Uni­ver­si­tät Bay­reuth: Ultra­schnel­le Video­ka­me­ra für elek­tri­sche Felder

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Von Hein­rich Hertz zu Terahertz

High-Tech-Anwen­dun­gen in der Opto­elek­tro­nik arbei­ten heu­te mit ultra­schnel­len elek­tri­schen Schwin­gun­gen und errei­chen teil­wei­se Fre­quen­zen bis in den Tera­hertz-Bereich. Einem Team der Uni­ver­si­tä­ten Bay­reuth und Mel­bourne ist jetzt die Ent­wick­lung eines Mikro­skops gelun­gen, das Vide­os die­ser Schwin­gun­gen auf­zeich­net. Das Leuch­ten von Halb­lei­ter-Nano­kri­stal­len macht die bis­her ver­bor­ge­nen elek­tri­schen Fel­der sicht­bar, die ultra­schnel­le elek­tri­sche Bau­tei­le antrei­ben. In der Zeit­schrift „Light: Sci­ence & Appli­ca­ti­ons“ stel­len die Forscher*innen ihre Ent­deckung vor. Das Mikro­skop könn­te dafür ein­ge­setzt wer­den, die trei­ben­den Fel­der in Nano-Schalt­krei­sen im lau­fen­den Betrieb zu beobachten.

Prof. Dr. Georg Herink, Letztautor der neuen Studie (li.), und Erstautor Moritz Heindl M.Sc. (re.) am Mikroskopie-Aufbau im Labor für ultraschnelle Dynamik an der Universität Bayreuth. Bild: AG Herink. © UBT

Prof. Dr. Georg Her­ink, Letz­t­au­tor der neu­en Stu­die (li.), und Erst­au­tor Moritz Heindl M.Sc. (re.) am Mikro­sko­pie-Auf­bau im Labor für ultra­schnel­le Dyna­mik an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Bild: AG Her­ink. © UBT

Das mensch­li­che Auge erfasst die Inten­si­tät von Licht, regi­striert aller­dings nicht die zugrun­de­lie­gen­den elek­tri­schen Fel­der. Erst 1886 konn­te Hein­rich Hertz deren Exi­stenz bewei­sen, indem er Ato­me durch elek­tro­ma­gne­ti­sche Wel­len zum Leuch­ten brach­te. Aller­dings blieb der zeit­li­che Ver­lauf der Wel­len, die heu­te viel­fach in schnel­len elek­tri­schen Schalt­krei­sen genutzt wer­den, dem Auge auch wei­ter­hin ver­bor­gen. Wissenschaftler*innen der Uni­ver­si­tä­ten Bay­reuth und Mel­bourne machen sie jetzt erst­mals in einem Mikro­skop sicht­bar. Hier­für nut­zen sie Halb­lei­ter-Nano­kri­stal­le aus ein- bis zehn­tau­send Ato­men, die in der For­schung als Quan­ten­punk­te bezeich­net wer­den. Ent­schei­dend ist dabei die Fluo­res­zenz der Quan­ten­punk­te: Sie wer­den auf eine im Mikro­me­ter­be­reich struk­tu­rier­te Ober­flä­che auf­ge­bracht und bil­den eine Beschich­tung, die auf elek­tri­sche Fel­der emp­find­lich reagiert – und zwar in der Wei­se, dass sich die Fluo­res­zenz­si­gna­le der Quan­ten­punk­te ändern. Im Mikro­skop wer­den nun Pro­ben der beschich­te­ten Ober­flä­che durch elek­tri­sche Tera­hertz-Fel­der ange­regt und in kür­ze­ster Zeit danach mit Fem­to­se­kun­den-Laser­blit­zen abge­ta­stet. Die Auf­lö­sung ist extrem hoch: Eine ein­zel­ne Schwin­gung des elek­tri­schen Felds mit einer Fre­quenz von einer Bil­li­on Hertz kann auf die­se Wei­se regi­striert und in ein opti­sches Signal umge­wan­delt wer­den. Eine Bil­li­on Hertz ent­spricht einem Tera­hertz (1 THz).

Momentaufnahmen aus einem Mikroskopie-Video lösen eine einzelne Schwingung des elektrischen Feldes in einer Mikrostruktur auf. Bild: Moritz Heindl

Moment­auf­nah­men aus einem Mikro­sko­pie-Video lösen eine ein­zel­ne Schwin­gung des elek­tri­schen Fel­des in einer Mikro­struk­tur auf. Bild: Moritz Heindl

Mit dem neu­en Mikro­skop ist es dem Team in Bay­reuth und Mel­bourne gelun­gen, ein Video der elek­tri­schen Fel­der im Inne­ren einer Tera­hertz-Anten­ne – eines soge­nann­ten Bow­tie-Reso­na­tors – auf­zu­zeich­nen. Die­se Anten­nen bil­den das Herz­stück von THz-Funk­ver­bin­dun­gen und ermög­li­chen die breit­ban­di­ge Ver­stär­kung ultra­schnel­ler Signa­le. An der Uni­ver­si­tät Bay­reuth wer­den sie in Zusam­men­ar­beit mit der Arbeits­grup­pe von Prof Dr. Mar­kus Retsch (Phy­si­ka­li­sche Che­mie) wei­ter­ent­wickelt. „Wir mikro­sko­pie­ren die Feld­ver­tei­lun­gen in die­ser Tera­hertz-Anten­ne weit unter­halb der Beu­gungs­gren­ze, näm­lich mit der Auf­lö­sung eines Hun­dert­stels der THz Wel­len­län­ge. Grund­sätz­lich ermög­licht unse­re Metho­de noch eine weit höhe­re Auf­lö­sung. Sie kann durch höchst­auf­lö­sen­de Fluo­res­zenz­mi­kro­sko­pie deut­lich ver­fei­nert wer­den. Mit die­sem Ziel wer­den wir auch in Zukunft eng mit der austra­li­schen Arbeits­grup­pe um Prof. Dr. Paul Mul­va­ney zusam­men­ar­bei­ten“, sagt der Bay­reu­ther Dok­to­rand und Erst­au­tor der Stu­die, Moritz Heindl M.Sc.

Ultraschnelle Terahertz-Mikroskopie nutzt leuchtende Nanokristalle, um elektrische Nahfelder sichtbar zu machen. Bild: Moritz Heindl

Ultra­schnel­le Tera­hertz-Mikro­sko­pie nutzt leuch­ten­de Nano­kri­stal­le, um elek­tri­sche Nah­fel­der sicht­bar zu machen. Bild: Moritz Heindl

Im Hin­blick auf künf­ti­ge tech­no­lo­gi­sche Anwen­dun­gen ist das neue „Feld-Mikro­skop“ ins­be­son­de­re des­halb inter­es­sant, weil es jetzt mög­lich ist, die Anre­gung und Aus­brei­tung von stark loka­li­sier­ten THz-Wel­len­pa­ke­ten auf kom­ple­xen Ober­flä­chen­struk­tu­ren zu ver­fol­gen. „Dar­aus erge­ben sich neue Mög­lich­kei­ten zur Beschleu­ni­gung zukünf­ti­ger Mikro­elek­tro­nik. Linea­re und nicht­li­nea­re Effek­te in maß­ge­schnei­der­ten Halb­lei­ter-Mate­ri­al­sy­ste­men kön­nen genutzt wer­den, um mikro­sko­pi­sche Fel­der gezielt zu for­men und Signa­le ultra­schnell zu ver­ar­bei­ten“, sagt der Lei­ter der Stu­die, Prof. Dr. Georg Her­ink, Juni­or­pro­fes­sor für Ultra­schnel­le Dyna­mik an der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

For­schungs­för­de­rung:

Die Arbeit wur­de von der Deut­sche For­schungs­ge­mein­schaft (DFG), dem Euro­päi­schen For­schungs­rat (ERC) und dem Austra­li­an Rese­arch Coun­cil (ARC) gefördert.

Ver­öf­fent­li­chung:

Moritz B. Heindl, et al.: Ultra­fast ima­ging of tera­hertz elec­tric wave­forms using quan­tum dots, Light: Sci­ence & Appli­ca­ti­ons (2022), https://doi.org/10.1038/s41377-021–00693‑5