei­ten die Näch­sten­lie­be, eines der bei­den laut Jesus höch­sten Gebo­te, in all ihren Aus­prä­gun­gen leben.

    Las­sen Sie uns also gemein­sam dafür beten und arbei­ten, daß die­se Kir­che künf­tig das Bild des Chri­sten­tums prägt – nicht durch Unter-den Tep­pich-Keh­ren der Miß­stän­de, son­dern unter auf­rich­ti­ger Offen­le­gung, Auf­ar­bei­tung und Umkehr!