Kulm­ba­cher Glocken­klang für Frie­den und Geld für einen alten Feind

Kir­chen und Freun­de der Plas­sen­burg erin­ner­ten an die Toten von 1553 und der Coro­na-Pan­de­mie – Spen­den­auf­ruf für Nürn­ber­ger Stadtmauer

Markgraf Albrecht Alcibiades

Mark­graf Albrecht Alcibiades

Vor 468 Jah­ren wur­de Kulm­bach wäh­rend des Zwei­ten Mark­gra­fen­kriegs (1552 bis 1554) von Trup­pen aus Sach­sen, Braun­schweig, Bam­berg, Nürn­berg, Mainz, Böh­men und ande­ren Reichs­stän­den gestürmt und erobert. Es war für die Stadt unter der Plas­sen­burg die wohl schwär­ze­ste Stun­de ihrer Geschich­te. In die­sem Krieg kämpf­te Mark­graf Albrecht Alci­bia­des von Bran­den­burg-Kulm­bach gegen eine Viel­zahl von deut­schen Für­sten, Bischö­fen und Städ­ten um Land und Geld. Er ver­such­te auf Kosten von Nürn­berg und den Bis­tü­mern Bam­berg und Würz­burg zu ein Her­zog­tum Fran­ken zu schaf­fen. Nach anfäng­li­chen Erfol­gen ver­lor er ent­schei­den­de Feld­schlach­ten und muss­te zuse­hen, wie sei­ne Resi­denz­stadt Kulm­bach 1553 in Flam­men auf­ging und sich die Festung Plas­sen­burg im dar­auf fol­gen­den Jahr ergab.

Peter Weith

Peter Weith

„Schon zum zwei­ten Mal muss in die­sem Jahr Coro­na bedingt das seit 1928 statt­fin­den­de Geden­ken der Freun­de der Plas­sen­burg an die blu­ti­ge Nacht des 26. Novem­ber 1553 ent­fal­len“, bedau­ert der Vor­sit­zen­de des Ver­eins, Peter Weith. „Der Tag des Hei­li­gen Kon­rad, der 26. Novem­ber, mar­kiert eine Zäsur in der Geschich­te der Bier­stadt. Tau­sen­de von Sol­da­ten zogen plün­dernd und mor­dend durch die Stra­ßen. Wer nicht erschla­gen wur­de, ver­hun­ger­te, als die Fein­de alle Nah­rungs­mit­tel raub­ten.“ Seit vie­len Jah­ren wer­de das Geden­ken öffent­lich bei abend­li­chen Stadt- und Muse­ums­füh­run­gen, Vor­trä­gen sowie einem gemein­sa­men Gebet und anschlie­ßen­dem Genuss hei­ßer Geträn­ke und Gebäck in der Alt­stadt fei­er­lich began­gen. In die­sem Jahr wäre ein Rund­gang um die damals hef­tig beschos­se­ne Stadt­mau­er Kulm­bachs geplant gewe­sen, bei dem Brenn­punk­te des Gesche­hens vom Kon­ra­di­tag 1553 auf­ge­sucht wer­den soll­ten, wie etwa der Ort, an dem die Fein­de durch eine Bre­sche eindrangen.

Hans Glaser "Konraditag"

Hans Gla­ser „Kon­ra­di­tag“

Der Ver­ein hat­te sich nun etwas ande­res ein­fal­len las­sen. Weith erklärt den ersten Teil der dies­jäh­ri­gen Gedenk­ak­ti­on: „Alle Kulm­ba­cher sol­len vom Geläut der Glocken an die­se Kata­stro­phe von 1553 und an die aktu­el­le Coro­na-Kata­stro­phe erin­nert wer­den. Die Glocken der Schloss­kir­che der Plas­sen­burg und die der katho­li­schen wie auch evan­ge­li­schen Stadt­pfarr­kir­chen Kulm­bachs wer­den am Frei­tag um 18:00 Uhr für 10 Minu­ten läu­ten.“ Pfar­rer Ulrich Wink­ler von der evan­ge­li­schen St. Petri­kir­che und Dekan Hans Rop­pelt von der katho­li­schen Pfar­rei Unse­rer Lie­ben Frau sowie die Schlös­ser­ver­wal­tung hät­ten sofort ihre Bereit­schaft erklärt, die Glocken ihrer Kir­chen für die­ses Geden­ken läu­ten zu las­sen. So wirk­ten am Frei­tag­abend die einst in den 1550er Jah­ren noch so ver­fein­de­ten Kon­fes­sio­nen fried­lich zur Erin­ne­rung und Mah­nung zusam­men. Hel­le und dunk­le, lau­te und lei­se Glocken erin­ner­ten weit­hin schal­lend an die Toten von 1553 und an die mehr als 120 Todes­op­fer, die die Coro­na-Pan­de­mie bis­her im Raum Kulm­bach gefor­dert hat. Die Klän­ge sol­len auch dazu ermah­nen, Frie­den zu hal­ten. Weith rief alle Kulm­ba­cher dazu auf, Frai­tags­abends um 18:00 Uhr die Fen­ster zu öff­nen und dem Geläut über Kulm­bach zu lau­schen und viel­leicht kurz in Gedan­ken an die Toten inne­zu­hal­ten und viel­leicht für Frie­den und ein Ende der Pan­de­mie in Fran­ken, Deutsch­land und der Welt zu beten.

Laufertorturm und Rathenauplatz. Foto: Stadt Nürnberg, Christian Hoehn

Die Nürn­ber­ger Stadt­mau­er im nord­west­li­chen Alt­stadt­be­reich zwi­schen Plär­rer und Rathen­au­platz. Foto: Stadt Nürn­berg, Chri­sti­an Hoehn

Statt der Kulm­ba­cher Stadt­mau­er war nun in die­sem Jahr die rie­si­ge Nürn­ber­ger Umwal­lung The­ma des Gedenk­tags sein: Die Freun­de der Plas­sen­burg rie­fen am Kon­ra­di­tag alle Kulm­ba­cher und Fran­ken auf, sich an der Spen­den­ak­ti­on der Deut­schen Stif­tung Denk­mal­schutz zur Sanie­rung der größ­ten Deut­schen Stadt­mau­er zu betei­li­gen. Das über 4,5 Kilo­me­ter lan­ge Bau­werk ist ein Mei­ster­werk des Wehr­baus, doch bröckelt es an vie­len Stel­len und muss drin­gend restau­riert wer­den. „Die Stadt­mau­er Nürn­bergs war im sel­ben Krieg ein Jahr zuvor von den Kulm­ba­chern beschos­sen wor­den“, erin­nert die stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de des Ver­eins Jen­ni­fer Gra­fun­der. Bei der Beschie­ßung wur­de die Ver­tei­di­gungs­an­la­ge teils schwer beschä­digt. Der damals noch einen qua­dra­ti­schen Grund­riss besit­zen­de Laufer­tor­turm muss­te vie­le Tref­fer ein­stecken. Die Reich­stadt Nürn­berg trat dar­auf­hin in Ver­hand­lun­gen mit dem Mark­gra­fen und erklär­te sich bereit, an Albrecht Alci­bia­des eine gewal­ti­ge Sum­me zu zah­len und ihm Geschüt­ze zu lie­fern, um eine dau­er­haf­te Bela­ge­rung und even­tu­ell eine Erobe­rung und Plün­de­rung zu verhindern.

Unmit­tel­bar nach Kriegs­en­de wur­de ab 1556 die Stadt­mau­er Nürn­bergs von Georg Unger repa­riert und die mit­tel­al­ter­li­chen Anla­gen wur­den für zu erwar­ten­de künf­ti­ge Krie­ge moder­ni­siert. Dabei ent­stan­den durch Ummaue­rung der bestehen­den qua­dra­ti­schen nun die vier cha­rak­te­ri­sti­schen Tür­me an den Stadt­to­ren. Oben wur­de jeweils eine Artil­le­rie­platt­form für Kano­nen geschaf­fen. Die „Dicken Tür­me“ Nürn­bergs ent­stan­den also aus den Erfah­run­gen des Kriegs mit dem Mark­gra­fen Albrecht Alci­bia­des und den Kulmbachern.

Spen­den­kam­pa­gne für Stadtmauer

„In Nürn­berg hat die Stadt gemein­sam mit der Deut­schen Stif­tung Denk­mal­schutz eine Spen­den­kam­pa­gne spe­zi­ell für die Sanie­rung der Stadt­mau­er gestar­tet. Zufäl­lig soll im jetzt begin­nen­den Bau­ab­schnitt der Laufer­tor­turm und genau der Bereich saniert wer­den, dem die Kulm­ba­cher 1552 am hef­tig­sten zuge­setzt haben“, erläu­tert Gra­fun­der die Idee für den Spen­den­auf­ruf. Im heu­te run­den dicken Laufer­tor­turm stecke ja sogar der alte Turm, den die Kulm­ba­cher beschos­sen haben, noch im Inne­ren drin. Und schließ­lich habe die Deut­sche Stif­tung Denk­mal­schutz vor fünf Jah­ren auch die Sanie­rung des Roten Turms an der Kulm­ba­cher Stadt­mau­er mit­fi­nan­ziert. Da bie­te es sich laut Gra­fun­der an, jetzt gera­de hier in Kulm­bach dafür zu wer­ben, die Spen­den­kam­pa­gne für Nürn­berg zu unter­stüt­zen: „Jeder Euro hilft. Es soll eine frie­dens­be­ja­hen­de Geste sein, wenn aus der Stadt der frü­he­ren Kriegs­geg­ner ein Auf­ruf kommt, bei der Spen­den­ak­ti­on für die Nürn­ber­ger Stadt­mau­er zu helfen.“

Es bröckelt heu­te dort wie­der, wo die Kulm­ba­cher schon 1552 mit Kano­nen trafen

Laufertorturm 1920

Laufer­tor­turm 1920

Und dies scheint drin­gend nötig: Besag­ter Laufer­tor­turm ist laut Anga­ben der Deut­schen Stif­tung Denk­mal­schutz bereits zum Teil ein­ge­rü­stet, um das Her­ab­fal­len von Stei­nen zu ver­hin­dern. Der kreis­run­de Dach­stuhl über der Kano­nen­platt­form muss sta­tisch gesi­chert und neu gedeckt wer­den. Die Bela­stun­gen des stän­dig zuneh­men­den Ver­kehrs, des Lei­tungs­baus, von Frost­schä­den und Salz­ein­wir­kun­gen haben zu teil­wei­se erheb­li­chen Schä­den an den Mau­ern geführt. „Dies­mal sind wir Kulm­ba­cher aber nicht Schuld an den Schä­den der Nürn­ber­ger Stadt­mau­er“, schmun­zelt Weith.

Kulm­bachs Ober­bür­ger­mei­ster Ingo Leh­mann begrüß­te gegen­über den Freun­den der Plas­sen­burg deren kon­struk­ti­ve Initia­ti­ve und ihren posi­ti­ven Sym­bol­cha­rak­ter, da hier aus einer frän­ki­schen Stadt Hil­fe für eine ande­re kom­men soll. Der Lei­ter des Stadt­mar­ke­tings Nürn­berg Alex­an­der Fran­ke dank­te dem Ver­ein schrift­lich im Namen von Ober­bür­ger­mei­ster Mar­cus König für das tol­le Enga­ge­ment zugun­sten der Nürn­ber­ger Stadt­mau­er und hofft auf vie­le Spen­den. Er wünscht auch den Kulm­ba­chern eine fried­li­che Vorweihnachtszeit.

Die Kulm­ba­cher haben mit Nürn­berg vie­le gemein­sa­me histo­ri­sche Anknüp­fungs­punk­te. Die Bezie­hun­gen der bei­den Städ­te sind Jahr­hun­der­te alt. Die „Kulm­ba­cher“ Hohen­zol­lern waren ja auch Burg­gra­fen von Nürn­berg. Ihr Smy­bol, der Burg­gra­fen­lö­we, fin­det sich aller­or­ten in der Kulm­ba­cher Alt­stadt an Brun­nen, Häu­sern und auf der der Plas­sen­burg. Nürn­ber­ger kämpf­ten zwar gegen Kulm­ba­cher im ersten und im zwei­ten Mark­gra­fen­krieg. Spä­ter aber fand Mark­graf Chri­sti­an mit sei­nem Gefol­ge wäh­rend des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges hin­ter der Nürn­ber­ger Stadt­mau­er für vie­le Mona­te Schutz. Der Maler Hans von Kulm­bach ver­brach­te die läng­ste Zeit sei­nes Schaf­fens in Nürn­berg. Eine lan­ge wech­sel­vol­le Geschich­te zwei­er frän­ki­scher Städ­te wird nun mit einer Spen­den­ak­ti­on wie­der in den Focus der Öffent­lich­keit gerückt.

Der Ver­eins­vor­sit­zen­de ruft daher zur Mit­hil­fe auf: „Die Stadt Nürn­berg und die Deut­sche Stif­tung Denk­mal­schutz wis­sen um die Bedeu­tung des her­aus­ra­gen­den Denk­mals und benö­ti­gen Unter­stüt­zung. Bit­te hel­fen Sie mit Ihrer Spen­de für die Verteidigungsanlagen!“

Spen­den­kon­to Deut­sche Stif­tung Denkmalschutz
IBAN: DE71 500 400 500 400 500 400
Ver­wen­dungs­zweck: PR06555-01 Ver­tei­di­gungs­an­la­gen Nürnberg
BIC: COBA DE FF XXX

Nähe­re Infor­ma­tio­nen zum Kon­ra­di­tag von 1553 und zur Spen­den­ak­ti­on von 2021 unter:


Deut­sche Stif­tung Denkmalschutz

Die Deut­sche Stif­tung Denk­mal­schutz ist die größ­te pri­va­te Initia­ti­ve für Denk­mal­pfle­ge in Deutsch­land. Sie setzt sich seit 1985 krea­tiv, fach­lich fun­diert und unab­hän­gig für den Erhalt bedroh­ter Bau­denk­ma­le ein. Ihr ganz­heit­li­cher Ansatz ist ein­zig­ar­tig und reicht von der Not­fall­ret­tung gefähr­de­ter Denk­ma­le, päd­ago­gi­schen Schul- und Jugend­pro­gram­men bis hin zur bun­des­wei­ten Akti­on Tag des offe­nen Denk­mals. Rund 600 Pro­jek­te för­dert die Stif­tung jähr­lich, vor allem dank der akti­ven Mit­hil­fe und Spen­den von über 200.000 För­de­rern. Ins­ge­samt konn­te die Deut­sche Stif­tung Denk­mal­schutz bereits rund 6.000 Denk­ma­le mit mehr als einer hal­ben Mil­li­ar­de Euro in ganz Deutsch­land unterstützen.

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